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Der Meuchelmord

Titel: Der Meuchelmord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anthony Evelyn
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bestimmt nicht Eddi King. Das ist von nun an Ihr Auftrag, lassen Sie ihre Wohnung rund um die Uhr überwachen, und fangen Sie gleich damit an, das alte Verhältnis wieder aufzunehmen. Ich habe da eine komische Ahnung. Ich glaube, wir sind hier auf mehr gestoßen als nur eine zufällige Reisebekanntschaft. Wir sind einer ganz großen Sache auf der Spur.«
    Keller hatte sich genau nach den Anweisungen gerichtet: Er hatte Elizabeths Wohnung eine halbe Stunde nach dem Telefonanruf verlassen, war mit der U-Bahn zum Times Square gefahren und zu Fuß in Richtung auf die Adresse weitergegangen, die er sich auf einem Zettel notiert hatte. Zum erstenmal war er in New York allein unterwegs. Er vergewisserte sich mehrmals, daß die Richtung noch stimmte. Er hätte nie gedacht, was für eine schmutzige Stadt New York war. Der goldene Kreis, in dem Elizabeth sich bewegte, ließ nichts von den unratübersäten Straßen, den schmierigen Häusern ahnen, den armen Teufeln in der Gegend, in die er nun gelangte. Die Ninth Avenue war sehr breit. In mancher Hinsicht erinnerte sie ihn an die Düfte orientalischer Märkte: Obst und Gemüse in kleinen Ständen, dazwischen Fischgestank. In der Mitte brüllte der Verkehr, Menschen schlenderten auf und ab oder drängten sich gereizt durch die Menge, die Arme voller Einkäufe. Er sah Neger und Puertoricaner, begleitet von Horden schreiender Kinder, die sich zwischen den anderen Leuten hindurchschoben und sich fröhlich auf spanisch etwas zuriefen. Schlampige Weiber handelten um die Preise, ein Betrunkener lehnte an einem Schaufenster, die Beine ausgestreckt, das Gesicht einer nicht vorhandenen Sonne zugewandt, die Augen fest in einem seligen Alkoholrausch geschlossen. Einzelheiten mochten anders sein, aber im großen und ganzen war alles genauso wie an den Orten, wo Keller sich sonst aufhielt: Dreck, Gestank, Gemeinheit. Hier gehörte er hin, hier war er unter seinesgleichen, Mitglied eines weltweiten Armenhauses. Bisher deutete noch nichts darauf hin, daß diese Leute sich aufgemacht hatten, das Weltreich zu erben. Er sah wieder auf das Papier in seiner Hand und versuchte jemanden anzusprechen, aber niemand blieb stehen. Sie schoben sich nur an ihm vorbei, und ein Mann drehte sich fluchend um.
    Morries Hotel. Er überquerte die Straße und wich gerade noch rechtzeitig einem riesigen Lastwagen aus, der zum Hafen hinunterfuhr. Im Erdgeschoß des Hotels war ein Buchgeschäft. Keller erkannte bald, was hier verkauft wurde: ganze Regale voll Magazine mit nackten Mädchen in aufreizenden Posen, billige Taschenbücher mit pornographischen Titeln, und das alles war nur die Fassade für die eigentliche Handelsware dieses Ladens. Perverse Fotos und der eigentliche Schund wurden unter der Ladentheke weg verkauft. Das schmale Treppenhaus roch genauso übel wie der Laden, als hätten die Kunden auch hier ihren Angstgeruch zurückgelassen. Im ersten Stock hockte hinter einem Tisch ein Mann in Hemdsärmeln und stocherte mit einem abgebrochenen Streichholz zwischen seinen Zähnen. Zuerst machte er sich nicht einmal die Mühe, den Kopf zu heben. Er war hager und gebeugt, hatte sein fettiges Haar in Strähnen über die Glatze gekämmt und die Brille vorn auf seine Knubbelnase geklemmt. Als er dann aufsah, war die Brille so dick, daß die Augen dahinter fast nicht mehr zu sehen waren.
    »Ja?«
    »Für mich ist ein Zimmer reserviert. Auf den Namen Maggio.«
    Der Mann ließ das Streichholz fallen. Die Augen hinter den Brillengläsern flackerten. Selbst wenn er nicht gewußt hätte, daß Maggio hier eine krumme Sache aufgezogen hatte, wäre dieser kräftige blonde Mann mit dem glasharten Gesicht ein vertrauter Typ gewesen. Er nahm einen Schlüssel aus dem Regal hinter sich. »Vier Dollar sechzig pro Nacht.« Keller legte ihm das Geld auf den Tisch. Der Mann strich es ein und erhob sich. »Oben«, sagte er. »Ich zeig's Ihnen.« Zwei Treppen höher blieb er stehen und schloß die Tür auf.
    Keller forderte mit einer Handbewegung seinen Schlüssel. »Wo kann ich etwas zu essen bekommen?«
    »Ein Drugstore ist gleich an der Ecke zur Neunten. Aber ich kann Ihnen vielleicht was holen.« Er hielt nicht gerade seine dreckige Hand auf, aber Keller erkannte doch den Ansatz zu dieser Geste. Er schickte den Kerl mit einer Kopfbewegung hinaus. Dann sah er sich im Zimmer um. Es war klein und nur mit einem Bett, einem Stuhl und einem Schrank eingerichtet. Er probierte das Bett aus: es war hart. Dann ging er zum Fenster und wollte

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