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Der Metzger holt den Teufel

Der Metzger holt den Teufel

Titel: Der Metzger holt den Teufel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Raab
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ist an sich unüblich, außer natürlich so ein Keiler heftet sich einem an die Fersen. Und das, was er da im Nebel hinter dem Leuchten der Warnweste daherkommen sehen hat, war definitiv ein Schwein, er hätte wetten können.

    Das wäre das zweite Schwein!, flüstert Sophie Widhalm vor sich hin. Kurz nach ihrem Auftritt hat sie sich mit ihrer wunderbar grünen Kleidung, die wirklich jeden Cent wert ist, wieder ganz dem Wald angepasst und im Gebüsch versteckt. Logisch, denn das erbarmungswürdige Brüllen macht sie schon neugierig. Rupert von Leugendorf wird wohl das Weite gesucht haben, immerhin dürfte er ja gar nicht hier sein, und Eugen von Mühlbach wird dem ermüdeten Sehnerv des Horst Erhardter wohl auf immer und ewig dankbar sein: »Mein Ohr, verdammt, mein Ohr!«
    Und weil im Fall dieser Wildsau knapp daneben alles andere als vorbei bedeutet, empfindet Sophie Widhalm so etwas wie Erleichterung. Ein gänzlich erlegter Mühlbach hätte ihr vielleicht doch eines Tages ein schlechtes Gewissen beschert.
    Wenig später tönt das Signal »Hahn in Ruh« durch den Wald. Die Drückjagd wird abgebrochen.
    Alles, was Sophie Widhalm danach noch in Zusammenhang mit dieser Veranstaltung zu tun haben will, ist, sich zu verdrücken. Was gar nicht so einfach ist.
    Zwar kann sie sich unters herangeeilte Fußvolk mischen, mitleidig auf den Herrn Mühlbach junior zustürmen und erschüttert vermelden: »Du Armer, um Gottes willen, was ist passiert?« Auch kann sie ihn zum Rettungsfahrzeug begleiten, dann auf einen geeigneten Moment warten und im Inneren des Wagens verlautbaren lassen: »Wenn du und dein Freund zukünftig auch nur ansatzweise meine Bahn kreuzen, werdet ihr euch wünschen, nie geboren zu sein, das versprech ich dir!«
    Deutlich schwieriger wird es für Sophie Widhalm aber, dem sorgenvollen Vater Wernher von Mühlbach begreif bar zu machen, dass sein Sohn einfach plötzlich weg war und sie allein im Wald stand.
    »Er hat dich verloren, so war das, und das sieht ihm ähnlich!«
    »Nein, nein, er hat schon aufgepasst, aber ich hab mich am rechten Hundeführer orientiert und er sich am linken. Und schreien wollte ich dann nicht, das wäre ja nicht unbedingt im Sinne der Jagd gewesen.«
    »Und er riecht nach Alkohol, auch das sieht ihm ähnlich. Da kann man nur dem Himmel danken, dass HorstErhardter auch … na, du weißt schon! Ist wenigstens mit dir alles in Ordnung, Prinzessin?«
    Das wird nichts werden, mit dem Prinzen und der Prinzessin, würde sie dem König gern sagen, stattdessen wählt Sophie Widhalm jene Entschuldigung, die wohl seit Jahrhunderten am besten funktioniert: »Wernher, ich hab leider so starke Kopfschmerzen bekommen, dass ich mich kaum noch auf den Beinen halten kann. Bitte sei mir nicht böse, aber ich werd mich jetzt verabschieden!«
    Wernher von Mühlbach lässt ohne einen weiteren Blick auf seinen Sohn den Krankenwagen davonfahren und es sich selbst nicht nehmen, den Sanitäter zu spielen:
    »Bevor du nichts gegen den Schmerz genommen hast und ich sicher bin, dass es dir besser geht, lass ich dich nicht fahren!«
    Na, hat ja perfekt funktioniert!, ärgert sich Sophie Widhalm. Dann verbringt sie in hysterisch vom Freiherrn georderte Decken gehüllt eine weitere zähe Stunde am Anwesen der Mühlbachs und darf schließlich, da ist es bereits dunkel, das Weite suchen.
    Während der nächtlichen Heimfahrt verspürt sie kurz noch so etwas wie Genugtuung. Kurz deshalb, weil sie auf einem leeren Baumarktparkplatz neben der Schnellstraße gegen zweiundzwanzig Uhr den Wagen Rupert von Leugendorfs stehen sieht, mit offener Tür, heraushängenden Beinen und, wenn sie sich nicht ganz täuscht, auf dem Asphalt liegenden leeren Flaschen. Der ist zwar bedient, geht es ihr durch den Kopf, aber bei Weitem nicht angemessen genug.
    Zu Hause angekommen, braucht es nicht lange, und Sophie Widhalm wird der ganze Schrecken ihres Ausflugs bewusst. Heulend kauert sie in ihrem Bett, auch erschüttertvon dem Gedanken an all jene, denen wahrscheinlich nicht so wie ihr das Glück beschert war, gerade noch davongekommen zu sein.

42
    E S IST DANN, SEHR ZUR F REUDE von Danjela Djurkovic, wirklich nicht sehr weit zu gehen, und es sind die Aussichten, die ihrem müden Körper einen Triumphschrei entlocken.
    Beim angepeilten Taxistandplatz warten tatsächlich Fahrzeuge, und obwohl das vorn eingereihte Modell mit Abstand die meisten Jahre auf dem Buckel haben dürfte, öffnet der Metzger die Wagentür, man will in der

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