Der mieseste Liebhaber der Welt
mehr sicher, aber es stammt sicher aus ›Sex and the City‹. Fremdgehen sei nur dann Betrug, wenn man
erwischt wird. Ansonsten sei es einfach nur ein bisschen Sex ohne Tiefe und Bedeutung. Okay, ich weiß, was Sie sagen wollen:
Eine Diskussion über Ethik und Moral mit Argumenten aus ›Sex and the City‹ führen zu wollen, hat wenig Aussicht auf Erfolg.
Falsch sind sie deshalb noch lange nicht.
***
Rückblende, Februar 1990
Der erste Sündenfall
»Sie hat wirklich Strapse getragen?«
»Wenn ich’s doch sage. Bis dahin fürchtete ich, ich dürfte im Zimmer nicht mal das Licht anknipsen. Und dann trägt sie tatsächlich
Schlampenstrümpfe.«
»Das hat dich
richtig
angemacht, oder?«
Svenja bedachte mich mit einem Blick, der mal ein Lügendetektorwerden wollte, wenn er groß war. Sie recherchierte gerade ein paar Neuigkeiten über ihren Lebensgefährten. Ich hielt es für
besser, zu mauern und so zu tun, als konzentrierte ich mich auf den Verkehr. Ich wandelte hier auf ziemlich dünnem Eis. Svenja
hatte meinen kleinen Vorfall auf der Berlinale bis jetzt mit bemerkenswerter Ruhe weggesteckt. Sie war immerhin neun Stunden
bei Nieselregen auf überfüllten Autobahnen von München nach Berlin gefahren, um mich am Tatort abzuholen, weil ich nicht mal
mehr meine Hotelrechnung bezahlen konnte. Möglicherweise lauerte aber da hinter Svenjas leicht ungläubiger, aber auch latent
amüsierter Fassade ein wildes Tier, das mich gnadenlos zerfleischen würde, wenn der richtige Moment gekommen war.
Okay, ich war das Opfer eines
Beischlafdiebstahls
geworden. Die schlechte Nachricht: Ich hatte mich in eine ziemlich unangenehme Situation gebracht – mal wieder. Die gute Nachricht:
So eine Anekdote bietet in den kleinen unanständigen Details einen ziemlich hohen Unterhaltungswert, und wenn sie einem unserer
Freunde widerfahren wäre, dann hätten Svenja und ich uns gemeinsam vor Vergnügen auf die Schenkel geklopft. Ich meine, so
etwas passiert doch sonst bloß armen Trotteln in ›Aktenzeichen XY‹. Ich konnte froh sein, dass Svenja den komödiantischen
Aspekt der ganzen Geschichte nicht aus den Augen verlor und mich nicht gleich mit der Schubkarre aus der Wohnung schaffte,
um mich auf den Kontaktseiten eines Stadtmagazins wieder abzuladen.
Ich teilte meiner Redaktion mit, dass ich krank sei und dringend nach Hause müsse, ins Bett. Die Berlinale konnte mich mal.
(Die Reisekostenabrechnung mit den Reinigungskosten für den Teppich würde ich in ein paar Wochen diskutieren, für so etwas
fehlte mir momentan der Elan.)
Die Rückfahrt verlief recht eintönig. Ich wurde von üblen Kopfschmerzen gemartert, aber natürlich fuhr ich den ganzen Weg.
Das war ja wohl das Mindeste. Svenja schliefentweder oder verhörte mich. Sie interessierte sich für jedesschmutzige Detail meines Abenteuers, immer wieder schüttelte
sie den Kopf. Ihre Frage
Wie kann man nur so blöd sein?
entwickelte sich zum Zentrum unserer Unterhaltung. Knapp gefolgt von: »Was hat dich denn auf die Idee gebracht, dass diese
Trophäe einen Typen wie dich an einer armseligen Hotelbar aufgabelt?« Ich hatte da schon ein paar Vermutungen, aber ich hielt
es auch in diesem Punkt für besser, meinen Mund zu halten. Ein
Typ wie ich
mag ja hin und wieder ein wenig begriffsstutzig sein, aber er erkennt eine Fangfrage seiner Lebensgefährtin, wenn er sie hört.
»Hast du wenigstens die Kreditkarten sperren lassen?«
»Sag mal, für wie blöd hältst du mich denn?«, brauste ich unvorsichtigerweise auf.
Daraufhin schaute sie mich nur grinsend an.
Stimmte auch wieder.
Irgendwann kurz vor München sprach Svenja ihr Urteil. Schuldig im Sinne der Anklage, aber ich blieb auf Bewährung draußen.
Beziehungsweise drinnen. In der Beziehung und in der gemeinsamen Wohnung. Milbertshofen blieb mir vorerst erspart.
»Diese Frau hat dich ja schon genug bluten lassen.«
Komischerweise hatten wir danach den besten Sex seit Monaten. Zudem charmierte ich meine Lebensgefährtin in den nächsten Wochen,
als ob der verdammte Valentinstag niemals enden würde, nur um sicherzugehen. Hin und wieder kam es zwar zu kleinen irritierenden
Momenten, in denen sich ein gewisses Misstrauen in unsere täglichen Abläufe schlich, doch das hatten wir im Griff. Im Sommer
schien wieder alles beim Alten zwischen uns. Zu meinem Geburtstag schenkte mir Svenja ein paar Strapse (die
sie
trug!). Mit meinem Ständer hätte ich einen Backstein zerbröseln
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