Der mieseste Liebhaber der Welt
beruflichen Gründen, und tja, ich falle dann gleich mal mit der Tür ins Haus, wie man so schön sagt. Ist es
unter Umständen möglich, dass ich Sie vor rund zwanzig Jahren mal in Hamburg kennengelernt habe, als Imogen allerdings, in
einem Massagesalon mit dem Namen ›Smooth Operator‹?«
Pause.
»Was wollen Sie? Wollen Sie mich erpressen? Wollen Sie Geld?«
»Frau Kreutz, nein, NEIN, das verstehen Sie völlig falsch. Es geht um ein Buchprojekt, um ein paar … äh … harmlose Fragen.«
»Hören Sie, Herr … ach, es ist mir egal, wer Sie sind und wie Sie heißen. Hören Sie mir gut zu: Mein Name ist Monika Kreutz, ich bin 38 Jahre alt und führe ein Reisebüro in Delmenhorst, das sich auf Kreuzfahrten spezialisiert hat. Das Geschäft läuft nicht schlecht,
ich habe vier Angestellte und denke darüber nach, demnächst hier auch auszubilden. Meine drei Kinder heißen Kathi, Lea und
Boris und sie gehenalle noch zur Schule. Alles, was mich interessiert, ist meine Familie und mein Geschäft. In Hamburg war ich seit über fünfzehn
Jahren nicht mehr. Niemand aus meinem Leben weiß, dass ich überhaupt einmal zwei Jahre dort gewohnt habe. Und das soll auch
so bleiben. Rufen Sie bitte nie wieder an. Viel Glück für Ihr Buch.«
Klick
Svenja Stiltfang, München
»Hey, Svenja, ich bin’s, Markus. Auch bekannt als der
mieseste Liebhaber der Welt
.«
Lachen.
»Markus. Wurde auch wirklich Zeit, dass du den Schmollwinkel wieder verlässt. Schön, von dir zu hören.«
»Ich bin noch nicht sicher, ob es wirklich so schön ist, von
dir
zu hören. Was zum Teufel hast du dir dabei gedacht, mich im Fernsehen so bloßzustellen?«
»So konntest du das Prinzip Erniedrigung auch mal aus einer ganz neuen Perspektive kennenlernen. Als Opfer!«
»Ach, darum ging es dir, um Rache!«
»Und wenn schon: Fällig war das längst!«
»Okay, selbst wenn du Recht hast – musste es gleich in einer Livesendung sein, vor der Weltöffentlichkeit?«
»Ach, jetzt sei nicht so eine Pussy. Du warst ja auch nie zimperlich.«
»Aber ich habe nicht gleich deine berufliche Grundlage vernichtet!«
»Markus, jetzt mach aber mal halblang. Deine Karriere beruht doch nicht darauf, ob du ein guter Liebhaber bist. Du arbeitest
doch nicht als Gigolo, soviel ich weiß.«
»Aber ich lebe davon, dass die Leute mir glauben! Sie vertrauen darauf, dass ich
weiß
, was einen guten Liebhaber ausmacht. Ohne dieses Vertrauen kann ich mit meinenBüchern den Kamin füttern. Schließlich salbe ich doch die Selbstzweifel meiner Leser mit meinen Weisheiten, da ist es kontraproduktiv,
wenn die glaubwürdigste Referenz in meinem Vorleben behauptet, ich sei eine jämmerliche Bettwurst.«
»An die Weisheiten glaubst du doch selbst nicht.«
»So kann man das nicht sagen. Ein paar allgemeingültige Regeln gibt es sehr wohl.«
»Die Markus Stiltfang der Welt präsentiert.«
»Nein, die Marcus Perry auf konsumierbare Weise verdichtet.«
»Den Herrn kenne ich nicht!«
»Das weiß ich wohl, aber in der Talkshow hast du da keinen Unterschied gemacht: Du hast Markus Stiltfang mit Marcus Perry
über einen Kamm geschoren.«
»Und das war schlecht?«
»Das war fahrlässig und falsch. Es kommt gar nicht darauf an, ob ich als Privatperson unter Umständen ein durchschnittlicher
Liebhaber gewesen bin …«
»Ein mieser …«
»Gut, einigen wir uns darauf, dass du den Eindruck hattest, dass in unserer Ehe noch ein wenig Luft nach oben war.«
»Für einen Schreiber bist du ziemlich unpräzise, mein Lieber. Unsere Ehe bestand aus der jämmerlichsten Hochzeitsnacht der
Welt, und dann war sie zu Ende.«
»Okay, aber du weißt schon, was ich meine.«
»Ich fürchte, das weiß ich wirklich.«
»Ich schreibe jetzt wieder ein Buch.«
»Aha. Worum geht’s? Frauenflüsterer II – jetzt noch besser im Bett?«
»Nein, das hast du mir ja versaut.«
»Tut mir leid. Ernsthaft, Markus: Ich hatte das nicht geplant. Ich weiß auch nicht, was mich da vor der Kamera geritten hat.
Ich hielt es nur für eine lustige Bemerkung, ichdachte, das ist im nächsten Moment schon wieder versendet. Ich konnte nicht ahnen, dass sich alle deutschen Zeitungen darauf
stürzen.«
»Schon okay. Mit ein wenig Glück hast du meine Karriere als Autor nicht völlig zerstört.«
»Es tut mir
wirklich
leid. Vielleicht kann ich ja eine Erklärung im Fernsehen verlesen. Ich könnte behaupten, dass du der beste Liebhaber gewesen
bist, der je mit seinem
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