Der Millionär und die Nanny
ist offensichtlich. Du bist hier! Und du hast mir gesagt, dass du alles tun wirst, um das Sorgerecht für Marie zu behalten. Warum solltest du das tun, wenn du nicht ein weiches Herz hättest?“
„Das ist einfach nicht wahr!“
„Oh doch, Mr. Mason. Hast du nicht deine Nichte aufgenommen, als sie ganz allein auf der Welt stand? Hast du nicht all deine Geschäftstermine verschoben, um mit ihr hier Zeit verbringen zu können? Hast du nicht einen streunenden Hund aufgenommen, an den Marie bereits ihr Herz gehängt hatte? Hast du nicht dein Haus kind- und hundegerecht gestalten lassen, damit die beiden sich wohlfühlen? Wenn das nicht für ein weiches Herz spricht! Gibt es irgendetwas, das du für Marie nicht tun würdest?“
„Nein.“ Das war die Gelegenheit, auf das eigentliche Thema zu sprechen zu kommen. Ernst sah Jack Annalise an. „Und wie ist es mit dir ? Gibt es irgendetwas, das du für Marie nicht tun würdest?“
Annalise runzelte die Stirn. „Warum fragst du das?“
„Irgendwann werde ich dich um etwas bitten müssen, das für meine Nichte sehr hilfreich sein kann. Ich frage mich, ob du mir diese Bitte wohl erfüllen wirst.“
„Das kann ich dir jetzt schon sagen“, antwortete sie ohne Zögern. „Auch ich würde alles für Marie tun.“
„Das höre ich gern.“ Zufrieden beugte er sich vor. „Und nur damit du es weißt“, er konnte nicht anders, er musste ihren Mund kurz mit den Lippen berühren, „ich werde dich an dieses Versprechen erinnern, wenn es so weit ist.“
Die restlichen Ferientage in dem Bungalow am Strand waren einfach traumhaft schön. Wie Jack bereits vorhergesehen hatte, verdrückte Madam eine ungeheure Menge Futter. Allerdings waren auch schon nach einigen Tagen die Rippen nicht mehr unter dem kurzen Fell zu erkennen. Was auch damit zu tun haben konnte, wie Jack insgeheim argwöhnte, dass Annalise und Marie ihr immer wieder heimlich etwas zusteckten.
Die Tage gingen viel zu schnell vorbei. Noch nie hatte Jack sich so heiter und entspannt gefühlt, und auch Marie war gelöst und lachte viel, wenn sie sich auch immer noch weigerte zu sprechen. Annalise und Madam waren die besten „Mütter“, die man sich vorstellen konnte.
Doch Jack fühlte sich durchaus mit einbezogen. Ebenso viel Zeit wie mit Annalise oder Madam verbrachte Marie mit ihm, meist wenn er auf dem Sofa oder in einem Sessel saß. Dann kuschelte sie sich auf seinen Schoß und schmiegte sich in seine Arme. Das tat nicht nur ihr, sondern auch ihm gut. Dennoch spürte er, dass Marie tief in ihrem Herzen immer noch trauerte, und er hatte keine Ahnung, wie er ihr dabei helfen könnte, diese Trauer zu bewältigen. Wie um ihn zu trösten, kam Madam dann und legte ihren großen Kopf auf Jacks Knie. Lächelnd betrachtete Annalise dieses Idyll, und wenn Jack sie so lächeln sah, sehnte er sich noch mehr nach einer richtigen Familie.
Doch der wahre Durchbruch kam eines Morgens, kurz bevor sie abreisen mussten. Die Sonne war noch kaum aufgegangen, als Jacks Schlafzimmertür heftig aufgestoßen wurde und Marie mitsamt Hund, Puppe und einem großen Bilderbuch auf Jacks Bett kletterte und sich an ihn schmiegte.
„Aber Häschen“, murmelte er schlaftrunken, „was ist denn los?“
Eifrig schob sie ihm das Buch in die Hände und nickte auffordernd, während Madam den großen Kopf auf das zweite Kopfkissen legte und sofort wieder einschlief.
„Ich soll dir das vorlesen?“
Wieder nickte sie und legte ihm den Kopf auf die Brust, sodass ihn die hellen Löckchen kitzelten. Da erinnerte er sich plötzlich … „Du meinst, heute ist der Tag fürs Familienbett?“
Sie strahlte ihn an und zeigte wieder auf das Buch. Er schlug es auf, doch dann hörte er, wie Annalise in Richtung von Maries Zimmer ging.
„Marie? Madam? Wo seid ihr?“
„Hier!“, rief Jack. „Wir sind alle hier!“
Kurz danach erschien sie in der Tür und starrte verblüfft auf das Bild, das sich ihr bot. „Hier seid ihr. Was, um Himmels willen …?“
„Heute ist Familienbett-Tag“, sagte Jack fröhlich.
Fragend sah sie ihn an. „Familienbett-Tag? Was ist das?“
Das kannte sie nicht? Hatte es das in ihrer Familie nicht gegeben? Dass Eltern und Kinder sich in einem großen Bett zusammenkuschelten? Das hatte selbst er einen Sommer lang erleben dürfen. „Jeden Sonntagmorgen haben meine Mutter, mein Stiefvater und Joanna mehrere Stunden in dem großen Ehebett mit Kaffee und Saft, mit Büchern und Zeitschriften verbracht.“ Er warf einen
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