Der Metzger holt den Teufel
Philipp los ist …«
»Gehen muss ich jetzt. Auf Wiedersehen, guten Tag.«
So unvermutet, wie Oskar aufgetaucht ist, verschwindet er wieder. Und weil er meint, was er sagt, trifft das natürlich auch auf den guten Tag und vor allem das Wiedersehen zu.
12
L ANGE MUSS DER M ETZGER nicht warten, um die erhaltene Information weitergeben zu können. Zwar von Mann zu Mann, allerdings nicht Aug in Aug, sondern vom Schlafzimmer aus in Richtung Chesterfieldsofa: »Du solltest schlafen, denn morgen kannst du deiner Ankündigung gerecht werden und zeigen, was für ein Spitzenermittler du bist: Der Junge heißt Philipp Konrad! Gute Nacht.«
»Metzger, sag, schnüffelst du herum? Mir scheint, du bist …«
»Gute Nacht, hab ich gesagt!«
Mit dem Nachweis seiner Fähigkeiten lässt Eduard Pospischill allein schon aus Gründen des Stolzes nicht lange auf sich warten. Genauer gesagt, bis zur Mittagsstunde des nächsten Tages: »Hier sind deine Infos: Mutter Helene Konrad, Ärztin, geschieden, stinkreich und auf dem Erfolgstrip. Vater Stefan Konrad, betreibt dasselbe Spiel wie seine Ex, nur jenseits des Atlantiks. Nun zum Sohnemann: Philipp Konrad kommt also aus stinkreichem Haus, vierzehn Jahre alt, saubere Akte, klaut wahrscheinlich aus Vergnügen, dürfte bisher stets davongekommen sein mit seinem Diebesgut, ein schlaues Bürschchen also, sucht sich offenbar immer die etwas schwerfälligeren Zielobjekte aus!«
Unüberhörbar schenkt Eduard Pospischill seinem eigenen Witz die unverdiente Heiterkeit. Es dauert, bis er sich beruhigt, dann setzt er fort: »Bist du noch dran, altes Haus? Also: Nachdem privat niemand zu erreichen war, haben wir’s in der Schule probiert. Da ist der Knabe dannoffenbar nicht mehr so schlau wie bei der Wahl seiner Opfer …«, kurz droht eine neuerliche humorige Unterbrechung, die zum Glück nach ein paar tiefen Atemzügen endet: »… und ein angenehmer Schüler ist er auch nicht, sagt sein Klassenvorstand, ganz zu schweigen von seiner Mutter, ein Gift speiender Drache soll sie sein. Diese noble Dame gehört nach Auskunft des Kollegiums zu jenen selbstherrlichen Eltern, die sich in Wahrheit einen feuchten Dreck um ihre unter Denkmalschutz stehende Teufelsbrut scheren. Zum Glück, laut Lehrerin, fehlt ihr Sohn des Öfteren, so wie auch jetzt. Nachdem am Montag vorm ersten Läuten die Krankmeldung ausgeblieben war, wurde vom Klassenvorstand im Laufe des Vormittags mehrmals versucht, die Mutter zu erreichen, die dann genau so reagiert hat, wie zu erwarten war. Schroff, auf brausend und unkooperativ: Ihr Sohn sei krank, und sie habe schon noch angerufen; was man mit diesen hysterischen Kontrollanrufen, Lehrpflicht hin oder her, bezwecke; würde man sich genauso engagiert um die Kinder kümmern, wenn sie auch in der Schule säßen und nicht nur marode und wehrlos im Bett lägen, hätte ihr Sohn sicher bessere Noten, und so weiter und so fort … Fazit: Schuld ist immer die Schule. Wir haben nach dieser Schilderung des Klassenvorstandes dann trotzdem abermals bei Frau Konrad zu Hause angerufen und diesmal die Nachricht hinterlassen, dass wir sie demnächst besuchen wollen.«
Helene Konrad muss dann gar nicht mehr kontaktiert werden, denn bereits an diesem Mittwochnachmittag legt sie mit ihrer Aufregung das Kommissariat lahm: Was diesem Pospischill einfalle, die Schule zu verständigen!Was die Lehrer von ihrem lieben Jungen halten sollen, wenn da die Polizei anrufe und sich über ihn erkundige! Ob diesen Idioten bei der Polizei nicht klar sei, dass man sich in puncto Diskretion anstelle eines Anrufes im Konferenzzimmer auch gleich in der großen Pause mit einem Megafon schreiend auf den Gang hätte stellen können. Was überhaupt diese unterschwelligen kriminellen Anschuldigungen sollten, von wegen Philipp habe etwas Gestohlenes zurückgebracht. Ob man damit behaupten wolle, ihr kleiner Junge sei ein Dieb. Ihr Kind stehle nicht, diese Verleumdung werde ein Nachspiel haben. So der erste Anruf.
Das Nachspiel folgte schneller als gedacht.
Denn bereits kurz darauf kam es zum zweiten Anruf. Völlig aufgelöst brüllte Frau Konrad ins Telefon, dass sie, heimgekommen von der Arbeit im Spital, ihren braven Jungen nicht mehr finden oder auch nur erreichen könne. Er sei wie vom Erdboden verschluckt, bei keinem seiner Freunde, nicht im Park, nirgends. Was nur heißen könne: Dieser Anruf der Polizei samt der am Anruf beantworter hinterlassenen Nachricht habe ihn aufgescheucht, und so weiter und so fort.
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