Der Metzger holt den Teufel
windender Damen einen sich entblößenden, glatt rasierten Muskelprotz braucht! Völlig unnötig, denn die wirklich stattliche Sammlung an chronologisch geordneten Fotoalben tut es auch. Den allergrößten humoristischen Reibach erzielt dabei klarerweise die Gastgeberin selbst.
»Da schaut’s, da hat der Stinker noch Haare! Da waren wir auf Städtereise, mein Gott, war der Raunzer da noch jung! Mein Gott, war das nett, unser FKK-Urlaub in Kroatien, hat ein ganz schönes Schwanzerl, das Afferl, gell! Meine Güte, das Hochzeitsalbum!«
Dann wird es ruhig.
Ein Hochzeitsalbum und drei Frauen, eine davon ohne Partner, eine mit Partner, aber ohne Trauschein und eine mit Trauschein, aber ohne Partner, da können selbst die Chippendales nichts mehr ausrichten. Und weil als kulinarischer Rettungsanker das erkaltete süß-saure Schweinefleisch und die schlabberige knusprige Ente auf Bambussprossen-Morchelpilzgemüse nichts taugen, greift man zum allerletzten Notnagel: Schokolade und Eierlikör.
»Glaubd ihr, had jede Besiehung ihr nadühliches Ablaufdatum!«, lallt Trixi Matuschek-Pospischill in die Runde, und wenn er könnte, er würde antworten, der Eierlikör: »Ich jedenfalls schon!«
Folglich wird kurze Zeit später inmitten der großzügigen Sitzecke vor dem Fernseher mit dem Leid ebenso verfahren wie zuvor mit der Freude: Es wird geteilt. Man windet sich gemeinsam, nur eben jetzt nicht mehr vor Lachen. Sie hat es ihm ja gesagt, ihrem angeheirateten Schnorrer: »Da darfst du nicht sparen, Eduard, ein Ledersofa ist einfach viel dankbarer, wenn es um wirklich arge Flecken geht!«
Natürlich ist es ein Sofa mit Stoff bezug geworden, natürlich wird die heutige Zusammenkunft auf immer und ewig als großräumige Erinnerung auf demselben erhalten bleiben, und natürlich erträgt es keine Dame, wenn ein Abend derart zu Ende geht.
Eduard Pospischill rotiert. Seit die Mordserie durch die Tötung Annabelle Wertheim-Müllners an die Öffentlichkeit geraten ist, wird von jeder erdenklichen Seite auf mannigfaltige Art und Weise Druck gemacht. Bis hinauf in Regierungskreise. Immerhin ist Gottlieb Wertheim-Müllnerein bedeutender Wirtschaftsbonze, und nur der Himmelsvater oder der Höllenfürst weiß, wer alles in diesem Land an seiner Leine läuft.
Nicht nur der Fall ist heftig in Bewegung geraten, was den Kommissar noch ziemlich ins Schleudern bringen wird, auch die Waschmaschine seines Gastgebers verhält sich ähnlich. Denn wie die beiden Herren zu später Stunde in der Küche vor einem Glas Wein sitzen, meldet der Piepston aus dem Badezimmer den nächsten Arbeitsschritt, was bedeutet: Eduard Pospischill wechselt mit einem vollen Glas Rotwein ins Wohn- und Willibald Adrian Metzger mit dem leeren Wäschekorb ins Badezimmer.
»Was haben wir also?«, denkt der Kommissar, konzentriert auf seine Arbeit, laut vor sich hin, während sein Haushälter die Trommel ausräumt, klarerweise mit Pospischill-Unikaten.
»Zwei Unterhosen in fünf Tagen, das haben wir! Sag, was bist du für ein Saubartl!«
Was Eduard Pospischill dezent übergeht: »Wir haben zwei tote und ein verschwundenes Orchestermitglied. Nummer eins: Harfenistin Käthe Henrikshausen, ist vom Gassigehen mit Dackel Fridolin nicht mehr zurückgekehrt. Nummer zwei: Die Dame an der Pauke, Galina Schukowa, Kehle durchgeschnitten, wurde mit Schlägeln in der Hand gefunden. Nummer drei: Cellistin Annabelle Wertheim-Müllner, wurde am Mühlbach-Anwesen die Kehle durchschnitten und am Wertheim-Müllner-Anwesen mit Bogen in der Hand im Cellokoffer gefunden. Alles drei Musikerinnen desselben Orchesters. Überspannte Paschas, einige ohne Alibi, sind da bei dem Haufen dabei, das glaubst du gar nicht. Dann haben wir deineAntonia Lenz samt Phantombild, wobei wir eine Frau als Täter eher ausschließen, eine schier unüberwindliche Gästeliste haben wir und die Presse im Nacken. Wunderbar. Ich sag dir, den Kerl finden wir erst, wenn er einen weiteren Fehler macht!«
Der Metzger hat begonnen, den im Wohnzimmer aufgestellten Wäscheständer zu füllen: »Es gibt auch noch den verschwundenen Burschen, nur zur Erinnerung. Wie wär’s übrigens, wenn du deine edlen Stücke selber aufhängst, bei derart windigen Unterhosen kann man ja nur von der eigenen Frau auf die Straße gesetzt werden!« Dabei wird ein löchriges Exemplar in die Luft gehalten, macht sich auf den Weg durch dieselbe und landet auf der Schulter des Kommissars. Während der Metzger ein Stück nach dem anderen aus dem
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