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Der Meuchelmord

Titel: Der Meuchelmord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anthony Evelyn
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Zigarette an. Sein ganzes Leben lang war er herumgestoßen worden, und daß er überhaupt noch existierte, verdankte er nur dem Umstand, daß er sich gewehrt hatte.
    »Was haben Sie vor?« Fuad tanzte um ihn herum, und sein Flüstern klang vor lauter Angst wie ein gefährliches Zischen. Keller lächelte. Er nahm noch einen letzten Zug aus der Zigarette, ließ sie fallen und trat sie aus. Dann öffnete er wortlos den Kasten und entnahm ihm eine kleine, schlanke Luger. Eine vorzügliche Waffe. Er prüfte, wie sie ihm in der Hand lag, und zielte rasch auf einen zehn Schritt entfernten Zweig. In der Legion hatte er mancherlei gelernt. Er verstand es, einen Menschen mit bloßen Händen zu töten, meilenweit ohne Nahrung und fast ohne Wasser zu marschieren, sich schnell an Hitze oder Kälte zu gewöhnen. Aber am besten wußte er mit einer Schußwaffe umzugehen. Selbst sein französischer Unteroffizier, der ihn wegen seines deutschen Namens haßte, mußte eingestehen, daß Keller ein geborener Meisterschütze war. Er besaß einen untrüglichen Instinkt für das richtige Ziel und für die Zehntelsekunde Reglosigkeit zwischen zwei Bewegungen, die über Leben und Tod entschied. Die Scharfschützen seines Regiments hatten an einem einzigen Tag dreißig Vietminh erledigt, und fünfundzwanzig davon gingen auf Kellers Konto. Mit der Pistole war er der ungeschlagene Meister seines Regiments.
    »Fertig«, sagte Keller.
    »Dort hängt das Ziel – dort drüben in dem Baum. Der dritte von links.« Fuad deutete auf eine Masse dunkler Zweige. Keller sah, daß zwischen ihnen etwas aufgehängt war.
    »Ohne Munition kann ich nicht schießen«, sagte er.
    »Hier haben Sie.« Fuad hielt ihm in der flachen Hand zwei Patronen hin. »Sie haben nur diese zwei Schüsse.« Er biß sich vor Sorge die Lippe blutig und fügte leise hinzu: »Hoffentlich haben Sie nicht gelogen, hoffentlich sind Sie wirklich so gut …«
    Keller sah ihn an. Zornig zog er den Kopf zwischen die mächtigen Schultern. »Geh mir aus dem Weg!«
    Er lud das Magazin mit den beiden Patronen und schob es wieder in die Waffe. Dann entsicherte er sie. Er hatte den Libanesen Fuad und den oder die Zuschauer im Mercedes hinter sich vergessen.
    Er hob die Pistole in Schulterhöhe. Das Ziel war ein Gummiball, der im Wind hin und her baumelte. Wenn man die Entfernung berücksichtigte, hatte der Ball die Größe eines Kopfes. Er zielte und drückte eine knappe Sekunde später ab. Der kleine schwarze Punkt zwischen den Zweigen war verschwunden.
    »Nur das eine Ziel?«
    Fuad sah gespannt durch einen Feldstecher. Dann senkte er das Glas und fletschte die Goldzähne. »Ja, ja!« rief er begeistert. »Keiner hätte das besser gemacht. Bums – gleich beim ersten Schuß!« Er flüsterte jetzt nicht mehr, sondern er schrie und gestikulierte wild zum Mercedes hinüber. Seine Aufgabe war erfüllt. Keiner konnte etwas anderes behaupten. Jetzt würde er sein Geld kassieren.
    »So«, sagte Keller. Er hob die Pistole und feuerte die letzte Kugel in die Luft. Das war die noble Geste des Kunstschützen, der sein Ziel gleich auf Anhieb getroffen hatte. Dann legte er die Waffe in den Kasten, warf ihn Fuad verächtlich vor die Füße und stieg wieder ein. Der Teufel soll sie holen! Zum Teufel auch mit den unsichtbaren Zuschauern in dem Mercedes! Er war der Beste seiner Sorte und hatte es ihnen bewiesen. Es war ein Augenblick der Selbstachtung: Es war ihm wirklich gleichgültig, ob er nun den Job bekam oder nicht.
    Plötzlich ertönte zweimal hintereinander die Hupe des Mercedes. Es waren zwei langgezogene Signale. Fuad glitt hinters Steuer.
    »Man will Sie haben«, sagte er. »Das war das Zeichen. Einmal – nein. Zweimal – ja. Sie sind ein Glückspilz, Keller. Ich habe Ihnen ja immer schon gesagt, Fuad Hamedin bringt Ihnen Glück.«
    »Sie können mir den Buckel herunterrutschen«, sagte Keller. »Sie werden dafür bezahlt. Aber zu einer Abmachung gehören zwei. Sie sagen mir jetzt, wieviel Geld für mich drin ist und worin das Ziel besteht. Gehen Sie zu dem Mercedes und sagen Sie, daß ich es wissen will und daß ich meine Antwort auf dieselbe Weise wie er mitteilen werde: Einmal – nein, zweimal – ja.«
    Der Libanese stieg aus. Der Motor des Mercedes lief schon wieder. Keller beobachtete ihn durch den Rückspiegel. Er sah, wie Fuad sich zu dem Fahrer beugte und etwas nach hinten rief. Als Fuad zurückkam, riß er in echtem Erstaunen die Augen auf.
    »Fünfzigtausend Dollar.« Er brachte die

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