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Der Menschenspieler

Der Menschenspieler

Titel: Der Menschenspieler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Will Lavender
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Fisk-Bibliothek und oben auf dem Hügel mit dem alten Dekan machst – du brauchst ein Ziel. Keinen Blindflug mehr. Du musst alles zurück auf Anfang stellen. Geh zurück zu seinen Opfern. Geh zurück zur Dumant University. Dort wurde Aldiss geboren.«
    24
    Der Mikroficheleser war veraltet und in eine Ecke der Bibliothek verbannt. Das Licht fiel gelb und schwach in den winzigen, besenkammergroßen Raum. Spinnweben glitzerten in den Ecken. Alex war allein.
    Sie blätterte die alphabetisch geordneten Streifen durch. Noch mal ganz von vorn , dachte sie. Die Scham, die sie zuvor empfunden hatte, weil sie bei der Prozedur versagt hatte, war nahezu verschwunden, verdrängt von den Informationen, die Hayden ihr gegeben hatte. Sie passten perfekt zu dem, was Fisk gesagt hatte: Sie musste zurück zu den Wurzeln, zu den zwei Opfern, um von dort aus zu Aldiss zu gelangen. Sie war die Sache falsch angegangen, hatte versucht, den Text zu benutzen, um das Rätsel zu lösen. Jetzt erkannte sie ihren Fehler.
    A für Aldiss. F für Fallows. H für Hamlet. D für Dumant.
    Dumant University. 1982. Die Morde an Wheatley und Murray. Der Anfang.
    Sie nahm den W-Streifen heraus und legte ihn in das Gerät.
    W für Shawna Wheatley, das erste Opfer.
    Alex hatte Artikel über Richard Aldiss gefunden, über die Verbrechen in Dumant und über die breite Forschungsarbeit des Mannes, aber über seine Opfer gab es nur wenig. ( Nein, Alex , dachte sie, während sie sich bei dem Gedanken ertappte, nicht seine Opfer, sondern die von jemand anderem, vom wahren Killer. ) Die einzigen Fotos, die sie gefunden hatte, waren die, die Fisk ihr gezeigt hatte.
    Sie bewegte die Mikrofiches hin und her, verfolgte die Worte mit den Augen. Mörder. Ermittlungen. Aufruhr. Campus. Methodologie. Aldiss. Sie hielt nur ab und zu an – bei einem Foto des jungen Aldiss, einem Luftbild des Dumant-Campus mit einem schwarzen Kreis, wo Shawnas Leiche gefunden worden war –, aber meistens überflog sie die Informationen nur auf der Suche nach Material über Wheatley.
    »Ms Shipley?«
    Alex drehte sich erschrocken um und sah die Bibliothekarin in der Tür.
    »Ja, Ms Daws«, sagte sie. »Alles in Ordnung.«
    Die Frau ließ Alex allein.
    Sie schüttelte den Kopf, vertrieb die Erschöpfung. Mittlerweile war es kurz vor Mitternacht, und so viel war geschehen. Sie dachte wieder an Melissa Lee, an ihre Augen in diesem falschen Spiegel, an Kellers mitleidige Hände auf ihrem Rücken.
    »Reiß dich zusammen«, sagte sie laut, um ihren Kopf freizubekommen. »Konzentrier dich, Alex.«
    Sie dachte an die arme Shawna Wheatley. Alle suchten nach Paul Fallows, wollten die Identität des Autors enthüllen, aber niemand suchte nach der Wahrheit über Shawna. Niemand suchte nach einer Antwort auf das, was diesen beiden Studentinnen der Dumant University wirklich zugestoßen war.
    Alex schloss die Augen. Sie erinnerte sich an etwas, das Fisk ihr gezeigt hatte, eine winzige Passage aus diesen schrecklichen Artikeln über die Verbrechen in Dumant.
    Sie sollten sich Shawna Wheatley genauer ansehen.
    Das hatte Aldiss gesagt, als man ihn zur Vernehmung brachte. Sie hatte immer das Gefühl gehabt, dass das seltsam war, dass in diesen Worten etwas verborgen war, das sie zu Antworten führen konnte. Genauer ansehen , dachte sie und kniff die Augen fest zusammen. Ihre Fingernägel stachen schmerzhaft in ihre Schläfen. Genauer ansehen …
    Sie hätte den Artikel fast übersehen, weil sie den Mikrofiche zu schnell weitergeschoben hatte.
    Er war im Herbst 1981 geschrieben worden, wenige Monate bevor Wheatley ermordet worden war.
    Ein einfacher Bericht über ein Graduiertenstipendium für Literatur in Dumant. Regionalpatriotisch, mit einem Zitat der Mutter. Auf dem Foto trug Wheatley eine dicke Brille und einen Rollkragenpullover, ihr Lächeln breit und unschuldig. Der Mikroficheleser surrte in dem kleinen staubigen Raum.
    »Wer bist du?«, fragte Alex laut. »Wer bist du wirklich, Shawna?«
    Sie sah sich den Bericht noch einmal an. Las jedes Wort mit stechenden Augen.
    Nichts. Da war nichts.
    Aber da musste etwas sein. Sie war inzwischen beim letzten Mikrofiche angelangt.
    Verfluchter Aldiss , schimpfte sie stumm. Sie war erschöpft, wurde überdreht. Verlor den Überblick. Verdammter Aldiss, dass er mir das antut. Dass er ihr das angetan hat.
    Alex nahm sich vor, es für heute dabei zu belassen, und las den Artikel ein allerletztes Mal.
    Dann sah sie es. Bloß ein paar beiläufige Zeilen am unteren

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