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Der Messingmann

Der Messingmann

Titel: Der Messingmann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neal Asher
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gebraucht - zwölf Todesfälle - und dabei zwei Ladestreifen für die Schmalpistole verbraucht. Er fragte sich, ob er die Leben all derer, die von der Stadtplattform sprangen, zu denen addieren musste, die er hinter sich im Staub liegend zurückließ. Obwohl sie teilweise menschlich wirkten, hatten sie sich nicht wie intelligente Wesen verhalten.
    In der Stadt tobten Brände, wie ihm auffiel, wahrscheinlich ausgelöst von Hochöfen, die nicht mehr beaufsichtigt wurden. Da die meisten Bauten jedoch aus Metall bestanden, würden die Brände hoffentlich nicht allzu lange dauern. Cormac peilte sich auf die Koordinaten ein, die er in der Netzverbindung gespeichert hielt. Weit rechts von sich erblickte er ein Landungsboot, das schräg an einem kleinen Hügel lag, und als er feststellte, woher das Boot kam, fragte er sich, ob Cento und Fethan noch lebten. Sein Ziel war allerdings nicht dieses Landungsboot - es lag noch weiter vor ihm.
    Im Laufen griff er in die Tasche und drückte ein paar Glukosetabletten aus einem Streifen. Er steckte sie sich in den Mund und spülte sie mit einem Schluck Wasser aus dem Kragenschlauch herunter. Skellor versuchte womöglich, ihn umzubringen, wie er sehr wohl wusste, aber vielleicht geschah das nicht unverzüglich. Menschen starben derzeit allerdings in der Stadt. Dass er nicht zögerte, sich selbst auszuliefern, betrachtete Cormac als den Nachteil, den sowohl die Verantwortung als auch die Macht eines Agenten der Earth Central Security mit sich brachten. Ja, er konnte die verlorenen Menschenleben auf Elysium mit den Geretteten von Masada verrechnen. In vielen Situationen konnte er als Richter, Geschworener und Henker in einer Person auftreten. Aber wenn es um Werturteile über Menschenleben ging, durfte er keine Ausnahme machen und musste dieselben Regeln auf sich selbst anwenden. Nach ECS-Gesetzen wäre er im Recht gewesen, wenn er gesagt hätte, scheiß auf die Leute hier, denn sie gehören nicht der Polis an. Aber sein eigenes Gesetz erlaubte ihm das nicht.
    Cormac rannte noch eine Stunde lang weiter, während sich Ermüdungsgifte im Körper ansammelten und sich Schmerzen wie Bleigeschosse in den Muskeln ausbreiteten. Seit die KI von Cheyne III vor all diesen Jahren seine Netzverbindung abgeschaltet hatte, lehnte er konsequent jede weitere Aufbesserung ab und zog es vor, lieber der Mensch zu bleiben, als der er geboren worden war. Aber selbst im Rahmen dieser Einschränkung blieb er aufgrund genetischer Manipulation der bestmögliche Mensch mit den Reserven und der Kraft eines olympischen Athleten. Jetzt, da die Netzverbindung ohne erkennbaren Grund wieder funktionierte und Dschainafasern sein Gehirn durchzogen, waren solche Unterscheidungen lachhaft geworden. Cormac stampfte über eine schwammige Pilzschicht, die sich über die Dünen zog, und kämpfte sich so einen letzten Hang hinauf. Eine weitere Stunde war nun verstrichen, in deren Verlauf zweifellos noch mehr Opfer in den Tod gesprungen waren. Auf dem Kamm der Düne eingetroffen, blickte er auf ein weiteres antikes Landungsboot hinab, das auf hydraulischen Beinen stand und eine Rampe ausgefahren hatte. An Bord brannte Licht. Hinter dem Boot hing die Sonne wie eine giftige Frucht über dem Horizont.
    »Du kannst jetzt mit dem Morden aufhören«, verkündete er. Er schrie nicht, glaubte nicht, dass es nötig war, denn sicherlich hörte Skellor ihn auch so. Die Schmalpistole an der Seite, lief Cormac zu dem Boot hinab.
    »Du kannst jetzt mit dem Morden aufhören«, wiederholte er.
    »Nein.« Skellor grinste.
    Cormac hatte nichts anderes erwartet, aber das wäre keine Entschuldigung dafür gewesen, nicht wenigstens den Versuch zu machen. Also bestand nur noch eine andere Möglichkeit-vier Schüsse knallten in die Brust des Biophysikers. Sie brannten sich tief ein, und ein Trefferjagte Fetzen aus dem Rücken. Cormac wusste nicht recht, ob es eine Grimasse oder ein Grinsen war, was die Züge des Mannes verzerrte, ehe er zur Seite trat und… verschwand. Cormac hielt den Abzug gedrückt und feuerte weiter in die Richtung, in die, wie er überzeugt war, sein Feind verschwunden war. Die Schüsse stanzten rauchende Rillen in die Flanke des Landungsboots.
    Der Agent wandte die Aufmerksamkeit jetzt dem Erdboden zu und entdeckte Fußspuren, also schoss er aufs Neue und erhaschte kurz ein flackerndes, fauchendes Bild. Als eine rote Lampe an der Pistole aufleuchtete, warf er den Ladestreifen raus und zog gleichzeitig einen neuen aus dem Gürtel.

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