Der mieseste aller Krieger - Roman
immer noch im Zusammenhang mit dem Tod von Sofanor und der Inglesa im Chanchoquín .
»Wir haben Spuren an der zerbrochenen Vase und an dem Wecker gefunden, und die vom Wecker gehören zweifelsfrei dir«, sagte er.
»Ich habe dir schon erzählt, dass der Wecker einmal mir gehörte. Ich habe ihn an Sofanor verkauft. Da ist es nur logisch, dass Spuren von mir dran sind, aber von der Vase weiß ich nichts.«
»Deshalb habe ich beides ins Labor in die Hauptstadt geschickt. Um Klarheit zu schaffen.«
»Ich sag dir doch, damit habe ich nichts zu tun.«
»Das werden wir ja sehen.«
Er blickte durch den Flur zu der Tür, hinter der sich dieTita befand. Dann wanderte er wieder eine Weile im Esszimmer auf und ab, legte nachdenklich die Finger ans Kinn. Er wollte den entscheidenden Beweis zur Lösung des Falls unbedingt im Umfeld seines Verdächtigen finden – und der war nun mal ich. Später kam Flor hinzu und bot ihm ein Bier an, doch López-Cuervo II lehnte ab mit der Begründung, er befinde sich im Dienst – also musste ich es trinken.
»Na schön«, sagte Flor entschlossen, »Sie glauben also tatsächlich, dass der Mörder ein befreundetes Paar umbringt und dann sein Töchterchen adoptiert?«
»Tut mir leid für Sie, Señora Flor, aber solange nicht das Gegenteil bewiesen ist, bleibt Ihr Mann unser Hauptverdächtiger.«
»Wenn Samu etwas damit zu tun hätte, wären Sie schon längst dahintergekommen.«
López-Cuervo II hörte die Hunde bellend an der Tür zum Patio kratzen, und dorthin lenkte er seine Schritte. Nachdem er die dünne Gardine vor dem Fenster am Ende des Flurs beiseitegeschoben hatte, fragte er: »Warum haben Sie so viele Hunde?«
»Weil ich sie mag«, beeilte Flor sich zu sagen.
Ich warf einen Blick aus dem Esszimmerfenster. Der Soldat, der draußen mit einem Karabiner über der Schulter wartete, wischte sich die Stirn mit dem Ärmel seines Uniformrocks ab, die typische Geste eines Mannes, der eine solche Hitze nicht gewöhnt war. Ich folgte seinem Blick: Er sah den Schatten eines Aasgeiers an seinem Pferdvorbeihuschen, was ihm nicht geheuer war. Ich öffnete die Tür.
»Vorsicht!«, rief ich ihm zu. »Wenn dich sein Schatten berührt, bringt es dir für die nächsten zehn Jahre Unglück.«
Der junge Soldat starrte mich entsetzt an.
»Es ist das erste Mal, dass ich so einen Vogel sehe.«
»Ach ja? Prächtige Dinger«, sagte ich, nur um etwas zu sagen. »Sie ähneln dem Kondor.«
Darüber redeten wir gerade, als López-Cuervo II, mich kaum eines Blickes würdigend, zur Tür schritt und den Soldaten anherrschte: »Stillgestanden!«
»Jawohl, Señor!«, antwortete er.
»Ich habe Sie mitgenommen, damit Sie mir Rückendeckung geben, und nicht, damit Sie sich sonnen und mit den Leuten plaudern.«
»Jawohl, Señor!«, wiederholte er.
»Und knöpfen Sie sich den Uniformrock zu, Soldat!«
Dann wandte sich López-Cuervo II an mich. »Verfluchter Gauner! Ich kann nur für dich hoffen, dass du nichts damit zu tun hast, denn wenn doch, ist die Einzige, die darunter leiden wird, die Señora Flor.«
»Keine Sorge, mein lieber Cuervo«, gab ich zurück. »Wenn der Mörder mit einem meiner Mädchen ins Bett geht, gebe ich dir Bescheid!«
»Du spielst den Witzbold, aber ich finde das gar nicht komisch. Ich werde dich im Auge behalten. Hast du mich verstanden?«
»Aber sicher«, erwiderte ich.
In dem Moment spiegelte sein Gesicht etwas wider, das ich nur schwer zu deuten wusste. Es war nicht der Satansblick des Vaters, den ich in den Augen des Sohnes erkannte, auch nicht die Herablassung gegenüber dem Soldaten aus der Hauptstadt, sondern etwas weitaus Schrecklicheres. Wofür zum Teufel hielt sich dieser Schnösel! Ich hätte meinem Freund niemals etwas antun können, auch wenn er als Tor geboren wurde und als Narr starb, Benito! Flor bat mich, ihm keine Beachtung zu schenken, er sei ein verwöhntes Bürschchen und so weiter. Aber ich wusste, dass er nicht lockerlassen würde, bis er mir irgendetwas anhängen könnte. Alzamora verbreitete das Gerücht, López-Cuervo II habe Verbrechen aufgeklärt, die seit Jahrzehnten in den Archiven lagen, er habe sie entstaubt, sich ans Werk gemacht und am Ende den Schuldigen überführt. Aber die Leute wussten auch, dass der Sohn des Satans sich gern vor den Frauen brüstete, um sein ödes Leben mit einer geheimnisvollen Aura zu umgeben, oder vielleicht auch auf der Suche nach Anerkennung aus der Hauptstadt.
Ich hätte ganz ruhig sein können, da ich nichts
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