Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Der Minnesaenger

Titel: Der Minnesaenger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: authors_sort
Vom Netzwerk:
Überzeugung: »Das ist nicht möglich. Jedenfalls nicht hier bei uns!« Ein befreundeter Bauer klopfte ihm beifällig auf die Schulter.
    »Woher willst du das wissen?«, rief der Knecht. »Warum sollte es bei uns anders sein?«
    Eine Weile ging es lebhaft hin und her, bis sich persönliche Gefühle in eine Erörterung mischten, die dringend der Sachlichkeit bedurfte. Eine Magd nannte den Knecht einen »Unruhestifter«, woraufhin sie von dem Knecht als »Wechselbalg« beschimpft wurde, was wiederum einen Bauern erzürnte, der ein Auge auf sie geworfen hatte...
    Dankwart verschränkte die Arme vor der Brust. Zwar glaubte er nicht, dass nur Edelleute klug waren. Trotzdem ging es den Hörigen tagein und tagaus nur darum, ihre Grundbedürfnisse zu befriedigen. Ihr Denken verlief daher zwangsläufig in engen Bahnen, über die nur wenige hinausschauen konnten. »Ruhe, verdammt nochmal! Seid ihr von allen guten Geistern verlassen?«
    Einige Bauern waren bereits aufgestanden, um schlagkräftige Argumente vorzubringen. Die Augen ihrer Weiber flackerten unstet. Ganz hinten fiel Dankwart der freie Bauer auf, der in einer schattigen Ecke stand. »Was ist mit dir, August? Kannst du uns einen Hinweis geben?«

16.
    Der freie Bauer hatte auf diesen Moment nur gewartet. Er zog die Lederkappe vom Schädel und sagte: »Herr, der Pfaffe erteilte meinen Eltern den kirchlichen Segen. Mich taufte er mit geweihtem Wasser. Und erst vor kurzem wies er meinem Vater die letzte Ruhestätte zu. Sein Wohlergehen liegt mir sehr am Herzen, und es täte mir in der Seele weh, wenn ihm etwas zugestoßen wäre. Er ist so ein guter Prediger. Leider kann ich Euch nicht weiterhelfen.«
    August beobachtete, wie sich der Dorfschulze wieder den anderen Bauern zuwandte. Offenbar hatte Dankwart ihm geglaubt. Warum hatte er seinen Worten auch misstrauen sollen? An jenem Ostersonntag war er sehr vorsichtig gewesen. Niemand hatte ihn gesehen, niemand ahnte auch nur, was bei der Bärenhöhle geschehen war. Nur er erinnerte sich noch ganz genau.
     
    Klatschnass hatte er dagestanden und gefragt: »Was machst du hier?«
    Der liederliche Pfaffe hatte über dem Loch gehockt und erwidert: »Das siehst du doch!«
    »Um zu scheißen, läufst du durch das Unwetter?«
    »Aber ja, wenn ich es dir doch sage.«
    August hatte zur Eiche geblickt, wo das braune Säckel im Gras gelegen hatte. Es hatte ihn sehr geärgert, mit welcher Frechheit ihm der Pfaffe ins Gesicht gelogen hatte. »Und die unbefleckten Spenden für die Kranken in Jerusalem nimmst du mit?«
    »Damit sie während meiner Abwesenheit nicht gestohlen werden!«

    »Nie um eine Ausrede verlegen, was?« Er war näher getreten und hatte das Schwert aus der Scheide gezogen. Über Lampert war er stehen geblieben und hatte auf ihn heruntergeblickt. »Ich hab dich schon oft beobachtet. Letztes Ostern bin ich dir gefolgt und auch zu Weihnachten.«
    »Nenn mich Vater - so wie es sich als Anrede für einen Mann Gottes geziemt!«
    Am Anfang hatte er dem Pfaffen nur etwas Angst einjagen wollen - und wenn Lampert nicht so frech gewesen wäre, hätte er ihn bestimmt davonkommen lassen -, aber so war er immer zorniger geworden. »Wie konnte ich das nur vergessen - VATER!«, hatte er gezischt und dem Prediger mit voller Wucht in den Rücken getreten. »Grab weiter und lüg mich bloß nicht mehr an!«
    »Grab doch selbst!«, hatte der Pfaffe trotzig erwidert.
    Da hatte August die Kontrolle über sich verloren und die Schwertspitze quer über Lamperts Brust gezogen. Die faltige Haut war sofort aufgelappt und ein Blutschwall hatte sich über den Bauch ergossen. August hatte auf die Wunde gestarrt und der Prediger hatte ihn angestarrt. Lampert war mühsam vom Loch gekrochen und hatte angefangen, mit den Händen zu graben, dann mit den Armen. »Bitte«, hatte er dabei gefleht, »lass uns teilen. In dem Kästchen ist genug Geld für uns beide.«
    August hatte den schmalen Hals und die straffen Sehnen am Nacken betrachtet. Er hatte auf das Rückgrat, den höckerigen Steiß und die dunkle Furche des Anus gestarrt. Ein so gewaltiges Machtgefühl hatte er noch nie erlebt und ihm war ganz schwindelig geworden. Mit der Schwertspitze hatte er über die Lenden des Pfaffen gestrichen.
An der Drucklinie war die Haut ganz weiß geworden, während sich das umliegende Fleisch rosig gefärbt hatte. Er hatte selber nicht gewusst, was er eigentlich vorhatte, als er das Schwert ein Stück in die Luft geworfen hatte und es mit beiden Händen am Griff

Weitere Kostenlose Bücher