Der Meuchelmord
erzählen.«
»Es läuft alles genauso ab, wie wir es geplant haben«, sagte Eddi King. »Alles in Butter.« Er lächelte Huntley an und zeigte ihm seine schneeweißen amerikanischen Jackettkronen. Bevor er in die Staaten gekommen war, hatte er sich von einem amerikanischen Zahnarzt das ganze Gebiß richten lassen. King war bestimmt kein Feigling, aber an die vielen Sitzungen in der Zahnklinik dachte er heute noch mit Schaudern zurück.
»Und Sie sind ganz sicher, daß dieser Mann sein Geschäft versteht?« Huntley Cameron hatte eine Art, seine Worte wie Gewehrkugeln abzuschießen, rasch und treffsicher. Er war hochgewachsen, schmal und grobknochig; seine tiefliegenden Augen waren von einem undefinierbaren Graubraun; das weiße Haar über der derben Nase war sorgsam gekämmt. Er hatte ein langes Gesicht mit eckigem Kinn und vereinzelten Sommersprossen. Er trug immer maßgeschneiderte Anzüge und Hemden. Ab und zu machte er sich gern auf Kosten anderer Millionäre lustig, denen es Spaß machte, in zerknautschten Hosen und schmuddeligen Sporthemden herumzulaufen. Alles an ihm drückte Macht und Reichtum und ein Selbstbewußtsein aus, das schon an Größenwahn grenzte. Er sah King genauso hart und durchdringend an wie jeden anderen. Die meisten Menschen hielten diesem Blick nicht stand und wandten ihre Augen ab.
»Er weiß Bescheid«, sagte King zuversichtlich. »Ich habe selbst gesehen, wie er mit einer Pistole auf ein schwieriges Ziel geschossen hat – weitaus schwieriger als unser eigentliches Ziel am 17. März. Er hat mit dem ersten Schuß getroffen. Keine Sorge, Huntley, ich habe Ihnen den genau richtigen Mann besorgt.«
»Einen Whisky?« fragte Huntley. »Bedienen Sie sich. Und dann erzählen Sie mir mehr darüber.«
»Danke, ich möchte jetzt nichts trinken«, erwiderte King. »Noch zu früh für mich.«
»Für mich nicht«, sagte Huntley. »Drei Finger hoch, ohne Eis und Wasser. Woher haben Sie unseren Kunstschützen? Man kommt nicht leicht an solche Leute heran, wenn man den Verbrecherkreisen fernbleiben will. Und ich habe Ihnen ausdrücklich gesagt«, fügte er mit einem drohenden Blick hinzu, »daß Sie die Finger von solchen Leuten lassen sollen.«
»Das habe ich auch«, versicherte King und reichte ihm seinen Whisky. Das war eine Eigenart Camerons, über die kein Klatschkolumnist je berichtet hatte: Huntley soff wie ein Fisch, ohne sich die leiseste Wirkung anmerken zu lassen. »Ich habe Freunde im Nahen Osten – Geschäftsfreunde. Dort sammelt sich eine Menge Strandgut an: Deserteure, arbeitslose Söldner. Unser Mann kommt aus der Fremdenlegion. Er war einer der besten Scharfschützen im Indochina-Krieg.«
»Vielleicht sollten wir ihn wieder hinschicken«, knurrte Huntley in sein Glas. »Er könnte sich ein paar von unseren dämlichen Generälen aufs Korn nehmen. Wenn ich nur daran denke, daß dieser Hughson den Krieg verlängern wollte … Wieviel hat er verlangt?«
»Fünfzigtausend Dollar«, antwortete King. »Dazu für sich Papiere und einen Paß. Ich habe alles über meine Freunde dort erledigen lassen.«
»Und woher wissen Sie, daß man diesen Leuten vertrauen kann?«
King lächelte. »Sie wußten überhaupt nicht, wer ihr Auftraggeber war. Ich bin sehr diskret vorgegangen, das dürfen Sie mir glauben, Huntley. Schließlich ist mein Hals genauso in Gefahr wie der Ihre.«
»Um meinen Hals mache ich mir keine Sorgen«, sagte Huntley und hielt ihm sein Glas hin. »Füllen Sie nach. Ich habe vielmehr Angst, daß wir die Sache nicht durchziehen können. Daß dieser Schweinehund lange genug lebt, um unserem Land noch mehr Schaden zufügen zu können. Wenn ich mir vorstelle, daß ein solcher Gauner im Weißen Haus – Herrgott! Das läßt mich nachts oft nicht einschlafen.«
King beschloß, jetzt doch einen Whisky zu trinken. Der Alte war schwer zu ertragen, wenn er sich in dieser Stimmung befand. Er schenkte sich einen kleinen Whisky ein und beruhigte damit seine Nerven. Cameron war nicht dumm. Wenn er sich wie ein prahlerischer Demagoge ausdrückte, mochte ihn jemand, der ihn nicht näher kannte, für größenwahnsinnig halten und Details übersehen. Aber nicht King! Er ließ sich nicht täuschen. Er wußte genau, daß bei dem anderen ununterbrochen ein Verstand tätig war, der scharf und unbarmherzig funktionierte wie ein Laserstrahl. Cameron redete genauso, wie die Leute das von ihm erwarteten. Seine abgehackten Sätze, die blitzschnell abgefeuerten Fragen, das alles gehörte zu einer
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