Der Meuchelmord
schlimm, daß ich es mir nicht leisten kann, den Kerl nur von fern beobachten zu lassen. Ich muß näher an ihn herankommen. Ich brauche Ihre Hilfe, Miß Cameron. Deshalb habe ich Ihnen gesagt, was mit Ihren Eltern geschehen ist. Sie müssen genau wissen, worauf wir uns einlassen, wenn wir es mit Leuten wie Eddi King zu tun haben.«
Dann gab er ihr Zeit, sich alles zu überlegen. Er unternahm keinen Versuch mehr, sie zu überzeugen oder zu drängen. Wenn sie nein sagte, war der Fall erledigt. Dann war sie ohnehin nicht zu gebrauchen, denn selbst wenn sie es sich nachher noch einmal anders überlegte, konnte niemand genau wissen, warum sie das tat. Aber Leary schätzte seine Chancen gut ein.
Sie hob den Kopf und sah ihm ins Gesicht. Ihre Augen waren gerötet, ihr Make-up ein wenig verschmiert. Sie sah blaß und krank aus.
»Sagen Sie mir, was ich zu tun habe.«
»Sie müssen mir alles erzählen, was Sie über ihn wissen«, antwortete Leary. »Wer seine Freunde sind, wohin er reist und vor allen Dingen alles über Beirut, woran Sie sich noch erinnern.«
Sie wollte nicht zulassen, daß Peter Matthews sie nach Hause brachte. Er setzte sie in ein Taxi und zögerte, ehe er die Tür zuklappte. »Soll ich wirklich nicht mitfahren? Kommst du auch bestimmt allein zurecht, Liz?«
Sie sah sehr blaß aus, und ihre Augen waren noch rot. Matthews kannte Leary gut. Er konnte nett und charmant sein, wenn er auf diesem Wege sein Ziel erreichte. Aber wenn diese Methode nicht zog, konnte er ausgesprochen gemein werden. Matthews fühlte sich nicht wohl in seiner Haut. Er wäre gern mit ihr zurückgefahren. Er wußte, daß Leary den Anschlag auf das Flugzeug als Argument einsetzen wollte. Nach ihrem Gesichtsausdruck zu urteilen hatte er damit Erfolg gehabt. Sie versuchte sogar zu lächeln.
»Nein, vielen Dank, Pete, ich möchte nur eine Weile allein sein. Es ist bestimmt alles in Ordnung.«
Er sah das Taxi um die nächste Ecke verschwinden, dann ging er ins Haus zurück. Kaum hatte er seinen Schreibtisch erreicht, da rief ihn Leary an.
In Learys Büro hing dicker Zigarettenqualm, als Matthews eintrat. Leary saß hinter seinem Schreibtisch, machte sich in seiner unordentlichen Handschrift Notizen und trank Kaffee. Er hob den Kopf und grüßte Matthews mit einem knappen, nichtssagenden Lächeln.
»Nehmen Sie Platz, Pete. Sie haben hier gute Arbeit geleistet. Welchen Eindruck machte die Dame, als sie ging?«
»Ziemlich erschüttert«, antwortete Matthews. »Es scheint ihr nicht gut ergangen zu sein.«
»Ich hab's so sanft wie möglich versucht«, sagte Leary. »Ein sehr attraktives Mädchen. Ich hab' mich immer wieder gefragt, was, zum Teufel, sie in Ihnen gesehen haben könnte.«
»Das habe ich mich selbst gefragt«, antwortete Matthews. »Macht sie mit?«
»Sie hat es versprochen«, antwortete Leary. Er schob seine Papiere beiseite und drehte den Bleistift zwischen den Fingern hin und her. »Was Eddi King betrifft, ist sie sauber, da hatten Sie recht.«
»Aber?« fragte Matthews. Er kannte seinen Chef. Irgend etwas anderes stimmte nicht.
»Ich glaube, sie verheimlicht uns etwas«, sagte Leary nachdenklich. »Sie hat mir eine Menge über King erzählt und viel über Beirut, nur nicht den eigentlichen Grund, aus dem sie hingefahren ist. Angeblich waren es ein paar Urlaubstage. Aber ich glaub's ihr nicht. Sie verheimlicht etwas.«
»Und was werden Sie tun?« fragte Matthews. Es hatte gar keinen Zweck, seinem Chef zu widersprechen. Leary verfügte über einen untrüglichen Instinkt.
»Sie beschatten lassen. In erster Linie muß ihre Wohnung überwacht werden. Sie werden Ihr Techtelmechtel da wieder anfangen, wo Sie es abgebrochen haben. Das ist mit ihr geklärt: Sie bilden zwischen uns den Kontaktmann. Sie wird alles an Sie weitergeben, was sie über Eddi King erfahren kann.«
»Damit soll sie einverstanden gewesen sein?« Matthews traute seinen Ohren nicht. »Ich bin doch Luft für sie.«
»Das schon, aber sind wir das nicht alle?« Leary griente. »Sie hat eingesehen, daß es die logische Lösung ist. Sie werden kein Mißtrauen erwecken, weil Sie in ihrer Umgebung nicht neu sind. Außerdem hat sie noch eine Rechnung mit den Leuten zu begleichen, die das Flugzeug zum Absturz gebracht haben. Und sie muß ihr kleines Geheimnis wahren. Was auch immer das sein mag.«
»Was könnte es denn sein, dieses Geheimnis?«
»Keine Ahnung«, gab Leary zu. »Ich würde sagen, daß ein Mann in diese Geschichte verwickelt ist, aber ganz
Weitere Kostenlose Bücher