Der Metzger holt den Teufel
Zeitpunkt, Herr Metzger. Mit so einer Schönheit müsste ich Sie ja prompt wieder allein lassen. Darf ich mich kurz vorstellen: Wernher von Mühlbach!«
Das »von« hat er jetzt unüberhörbar hineingeschummelt, der Herr Hochwohlgeboren, man will doch, wenn es gerade passt, ein wenig imponieren.
»Oh, sehr erfreut! Sophie Widhalm, danke für Ihr Kompliment. Ich bin die Schwester!«
»Ja, schau dich einer an, welch Prachtfamilie!«
Sie haben ja keine Ahnung, erwidert der Metzger im Geiste, während er mit einem gequälten Lächeln das weitere Geschehen über sich ergehen lässt. Denn der Übergabe dieses Arbeitsstückes folgen das Zücken einer Flasche Champagner, die Verkündigung der Aufnahme in den erlauchten Kreis all jener, die auf lange Sicht Hand an das wunderbare spätklassizistische Palais Mühlbach legen dürfen, und die Einladung in dasselbe: »Dieses Wochenende, Herr Metzger, aber was red ich, morgen schon, ja morgen, sind Sie mein Gast. Mir ist natürlich klar, das ist jetzt äußerst kurzfristig, aber so ist das Leben. Von Samstag auf Sonntag feiern wir unser großes traditionelles Spätsommerfest, und ich will, dass Sie dabei sind. Da sehen Sie dann gleich, welch wunderbare Prachtstücke noch auf Ihre würdige Instandsetzung warten. Ich hoffe,das wird eine lange Verbindung! Und bitte, bringen Sie unbedingt Ihre einzigartige Schwester mit!«
Nach einem Blick der Unterwürfigkeit in Richtung Sophie Widhalm und einer höfisch-perfekten Verbeugung ist er weg, der Mann des Adels. Sophie Widhalm ist begeistert und der Metzger sprachlos. »Nein, ich muss nicht mitkommen, wenn du dir überrumpelt vorkommst!«, erklärt sie strahlend, was einer Zusage gleichkommt.
Überrumpelt? Niedergewalzt trifft es eher!, denkt der Metzger. Nur, was soll er machen. Immerhin wurde ihm gerade von Herrn Mühlbach, ohne noch von Zahlen gesprochen zu haben, das lukrativste Angebot seines bisherigen Restauratorendaseins unterbreitet: Exklusiv für den Hochadel zu arbeiten und das gesamte antike Mobiliar eines städtischen Palais auf Vordermann zu bringen, das kann einem im Hinblick auf die Altersvorsorge einiges an Sorge nehmen, von den zurzeit etwas flauen beruf lichen Umständen ganz zu schweigen. Einer so feierlich ausgesprochenen Einladung mit Widerspruch zu begegnen wäre wohl kein guter Einstand.
»Lernen wir uns wenigstens kennen!«, antwortet der Metzger also und ahnt nicht, wie recht er damit hat. Beim Verabschieden notiert Sophie Widhalm ihre Telefonnummer auf ein Stück Papier und erklärt lächelnd: »Mobil bin ich immer erreichbar. Und mit immer meine ich auch immer, außer natürlich, es gibt kein Netz!«
Na, so einen Hieb muss man erst einmal zusammenbringen, denkt sich der Metzger, um anschließend zu registrieren, dass es bei seiner Danjela mit der Erreichbarkeit nicht weit her ist, und das, obwohl es reichlich Gesprächsbedarf gäbe.Wenn etwas Schweres auf die Seele drückt, zwingt eine schier unüberwindliche Müdigkeit den Körper in die Knie und fordert unerbittlich Beachtung. Das war ja auch wahrlich kein kleiner Happen, der dem Metzger da vorgesetzt wurde.
Bis zum Abend dauert dieses Regenerationsschläfchen auf der barocken Chaiselongue im hinteren Bereich seiner Werkstatt. Wobei von Regeneration nicht wirklich die Rede sein kann, denn das Aufwachen gerät zu einem dieser sonderbaren Prozesse des Zu-sich-Kommens, bei denen der Geist nach seiner Rückkehr in die Wirklichkeit feststellen muss: Es war doch kein Traum. Jeder Kater nach durchzechter Nacht ist angenehmer als so ein dumpfes Gefühl abhandengekommener Realität.
Willibald Adrian Metzger steht als Wissender vor einer Halbschwester, vor der beruf lichen Chance seines Lebens, vor der unausweichlichen Tatsache, mit einer fremden Frau in die ihm fremden Gewässer des Hochadels eintauchen zu müssen, und als Unwissender vor bitteren Stunden. Sein großes Glück dabei ist, dass er nicht über jenes Wissen verfügt, das Trixi Matuschek-Pospischill mittlerweile mehr beschäftigt als ihre eigene Krise. Das kann man nämlich nicht behaupten, dass ihr dieses Häufchen Elend namens Danjela Djurkovic samt der Geschichte von einer in Willibalds Armen liegenden Schönheit nun ungelegen käme. Folglich ist es für die etwas inhaltsreicheren hinterlassenen Nachrichten: »Bitte, Danjela, ruf mich zurück, es ist dringend, ich hab dir wirklich wichtige Dinge zu erzählen. Es gibt eine Halbschwester!« hoffnungslos zu spät.
»Wirklich wichtige Dinge hat er
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