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Der Metzger holt den Teufel

Der Metzger holt den Teufel

Titel: Der Metzger holt den Teufel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Raab
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nur du, Pospischill! Aber wenn du mich schon fragst: Zwei Damen würde ich in Anbetracht der Größe des Orchesters als verschwindend geringen Frauenanteil bezeichnen, um nicht zu sagen als blanken Hohn!«
    »Und wenn man bedenkt, dass da mittlerweile nur noch eine Musikerin übrig ist, bekommt das ›verschwindend gering‹ zusätzliche Bedeutung!«
    Dem Metzger graut, was ist das für eine abartige Welt, die da von Eduard Pospischill in sein Wohnzimmer getragen wird?
    »Das Besorgniserregende an der ganzen Sache ist, dass sich jemand nach einem Mord noch die Zeit nimmt, einer Person Trommelschlägel in die Hand zu stecken! Wenn ein Mörder an einem Opfer eine Botschaft hinterlässt, kann die nur an jene gerichtet sein, die den oder die Tote finden, also an die Außenwelt, was natürlich die Frage eröffnet: Was will uns der Täter sagen, und was hat er die nächsten Tage noch alles zu erzählen?«

    Obwohl Pawel Zieliński am nächsten Morgen in aller Herrgottsfrüh beim Schlosswechsel große Gesprächsbereitschaft an den Tag legt, viel zu erzählen hat der Metzger nicht, zu sehr leidet er unter der beruf lichen Flaute. Ein Auftrag käme ihm wirklich wie gerufen, kein Wunder also, wenn ihm in Anbetracht dieser unfreiwilligen Zwangslage seine Danjela abgängig wird. Ein wenig kramt er an diesem Montag in seinem Gewölbekeller herum, auch in den reichlich vorhandenen Schätzen, was ihm unter anderem einen besonders edlen Rotwein und einweiteres durchaus beachtenswertes billigeres Fläschchen in die Hand spielt. Am späten Nachmittag schenkt er dem zweiten dann die notwendige Aufmerksamkeit und sich den wohligen dynamischen Gedanken: Heute werd ich sie noch überraschen!
    Reichlich spät ist es dann geworden, wie der Metzger schließlich etwas angeheitert und beschwingt mit dem noblen Tropfen in der Hand den Weg zum Domizil seiner liebsten Madame Djurkovic antritt.
    Nur je näher er seinem Ziel kommt, desto statischer wird seine Dynamik und desto dynamischer sein Hirn: Wenn sie so viel zu tun hat, kann ich sie doch nicht einfach stören! Die wird sicher ihre Ruhe brauchen.
    Aus Ermangelung eines Gänseblümchens schlägt sich dieses Soll-ich-oder-soll-ich-nicht des Willibald Adrian dann in der Wegstrecke nieder. Schnurstracks marschiert er an seinem ehemaligen Gymnasium und somit an der ebenerdigen Wohnungstür seiner Danjela vorbei. Da ist es natürlich verständlich, wenn sich der männliche Eifer als Wiedergutmachung für die mangelnde Courage umgehend ein anderes Ziel sucht. Aus dem zögerlichen Dahinschleichen wird ein fester Schritt. Jetzt will er es wissen, der Willibald, jetzt will er ihm Aug in Aug gegenübertreten, dem bekehrten Dieb. Vielleicht hat er ja Glück.
    Wenig später taucht es vor ihm auf, das Denkmal inmitten des kleinen Plätzchens. Er hat es geräumiger in Erinnerung, was kein Wunder ist, denn vorgestern war hier nichts los. Jetzt allerdings wimmelt es nur so von rollenden, hüpfenden, sich abartig verrenkenden Menschenkindern. Was um Gottes willen ist daran so reizvoll, mit einem ausgelatschten, nicht zugeschnürten Sportschuh einem Holzbrettel auf Gummirädern derart einen Kickzu verpassen, dass sich dieses maximal für ein paar Zentimeter in die Lüfte hebt.
    Der Metzger versteht die Welt nicht mehr. In seiner Jugend wurde auf Pflastersteinen gehockt und durch hohe Fingerkunst mit der eigenen Glaskugel die Glaskugel des Gegners erobert, da hat man sich wenigstens noch miteinander beschäftigt. Heute springen die Burschen nebeneinander durch die Gegend, mit gigantischen Kopf hörern um die Ohren. Sicher, man weiß nicht, was sich die Burschen abgeschottet von ihrer Umwelt da zu Gemüte führen: die Brandenburgischen Konzerte, gregorianische Gesänge, Wagners Ring? Eines steht jedenfalls fest: Sie reden kein Wort miteinander und tragen selbst um diese Jahreszeit freiwillig Wollhauben. Welch Frohlocken für das mütterliche »Bist du auch wirklich warm genug angezogen?«.
    Dem Metzger war als Kind dieser kratzende Schwitzkasten selbst im Winter nur durch Androhung der weitaus grausameren Alternative, nämlich der Pelzmütze mit herunterklappbarem Ohrenschutz, einzureden. Eine Pelzmütze mit Ohrenschutz, eine Kurzsichtigkeit mit Krankenkassafassung und der beste Notendurchschnitt mit Übergewicht, bessere Zutaten konnte sich ein Junge gar nicht aussuchen, um unter Garantie am Schulweg verdroschen zu werden, hin und retour. Das hätte er sich merken sollen, der Willibald.
    Bemüht gelassen

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