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Der Menschenspieler

Der Menschenspieler

Titel: Der Menschenspieler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Will Lavender
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Charles Rutherford war Paul Fallows, und seine Romane waren Geschichten – nicht mehr und nicht weniger. Die Bücher wurden nur so bedeutsam, als Paul Fallows zu einem Phantom wurde.«
    »Aber wenn wir diesem Weg folgen«, sagte Keller, »und diesen Morrow suchen würden, wohin sollten wir gehen?«
    Locke lehnte sich in seinem Stuhl zurück. Seine Augen sagten: Nicht. Tut das nicht.
    »Ich bin mir sicher, dass der Mann inzwischen pensioniert ist«, sagte Locke zögernd. »Charlie müsste in den Siebzigern bei ihm gewesen sein.«
    »Die Anstalt«, sagte Alex. »Der Ort, an dem Charlie eine Weile verbracht hat. Wo liegt der?«
    »Dieser Ort.« Lockes Blick fiel wieder auf das Fenster, als erinnere er sich an etwas Schreckliches. Als er wieder sprach, war seine Stimme leise, beinahe angespannt. »Er befindet sich ungefähr eine Stunde Fahrt von hier entfernt in einer Stadt namens Wonderment, kurz vor Des Moines. Die Anstalt selbst heißt Shining City. Aber wenn ich Sie wäre, würde ich nicht dorthin fahren.«
    »Warum nicht?«
    »Weil Sie dort nichts als menschliches Elend sehen werden.«
    Erst nach weiteren dreißig Meilen – Hamlet verschwand in der grauen Ferne hinter ihnen – verstand sie, was es bedeutete.
    Es war eine Erinnerung. Sie wusste, dass sie Keller im selben Moment eingefallen war. Während die Landschaft vorbeizog und Alex den Mietwagen der schwächer werdenden Sonne entgegenfuhr, sah er sie an. Sein Gesichtsausdruck sagte: Endlich .
    Shining City. Die schillernde Stadt.
    Das war der Name des Ortes, der Anstalt, in der Charlie Rutherford gewesen war. Und genau diese Worte hatte Richard Aldiss in einem seiner Vorträge zu Anfang des Abendkurses benutzt. Damals waren sie so harmlos, so bedeutungslos gewesen, aber jetzt wogen sie schwer in dem kleinen Mietwagen.
    »Ohne zu wissen, wer Charles Rutherford war und aus welcher schillernden Stadt er kam, werden Sie nicht weiterkommen«, hatte Aldiss gesagt.
    Charles Rutherford. Charlie. Vater und Sohn, Puzzleteile, die auf ganz natürliche Weise zusammenpassten. Alex lächelte. Sie waren so gut wie am Ziel. Sie hatten Richard Aldiss’ Abendkurs so gut wie bestanden.

Alex
    Gegenwart
    42
    Alex streckte die Hand aus und griff nach Frank Marsden, berührte seine Schulter und spürte, wie sich das tote Gewicht bewegte und auf sie zufiel. Sie kämpfte mit ihm, ihr Verstand verwirrt, der Draht um seinen Hals hielt ihn aufrecht, als wäre er eine Marionette, das Blut aus seinem Mund tropfte auf ihre Bluse und …
    »Hier. Nicht.«
    Keller war nun hinter ihr und lehnte Frank Marsden wieder gegen die Wand. Der Draht wurde locker, spannte sich dann jedoch wieder an, als der Körper des Schauspielers in sich zusammensackte.
    »Wie?«, fragte Alex. Es war das einzige Wort, das sie herausbekam.
    Keller sah sich die Sache an. Der Draht war durch das Fenster geführt worden. »Das Dach«, sagte er. »Aldiss ist da oben. Wir müssen zu Black.«
    Bewegung. Es war der leblose Mann, der sich wand, zuckte. Blut blubberte aus seinem Mund. Er stöhnte, und Alex machte einen Schritt zurück. Zum ersten Mal seit Iowa stand Keller die Angst im Gesicht geschrieben.
    »Geh«, sagte er zu ihr, dann griff er nach Marsden. Dessen Augen rollten nach hinten, und er gurgelte wieder durch seinen zerquetschten Rachen. »Hol jemanden.«
    Sie schrie um Hilfe.
    »Nein«, sagte Keller. »Das Haus ist zu groß. Wir sind in einem ganz anderen Flügel. Du wirst gehen müssen.«
    Alex rannte. Sie bog um die Ecke und sprintete zur Treppe, ihre besockten Füße jagten über den abgewetzten Teppich.
    Sie blieb stehen. Der Aufzug, den Fisk benutzte, um von einem Stockwerk ins andere zu gelangen, lag links von ihr. Sie drückte den Knopf nach unten und wartete; drei Stockwerke unter sich hörte sie ihn knirschen. Während er näher kam, dachte sie über das nach, was Keller gesagt hatte. Das Dach . Sie stellte sich Aldiss vor, wie er das Fenster öffnete, den Draht fallen ließ, ihn über Marsdens Kopf zog und dann fest anspannte.
    »Hilfe!«, schrie sie noch einmal, ihre Stimme hallte wider.
    Eine Tür am anderen Ende öffnete sich, und Christian Kane tauchte auf. Er hatte geschlafen, und es dauerte einen Moment, bis er ganz da war.
    »Alex, was ist los?«
    »Hol jemanden, Christian. Hol Black. Frank ist etwas zugestoßen.« Der Aufzug blieb schlurfend stehen, und seine uralten Türen öffneten sich. Sie schob Christian hinein. »Geh! Geh!«
    Alex drehte sich um und lief den Weg, den sie gekommen war,

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