Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Der Meuchelmord

Titel: Der Meuchelmord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anthony Evelyn
Vom Netzwerk:
hämmerte er sich ein. Denk daran, daß du dir mit fünfzigtausend Dollar ein neues Leben kaufen kannst.
    Denk an alles, nur nicht an Elizabeth. Und wenn du es trotzdem nicht sein lassen kannst, dann erinnere dich an das, was du bei den Soldaten gelernt hast, und schlaf ein.
    Als Elizabeth die Wohnungstür öffnete, wußte sie schon, daß er fort war. Im Taxi hatte sie Kopfschmerzen bekommen. Der Fahrer war ein Quatschkopf und redete pausenlos. Sie hatte mit geschlossenen Augen dagesessen und nicht geantwortet. Der Präsident, der Vietnam-Krieg, die Anschläge gegen Taxifahrer am Abend. Das alles brach wie eine Welle über sie herein und verband sich mit dem Schmerz, der hinter ihren Augen pochte. Ihre Eltern waren ermordet worden. Ihr Leben und das Leben all der unschuldigen Menschen an Bord dieses Flugzeuges war willkürlich ausgelöscht worden, wie man einen Schalter ausknipst. Das allein war schon ein furchtbarer Schock. Der zweite Schock hatte in der Erkenntnis bestanden, daß King mit den Leuten in Verbindung stand, die für den Mord verantwortlich waren. Aber der allerschlimmste Schlag hatte sich allmählich aus ihrem Unterbewußtsein herausgedrängt. Auch Keller war einer von ihnen. Sie hatte Leary alles erzählt, was sie über Beirut wußte, alles, was ihr über Eddi King einfiel, angefangen vom ersten Zusammentreffen. Aber Bruno Keller hatte sie nicht erwähnt. Sie ging durch den Flur ins Wohnzimmer. Noch bevor sie seinen Namen gerufen hatte, war ihr klar, daß er nicht hier war. Etwas Schlimmeres hätte ihr nicht zustoßen können. Am Morgen war sie weggegangen, und nun konnte es nie mehr so werden, wie es früher war. Elizabeth wußte selbst nicht, was sie getan oder gesagt hätte, wenn er hier gewesen wäre. Eine Tatsache überschattete alles andere. Sie hatte ihn gedeckt, obwohl sie wußte, wer King war und wer Keller daher sein mußte. Sie hatte ihn gedeckt, obgleich Leary das furchtbare Beweisstück vor ihr auf den Schreibtisch gelegt hatte.
    »Du kannst mich doch nicht einfach verlassen«, hatte sie noch am Morgen gebettelt, als sie aufwachten, und er hatte lediglich erwidert, er könne nichts versprechen. Vielleicht würde er genau das tun müssen. Im Wohnzimmer lag kein Brief. Sie ging in ihr Zimmer und dann in das Gästezimmer, das er an den ersten Tagen bewohnt hatte. Auch nichts. »Warum habe ich es Leary verschwiegen?« Sie stellte sich diese Frage laut. »Ich wußte, daß es ein wichtiger Punkt war, aber ich saß da und log. Ich brauche nur hinzugehen, nach dem Telefon zu greifen und Pete Matthews anzurufen. Sie werden ihn schon ausfindig machen. Liebe ist keine Entschuldigung.«
    Als es an der Tür läutete, zuckte sie zusammen. Aber im nächsten Augenblick erstarb die wahnwitzige Hoffnung in ihr. Er war nie allein weggegangen. Er konnte unmöglich dort draußen stehen. Es war nur der Portier.
    »Guten Abend, Miß Cameron. Der Herr hat mich gebeten, das heraufzubringen, sobald Sie wieder da sind.«
    Es war ein Strauß gelber Rosen im Einwickelpapier des Blumenladens an der nächsten Ecke. Keine Karte, keine Mitteilung. Sie hielt die Rosen in den Armen und schluchzte. Davor hatte sie sich am meisten gefürchtet, die schmerzliche Leere, die ein Mann zurückließ, für den sie nichts weiter war als ein Zeitvertreib. Als Lebewohl hatte er ihr Blumen geschickt. Und heute morgen hatte er sie noch einmal zurückgerufen und ihr einen Kuß gegeben, bevor sie ging. Ohne es zu merken, zerdrückte sie die Rosen in ihren Armen. Welches Glück, daß sie Leary nichts gesagt hatte. Ein Glück, daß sie nun Zeit hatte, nach ihm zu suchen. Er hatte immer davon gesprochen, daß er bezahlt wurde. Wenn es lediglich um Geld ging, konnte sie Kings Angebot übertreffen. Sie stand auf und wollte die Rosen ins Wasser stellen. Das Papier fiel auf den Boden. Auf dem Telefontischchen schimmerte die Nadel. Als Elizabeth danach griff, bemerkte sie, daß das oberste Blatt vom Notizblock abgerissen worden war. Sie vergaß die Blumen. Es hatte ihn niemand abgeholt. Er war angerufen worden und hatte eine Adresse bekommen, an die er sich wenden mußte. Er hatte sie auf den Block geschrieben und das Blatt mitgenommen. Sie hielt den Block schräg unter das Licht. Das Papier wies undeutliche Eindrücke auf, aber sie konnte sie nicht entziffern. Dann sammelte sie die Blumen ein und stellte sie ins Wasser. Ihre Hände zitterten. Sie goß sich einen Kognak ein und trank ihn in kleinen Schlucken. Er trank eine Menge Whisky, aber nicht

Weitere Kostenlose Bücher