Der Messingmann
Aiston starrte auf die riesige, zerlumpte, blutbespritzte Vogelscheuche, während diese den Kopf wie ein Vogel auf die Seite legte.
»Du musst ein freier Golem sein, den Arian aus welchem Grund auch immer anmieten konnte. Dieser Blödsinn von einem >gebrochenen< Golem ist ein Schauermärchen für Kinder - die Art Geschichte, die Arian gern in Umlauf bringt, um seinen Leuten Angst einzujagen. Auf mich hat es jedoch nicht diese Wirkung, denn du hast aufgehört, woraus ich folgern kann, dass hier mehr vorliegt als ein simpler Tötungsbefehl.«
Der Golem kam einen Schritt weit ins Zimmer und blickte sich um, offensichtlich neugierig auf die Skulpturen aus Otterknochen, die importierten Antiquitäten, das allgemeine Dekor. Dann wandte er sich wieder Aiston und seinen Saphiren zu. Aiston spürte, wie ihm Schweiß über den Rücken lief.
»Die da?« Er deutete auf die vor ihm verstreut liegenden Edelsteine. »Die sind gar nichts. Pelter denkt, dass er hier alle Zügel in der Hand hält, aber seine Organisation ist nur in dreien der
wichtigsten Städte verbreitet. Um diesen Planeten zu lenken, muss man die Papyrusernte und die Meere kontrollieren. Ich habe so viele Erntemanager in der Tasche, dass ich sie nicht mehr zählen kann, und ich kontrolliere den kompletten Schmuggel mit Otterknochen. Pelters Jahresumsatz erreicht nicht mal zehn Prozent der Zinsen, die mein Umsatz abwirft.«
Alston beugte sich vor. Da zeigte sich etwas in diesem Plastikgesicht … er drang zu ihm durch! Er wusste es einfach: Man konnte mit allem, was einen Verstand hatte, immer ein Geschäft abschließen.
»Denk doch nach! Wenn du für mich arbeitest, kannst du alles haben. Ich gebe dir Pelters komplette Organisation. Steig bei mir ein, und du kriegst alles, alles, was du möchtest.«
Aiston spürte, wie ihm der Mund auf einmal trocken wurde. Was sollte man einem Golem-Androiden konkret anbieten?
»Jede Aufrüstung, die du haben möchtest. Du könntest die beste Software ladenjeden Speicherkristall einbauen, dir eine Cybercorp-Synthohaut besorgen.«
Der Golem hob eine blutige Hand und fasste sich ans Gesicht.
»Das stimmt, die beste!« Aiston schob die Juwelen auf den Golem zu. »Nimm das als Anzahlung. Geh los und bringe mir Arians Kopf und den seiner verdammten Schwester!« Er schob den Stuhl zurück und stand auf. »Dann legen wir richtig los. Du kannst weitere freie Golems hereinholen und die Kontrakte derer aufkaufen, die noch Vertragsdienste leisten. Zusammen schnappen wir uns diesen ganzen Planeten. Und alle deine Feinde… « Aiston schnipste mit den Fingern.
Der Golem kam näher, bis er direkt vor Aiston stand und turmhoch über dem Schreibtisch aufragte. Er nahm einen der Saphire zur Hand und hielt ihn sich vor die Augen.
»Das sind die besten -jeder einhunderttausend New-Carth-Shilling wert.«
Die andere Hand zuckte so schnell vor, dass Aiston gar nicht reagieren konnte. Der Golem packte ihn an der Jacke, zog ihn zu sich heran, öffnete mit blutigen Fingern Aistons Mund und stopfte den Saphir hinein, ehe er einen weiteren zur Hand nahm. Bei vier Millionen Shilling starb Aiston schließlich. Zu keinem Zeitpunkt schrie oder brüllte er - dazu war er einfach zu voll.
- Rückblick endet -
Tabrouth küsste den Löwenzahn, den er an einer Kette um den Hals trug, und spürte die wachsende Angst im Netzwerk. Sie alle wussten, was auf dem B-Deck passiert war und was derzeit im Arboretum geschah. Der Androide war so verdammt schnell, dass er keinesfalls nur eine primitive Metallhaut war -es konnte nur ein Golem militärischen Zuschnitts sein, was wiederum bedeutete, dass die ECS hinter Nalen her sein musste. Eigentlich hätte die APW-Automatikkanone das Ding vernichten müssen, aber gerade als die Zielerfassung ansprach, gab das entsprechende System auf und sie schössen daneben. Und jetzt starben sie.
Tabrouth hatte Angst, registrierte aber auch erleichtert, dass Nalens Kontrolle gar nicht so sattelfest wirkte. Ja, zu Anfang war es toll gewesen, das Stationssyndikat zu übernehmen und Teil eines so überlegenen Verstärkernetzes zu werden. In der Folgezeit erwiesen sich Nalens Befehle aber als immer drückender, bis auch noch die letzte seiner Launen zu einem Befehl wurde und es nicht mehr möglich war, sich einem davon zu widersetzen. Und man musste noch diese andere Sache bedenken: Nalen war ein Verbrecherkönig unterer Kategorie gewesen, der Tech und Informationen stahl und sie unter der Nase von Ruby Eye verhökerte, obwohl sie
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