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Der Messingmann

Der Messingmann

Titel: Der Messingmann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neal Asher
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Sämtliche Saphiraugen Draches ruhten auf dem verblassenden Leuchten am Horizont. Die Kobraköpfe waren ebenfalls ausgefahren, weil sie, wie Arden wusste, hoch entwickelte Sondierungsausrüstung enthielten - falls Ausrüstung das treffende Wort für Draches lebende Maschinen war. Hinter Draches Feldschirm war auch der Schimmer einer Störung zu sehen, dort, wo der Telefaktor niedergegangen war, denn der Wind dieser fernen Explosionen erreichte gerade diese Gegend.
    »Sie kämpfen gegeneinander«, sagte Drache.
    »Soll mich das vielleicht überraschen?«, fragte Arden, die auf einem Felsen vor ihrer Höhle saß. Der Kopf wandte sich ihr zu. »Du verstehst mich falsch: Es sind die Polis-KIs, die einander bekämpfen.«
    Arden lief auf einmal ein kalter Schauer über den Rücken. Von jeher kannte man Gerüchte über abtrünnige KIs, aber sie hatte diese für so zweifelhaft gehalten wie Geschichten über die Jack Ketek und andere verdammte Schiffe. Dass Drache ihr jetzt erklärte, KIs kämpften gegeneinander, das untergrub eine der Gewissheiten ihres Lebens.
    »Warum?«, fragte sie.
    »Eure KIs regieren wirkungsvoll, rücksichtslos und im Hinblick auf maximale Vorteile für die Mehrheit; aber nachdem ihr sie nach eurem Bilde geschaffen habt, erwartet ihr da wirklich, dass sie sich besser benehmen als ihr selbst?«
    »Das tue ich«, entgegnete Arden. »Für die meisten Menschen bedeutet Macht ein Werkzeug, mit dem sie an Sex, Geld, Sicherheit und die Achtung ihrer Mitmenschen kommen, oder mit dem sie anfänglich irgendein nebulöses Ideal verwirklichen möchten; letztlich wird die Ausübung von Macht zum Selbstzweck. Die meisten dieser Motive können bei unseren KIs verworfen werden.« »Das gilt aber nicht für sie alle - besonders nicht, wenn man an Dschainatechnik denkt.«
    Natürlich: Seit ihrer Machtübernahme hatten die herrschenden KIs alles völlig in der Hand gehabt und waren somit auch völlig ungefährdet gewesen, und das hatte ihnen ermöglicht, so wohlwollend über die Menschheit zu regieren. Jetzt war ein Faktor in die Gleichung eingefügt worden, der sowohl eine Versuchung darstellte als auch eine tödliche Gefahr sogar für sie, und das - Arden verzieh sich das Wortspiel - strapazierte nun das Holz aus dem sie geschnitzt waren.
    »Du bist ihr außerirdisches Gegenstück«, stellte Arden fest.
    »Ja«, erwies sich Drache als wenig hilfreich. »Fühlst du dich nicht auch durch diese Dschainatechnik versucht?«
    »Alles Wissen stellt eine Versuchung dar, aber wie viel sollte man riskieren, um es zu erwerben? Etwas über eine Bombe zu erfahren, indem man darüber liest, unterscheidet sich erheblich davon, sie selbst zu erforschen und sich dabei zu fragen, welchen Draht man durchschneidet.« »Gefährlich, wie?«
    »Ganze Zivilisationen haben den falschen Draht durchgeschnitten.« »Haben?« »Präzise.«
    Arden wechselte das Thema. »Wie entwickelt sich die Schlacht?«
    »Sie hat sich vom Planeten weg verlagert. Zwei Angriffsschiffe der Polis versuchen ein drittes gleicher Art zu vernichten. Auch wurde irgendein Störgerät eingesetzt, um dem dritten Schiff die Flucht in den Subraum zu verwehren.« Drache legte eine nachdenkliche Pause ein, ehe er hinzusetzte: »Dieses Störgerät verhindert jeden Subraumverkehr aus diesem Sonnensystem hinaus.«
    Drache konnte also nirgendwohin flüchten, wurde Arden klar. »Wer sind die Bösen?«, fragte sie. »Ich weiß nicht«, antwortete Drache und schwenkte den Kopf, um in eine andere Richtung über die Ebene zu blicken, »aber jemand ist gerade eingetroffen, der uns vielleicht manches erklären kann.«

Kapitel Achtzehn
    Virtualität: Der Gebrauch holografischer Projektionen von Avataren, virtuellen Konsolen und so ziemlich allem anderen bis hinauf zu ganzen Virtualitäten, der Gebrauch von Verbindungen sowohl über den Sehnerv als auch über Verstärker und Netzverbindungen direkt in den visuellen Kortex sowie die Bedienung von Telefaktoren via VR sind nur einige wenige Beispiele davon, wie sehr die virtuelle und die reale Welt miteinander verschmelzen. Früher einmal erschöpften sich virtuelle Realitäten in Selbstvergnügung durch Spiele (einige davon wirklich schwierig), aber jene Epoche erwies sich als wahrhaft kurzlebig, da man schnell das Potenzial virtueller Realitäten erkannte. Heute bewegen sich die Leute (Menschen, Menkis und KIs) lässig und geübt in beiden Welten. Nur selten stellt sich irgendeine Verwirrung ein: Wir haben alle gelernt, dass man sogar den

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