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Der Menschenspieler

Der Menschenspieler

Titel: Der Menschenspieler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Will Lavender
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Telefon. Sie nahm es aus der Tasche und sah auf das Display. Peter. Verdammt . Sie schaute es an, dachte nach. Sie ging nicht ran.
    Stattdessen ging sie los, um Keller zu finden.
    Das Haus war dunkel. Das einzige Geräusch war das unbestimmte Getrappel von Black und seinen Männern im Erdgeschoss. Sie fragte sich, wohin Lewis Prines Leiche gebracht worden war und was er in den letzten Augenblicken gesehen hatte. Ob Aldiss ihn überrascht hatte oder ob die beiden miteinander gesprochen hatten, bevor Lewis getötet worden war.
    Vertrau mir , dachte sie. Vertraust du mir nicht?
    Sie schüttelte den Gedanken ab und ging weiter.
    Als sie Kellers Tür erreichte, blieb sie stehen. Rechts von ihr bewegte sich jemand.
    Sie schaute auf und sah Frank Marsden auf sie zukommen.
    »Frank.«
    »Sie können uns hier doch nicht einsperren, Alex«, sagte der Mann panisch. Seine Stimme klang unsicher, so als würde er bald ausrasten. »Wir sind doch keine beschissenen Tiere.«
    »Aldiss wird schnell gefunden werden und …«
    »Nein, zur Hölle damit. Ich haue ab, sobald ich kann. Lucy und ich müssen zu Dreharbeiten zurück. Wir haben keine Zeit für diesen Mist. Wenn ich noch länger in diesem Haus bleibe, drehe ich durch und …« Frank schüttelte den Kopf, als wolle er ein schreckliches Bild abschütteln, und ging weiter den Flur entlang. Alex betrat Kellers Zimmer.
    Er saß auf einem Hocker auf der anderen Seite des Zimmers, seinen breiten Rücken wandte er der Tür zu. Sogar hier, zu dieser späten Stunde, spürte Alex, wie wach er war, wie bereit .
    »Erinnerst du dich daran, wie wir Fallows gefunden haben?«, fragte sie. Ihre Augenlider wurden schwer, und die Stille des Hauses belastete sie.
    »Ich erinnere mich«, sagte er. »Wir hätten nicht einmal in Iowa sein sollen.«
    »Aber wir sind hingefahren, und wir haben gefunden, wonach wir gesucht haben. Wir haben herausgefunden, wer er wirklich war.«
    »Hat uns ja viel gebracht.«
    Sie sah ihn an, sah auf den Nachttisch neben ihm. Kein Manuskript zu sehen.
    »Wie fühlt es sich an?«, fragte sie.
    »Es …«
    »Jemanden zu töten.«
    Er sah sie an. »Das willst du nicht wissen.«
    »Das will ich, Keller. Ich will wissen, ob ich es könnte. Wenn ich es müsste.«
    »Du wirst es nicht müssen.«
    Er setzte sich auf das Fußende des Bettes, die Matratzenfedern quietschten unter ihm. Ein Bild tauchte vor ihrem inneren Auge auf: der Junge im Hotelzimmer, in der Nacht vor den Ereignissen in Iowa; sie lag neben ihm, an ihn geschmiegt.
    Ein kurzes Knacken. Alex’ Blick sprang zum Fenster, wo der Ast einer Birke gegen die Scheibe stieß. Als sie sich wieder konzentrierte, hörte sie Kellers Stimme in dem geschlossenen Zimmer.
    »Ich habe es verbrannt«, sagte er.
    »Du hast was ?«
    »Ich habe das Manuskript verbrannt, Alex. Es in einen Kamin geworfen und zugesehen, wie es in Rauch aufging. Aber ich habe eine Seite aufgehoben. Ich wollte, dass du sie siehst. Ich wollte, dass du … weißt, dass ich recht hatte. Dass seine Zerstörung die einzige Lösung war. Dieses Manuskript hätte nur Leid verursacht. Es hätte dich hinabgezogen.«
    Sie sah ihn düster an. Wieder dachte sie an den Jungen, der er gewesen war, an das, was er in Iowa getan hatte. Für sie; alles, was er getan hatte, all diese irrationalen Entscheidungen, die er gegen Ende des Abendkurses getroffen hatte – nur um sie zu beschützen. Aber Alex hatte das Gefühl, dass diese Tat all das auslöschte. Es ausradierte. Sie hasste ihn jetzt mit einer Bestimmtheit, die sie nie gekannt hatte. Sie stand da, in diesem kalten Zimmer mit ihm, und ein nachtschwarzer Gedanke schoss ihr durch den Kopf: Ich könnte ihn umbringen.
    »Vier Jahre«, knurrte sie. »Vier Jahre habe ich nach diesem Manuskript gesucht, und du zerstörst es? Das ist so typisch für dich, Keller. Das, was wir in Iowa getan haben, alles, was wir im Abendkurs erreicht haben, zu nehmen und wegzuwerfen. Hast du das auch mit mir getan? Mit uns? Hast du uns auch einfach in einen alten Kamin geworfen und mit deinem Leben weitergemacht?«
    »Vielleicht habe ich das. Und vielleicht war es für uns beide das Beste.«
    Tief im Innern hatte sie das Gefühl, dass sich etwas löste. Sie bewegte sich auf ihn zu. Keller reagierte schnell, packte sie an den Armen und hielt sie fest. Sie waren nur Zentimeter voneinander entfernt. Sie konnte seinen Atem riechen, das Flackern in seinen Pupillen sehen. Du Schwein. Du Feigling.
    »Ich habe dich beschützt«, sagte er, seine Stimme

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