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Der Minnesaenger

Titel: Der Minnesaenger Kostenlos Bücher Online Lesen
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die Reise im Trab fort. Der Sohn gab einen kläglichen Laut von sich; Tränen standen ihm in den Augen. Offenbar hatte ihn der wilde Ritt geängstigt. Dankwart bemühte sich, Ruhe zu bewahren. Den Umgang mit Kindern war er nicht gewohnt. Er reichte Hartmann die Zügel. »Willst du sie halten?«
    »Darf ich?«
    »Nur zu.«
    Im Laufe des Tages drangen sie tief in den Schwarzwald vor. Während der Schatten der Bäume einmal um die eigene Achse wanderte, sahen sie nicht eine einzige menschliche Behausung. Trotzdem blieb Dankwart wachsam und achtete besonders auf das plötzliche Auffliegen von Vögeln.
    Für eine Horde Gesetzloser war ein einzelner Mann eine leichte Beute. Wenn es zum Kampf käme, müsste ihm zumindest genügend Zeit bleiben, um das Schwert zu ziehen. Dann würde sich zeigen, ob die Wegelagerer mit ihren Knüppeln gegen ihn bestehen konnten.
    Bevor die Dunkelheit einbrach, entdeckte Dankwart eine geeignete Lagerstätte: Hinter vereinzelt aufragenden Felsen könnten sie ein Feuer entzünden und der Gebirgsbach würde genügend Trinkwasser liefern.
    »Wo ist Mutter?«, fragte Hartmann und lief aufgekratzt an dem kleinen Strand umher.

    Dankwart antwortete nicht, sondern trug dem Sohn auf, trockenes Strauchwerk zu sammeln, das ihnen als Zunder dienen sollte. Er selbst schnürte mit einem Lederriemen seinen Dolch an einen Ast und sprang über die Wasserkante auf Felsgestein, das durch den Abrieb eine glatte Form angenommen hatte. Das Wasser war klar und die Sonne spendete noch genügend Licht, um die Forellen über dem kiesigen Grund zu erkennen...
     
    Der gegrillte Fisch und Haferbrot hatten beide gesättigt. Als der Mond über die Baumwipfel stieg, mischte sich in das leise Rauschen der Blätter ein röchelnder Ruf. Der Sohn drängte sich an ihn.
    »Was ist das?«
    »Das ist der Ruf der Schleiereule«, erwiderte Dankwart. »Manche Menschen behaupten, dass sie den Tod ankündigt, aber solche Geschichten darfst du nicht glauben. Die meisten Leute fürchten sich vor allem, was sie nicht verstehen...« Dankwart unterrichtete Hartmann, wodurch sich die Schleiereule vom Waldkauz unterschied, aber die Aufmerksamkeit des Jungen ließ schnell nach und bald schlief er erschöpft von der langen Reise ein.
    Dankwart wachte über seinem Sohn und starrte in das dunkle Gebüsch. Sonderbare Gedanken suchten ihn in letzter Zeit heim, die nichts mit August dem Älteren oder den Amtsgeschäften zu tun hatten. Sie erschienen ihm so traurig, als stammten sie nicht von ihm, sondern von einem Fremden. Eigentlich wollte er nicht ergründen, welcher Kammer seines Herzens sie entsprangen, aber er spürte auch so, dass sie mit Agnes zusammenhingen.
    Die Heilkräuterkunde und Krankenpflege nahmen sie
immer mehr in Anspruch. Eigentlich freute ihn ihr selbstloser Einsatz, aber seit Monaten wies sie seine Annäherungen zurück. Er wusste einfach nicht, wie er ihr begreiflich machen konnte, dass er ihre Nähe brauchte, um die Kluft zu überbrücken, die sich zwischen ihm und dem Rest der Welt immer weiter auftat. Wenn sie sich ihm hingab, fühlte er sich für Augenblicke beschützt vor den schrecklichen Erinnerungen an die Gefangenschaft, vor der unfassbaren Rohheit der Soldaten, vor der entnervenden Banalität der Hörigen und vor den hinterhältigen Intrigen am Hof. Ihre lebendige Wärme zu spüren, erlöste ihn von dem Druck, der schon so viele Jahre auf seinen Schultern lastete...
     
    Im Morgendunst erreichten sie den Bergkamm und ritten der aufgehenden Sonne entgegen. Ein Falke kreiste über ihnen und ließ ein Krächzen verlauten. Der felsige Grund ging in Geröll über. Um nicht über den Klippenrand zu stürzen, setzten sie den Weg zu Fuß fort. Irgendwann ging Dankwart in die Knie und griff dem Jungen um die Taille. »Sieh dort«, sagte er und deutete ins Tal, »wo der Rauch aufsteigt, liegt die Abtei Sankt Georgen. Und dort, wo alles gelb ist, haben die Mönche Waldland gerodet und Getreide angebaut.«
    »Ja-ha«, erklärte der Knabe und wischte sich den Rotz von der Nase, »aber Aue ist viel schöner!«
    Nachdem sie das Klostertor erreicht hatten, schlug Dankwart mit der Faust gegen das Holz. »Der Abt erwartet uns«, rief er. »Ich bringe meinen Sohn Hartmann.«
    Eine kleine Luke öffnete sich. Der alte Pförtner betrachtete die Ankömmlinge, dann entriegelte er das Tor und die Flügel schwangen auf.

    Dankwart führte das Pferd ins Innere und blickte auf die Gebäude, die durch eine Mauer von der Klausur, dem

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