Der mieseste aller Krieger - Roman
verbrochen hatte, doch die Art, wie López-Cuervo II sich verabschiedet hatte, ließ mich manchmal aus dem Schlaf hochschrecken. In solchen Momenten sah ich Petronila mit einem Gegenstand in den Händen zurückkehren, den ich nicht mehr sehen konnte, weil ich die Augen öffnete. Vielleicht kannte López-Cuervo II die Geschichte meinerPetronila und wusste, was mir sein Vater knapp zwanzig Jahre zuvor angetan hatte, oder eine göttliche Erleuchtung von Alzamora hatte ihm verraten, was er hier in Paitanás finden konnte, nämlich den Mann, der in Valparaíso seinen Vater in den Tod geschickt hatte. Womöglich hatte er eins und eins zusammengezählt und vermutete, dass Sofanor und ich etwas über diese Kugel wussten, die dem Dreckskerl die Stirn durchlöchert hatte. Natürlich hatte ich eine Kugel für ihn reserviert, als Rache, aber Sofanor war mir zuvorgekommen. Obwohl der Satan bestimmt gewusst hatte, von wem diese besondere Auszeichnung mitten in die Stirn eigentlich kam … Dieser Dreckskerl hatte sich tatsächlich noch erdreistet, zu behaupten, er habe sich in das Mädchen verliebt und nie beabsichtigt, ihr weh zu tun. Das war das Letzte gewesen, was er gesagt hatte, um Vergebung heischend, jedoch ohne Erfolg. Wie das Leben sich doch im Kreis dreht, Benito. Jahre später betrachtete der Sohn des Satans das Bett, auf dem die Inglesa lag, und untersuchte ihren Hals, um zu sehen, ob jemand sie erwürgt hatte. Sofanor lächelte mit dem Loch in der Stirn beim Anblick dieser unfreiwilligen Ironie des Schicksals. Über ihm zeigte ein Fleck an der Wand an, dass aus wenigen Metern Entfernung auf ihn geschossen worden war, doch sein Revolver, der Jahre zuvor geblitzt hatte wie Kristall, steckte festgehakt an seinem Zeigefinger. Es war derselbe Revolver, aus dem die Kugel stammte, die seinen Vater getötet hatte, derselbe Webley Mark, Kaliber .38, derselbe, Benito, mit dem du als Kind spielen wolltest.
López-Cuervo II, dieser verfluchte Lump, war ganz versessen darauf, mir die Toten anzuhängen. Irgendein Hinweis zu dem, was 1920 in Valparaíso passiert war, muss ihm in die Hände gefallen sein. Und obwohl meine Flor mich beruhigte mit dem Argument, diese Geschichte mit Petronila sei längst in Vergessenheit geraten, hegte ich den Verdacht, dass die Aufdringlichkeit des Satanssohnes bereits ein Fingerzeig auf die begrenzte Zeitspanne unseres Erdendaseins war.
Ich zitterte mehr als die Toten, die unseren Boden erschüttern.
López-Cuervo II hatte die Ergebnisse erhalten und versicherte mir, dass es einen Abdruck meines Daumens auf einer Scherbe der zerbrochenen Vase gebe. Anfangs wusste ich nicht, ob ich ihm glauben sollte oder nicht. Aber mir blieb nichts weiter übrig, als ihn aufs Kommissariat zu begleiten, wo man mich weiter über die Art meiner Beziehung zu dem ermordeten Pärchen verhörte. Meine Polizeiakte aufgeschlagen vor sich auf dem Tisch, eröffnete ein Orang-Utan das Verhör. Zwischen Sofanor und der Inglesa bestand eine Anziehungskraft, die bei einigen von uns Neid erzeugte. Sie brauchten sich die Dinge nicht zu sagen, sondern kommunizierten im Schlaf oder im Wachen über Ultrakurzwellen wie die Satelliten. Doch die elektrische Ladung dieser Wellen war zu stark, weshalb es, so glaube ich, zu Kurzschlüssen kam. Die Blicke endeten im Streit, und darin bestand ein gewisses Einvernehmenzwischen beiden, als könnten sie anders nicht leben. All das sagte ich ihm ganz langsam, damit er mich verstand, aber er hörte mir überhaupt nicht zu. Er stellte mir immer wieder die gleiche Frage, um mich zu ermüden, damit ich gestand, dass ich mich durch das Fenster ins Chanchoquín eingeschlichen und Sofanor und die Inglesa getötet hätte, um ihnen das Geld und den Schmuck ihres letzten Einbruchs zu stehlen. Er war bemüht, Widersprüche in meiner Aussage aufzudecken, die kleinste Ungereimtheit reichte. Anschließend stellte López-Cuervo II mir erneut die Frage, was ich an dem Tag gemacht hätte, wo ich gewesen sei, ob ich ein Alibi vorweisen könne.
Noch in der Woche des Verhörs, ich weiß nicht mehr, ob morgens oder abends, rannte die Ojerosa aufs Polizeirevier, um mit López-Cuervo II zu sprechen. Mit vor Entsetzen bleichem Gesicht und zerflossenem Make-up, das ihr bis über den Hals rann, flehte sie ihn an, sofort zur Kirche zu kommen. Gott Alzamora habe einen wichtigen Hinweis für seine Ermittlungen. Er versichere, die Lorenzona sei am Abend zuvor in der Kirche gewesen und habe ihn dort festgehalten, oder so
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