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Der Minus-Mann

Der Minus-Mann

Titel: Der Minus-Mann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz Sobota
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man sich verlassen.
    »Du bist lieb«, sagt sie, und ich säge mit den Zähnen an ihren Nippeln, die groß sind wie Zigarrenkippen.
    »Du gehst auf der Mariahilferstraße, klar«, sage ich, »wo ist dein Alter?«
    Sie gibt mir eine Adresse im zehnten Bezirk, in der Streudelgasse.
    »Ist er allein?« sage ich.
    »Nein, sein Bruder wohnt dort«, sagt sie.
    Ich ziehe mich an. Sie gibt mir Geld aus der Handtasche, schaut mich von unten her an. Sie ist eine Hure, die es versucht … wahrscheinlich denkt sie sich nichts dabei … da sind noch Scheine … aber darauf komme ich später zurück.
    »Ich bin um zwei Uhr im ›Goal‹«, sage ich.
    Ich fahre den Gürtel entlang, die Landgutgasse, die Gudrunstraße und biege dann in die Steudelgasse ein. Drei Häuser vor der Nummer halte ich an. Die Wohnung ist ebenerdig. Durch die Fenster ist nichts zu erkennen. Dichte Vorhänge versperren den Blick in die Räume. Ein schneidender Wind bläst über den Berg herunter. Ein vermummter Mann geht vorüber. Ich gehe durch das Haustor, den Gang, zur Wohnung. Ich klopfe gegen die Tür. Ein Mann öffnet. Es ist ein Unbekannter.
    »Ist der Kurtl da«, sage ich nett.
    »Er ist weggegangen. Ich weiß nicht, wann er kommt«, sagt der Mann. Ich drehe mich weg und gehe. Von einer Telefonzelle rufe ich nochmals Jancsi an.
    »Weißt du, wo er hingeht … in welche Lokale«, sage ich.
    »Warte«, sagt er. Der Hörer wird abgelegt, dann, »schau ins Effenberger«.
    Ich fahre denselben Weg zurück. Dann gehe ich in das Cafe an der Gürtelecke. Schmierige Luft, puppengesichtige, weißblonde Huren an zwei Tischen. Langweile, niemand ist zu sehen. Ich nehme eine Zeitung, trinke Kaffee, eine trübe Brühe, und lese.
    Die Nutten spielen Rummy und bohren in der Nase. Die Zeit spiegelt auf den glatten Tisch. Ich bin eben beim Zahlen, als er kommt. Er lacht und kommt zum Tisch. Wir haben uns lange nicht gesehen. Er freut sich.
    »Was treibst du, man hört manchmal etwas, aber sehen tut man dich nie«, sagt er und will mich einladen.
    »Hör zu! Wir haben ein Problem, deine Alte«, sage ich.
    Ich habe das Messer im linken Jackenärmel und die Hände gegeneinander vor mir auf dem Tisch.
    Er hebt erstaunt die Brauen.
    »Meine Alte, was ist mir ihr«, sagt er.
    »Paß auf, wir kennen uns schon lange. Ich war heute mit deiner Alten ficken, sie will weg von dir … sie will bei mir bleiben«, sage ich langsam. Seine Augen sind kalt und glatt. Die Muskeln an seinen Wangen tanzen.
    »Und du«, sagt er zögernd.
    »Ich will sie auch«, sage ich und schiebe meinen Sessel unmerklich zurück.
    »Des gibt an Köch«, sagt er im Slang. Er redet, also …
    »Ich habe ein Auto da … wir können uns irgendwo weiter unterhalten«, sage ich.
    Er nickt, steht auf. Ich gehe hinter ihm. Ein Schritt hinter der Tür kommt der Angriff. Ich habe ihn in der Tür erwartet. Er dreht sich blitzartig, aber er sticht daneben. Mit der rechten Hand hat er die Zigaretten eingesteckt, er konnte sich nur über links drehen. Ich habe einen Schritt nach rechts gemacht. Mein Tritt erwischt ihn an der Brust. Er fällt. Ich trete gegen seine Hand, das Messer klirrt gegen die Hausmauer. Ich hebe es auf und stecke es ein. Dann zerre ich ihn an der Schulter zum Auto. Er sitzt verkrümmt neben mir und würgt keuchend. Wenige hundert Meter danach, in einem kleinen Park an der Goldschlagstraße, halte ich an. Das Messer, meines, halte ich in der Hand. Er ist mit Atemholen beschäftigt. Ich fahre weiter.
    »Warum host net odruckt«, sagt er später.
    »Wozu«, sage ich.
    Der Tritt genau unter das Brustbein hat ihn angeknackst.
    Ich halte an.
    »Da vorne ist ein Bauplatz. Da können wir uns weiter unterhalten. Steig aus«, sage ich und ziehe den Schlüssel aus dem Zündschloß. Wir sinken beide bis über die Knöchel in den Schnee. Er ist kleiner als ich, gedrungen, mit schaufelartigen Händen. Er steht unschlüssig, dann zieht er den Mantel aus, wirft ihn in den Schnee. Mein Mantel liegt im Auto.
    »Du bist ein Scheißhund«, sagt er und wartet. Er ist schnell. Ich schlage in seine Deckung und bekomme den Konter aufs Auge. Auf dem weichen, rutschigen Untergrund hat Treten wenig Sinn. Wir prügeln uns eine Weile, ohne daß einer den anderen richtig trifft. Dann rutsche ich aus, und er erwischt mich mit einem Tritt am Ohr. Die weiße Fläche beginnt zu schwanken. Ich kann mich aufrichten. Er keucht, ebenso ich, und schlägt zu. Von weit her geholt. Ich erwische ihn am Hals. Er fällt auf die Knie. Ich

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