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Der Minus-Mann

Der Minus-Mann

Titel: Der Minus-Mann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz Sobota
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Strafvollzuges im Haus, fragt mich: »Wissen Sie nicht, daß der Besitz eines Radios verboten ist?«
    Wenn sie einem schon jeden harmlosen Dreck wegnehmen, warum fragen sie dann noch idiotisch … erwartet der Mann, daß ich nein sage … ja, er erwartet es und außerdem vielleicht noch, daß ich sage es tut mir leid, daß ich gegen ein Verbot verstoßen habe. ›Du fettgefressener Goldbonze, du kannst mich am Arsch lecken‹, müßte ich sagen … aber nein, ich halte die Schnauze, denn ich will ja Hausarbeiter bleiben und in die dritte Strafklasse kommen, also … ›gib schon her deine Strafe‹.
    »Drei Tage Einzelhaft, zwei Fasttage, zwei harte Lager«, sagt der Goldene.
    Der Wachinspektor neben ihm nickt gravitätisch.
    »Und seien Sie froh, daß wir keine Anzeige machen wegen Schwarzhörens, Sie wissen«, sagt der Major.
    »Morgen sind Sie dran, gleich vor dem Frühstück«, sagt der Wachinspektor.
    Ich übergebe meine Romangeschäfte einem Kumpel. Abends rolle ich mir Tabak und Papier und Streichholzköpfe in Nylon. Mit einer Zündholzflamme verschweiße ich das Nylon.
    Am Morgen stecke ich mir das Zeug in den Arsch, dann packe ich meine Sachen und gehe in den Keller. Die Rolle im Darm ist verdammt unangenehm und drückt. Der Korrektionsbeamte wartet schon.
    »Ausziehen, gemma«, sagt er. Sein Gesicht ist faltig wie ein hundertjähriger Lederapfel, stechende Augen wieseln darin. Ich steige aus den Kleidern. Der Hausarbeiter bringt mir andere. Die stinken und sind verschlissen. Der Beamte kontrolliert meine Achselhöhlen, die Haare. Umdrehen, bücken, Beine auseinander … einen Riesenfurz müßte man ihnen ins Gesicht lassen, wenn sie da herumschnüffeln.
    »Anziehen«, kommandiert der Faltige. Dann sperrt er mich in eine Zelle.
    Hocker, Klomuschel und ein Heizkörper mit drei Rippen sind das Inventar. Nach einer Stunde bekomme ich vierhundert Gramm Brot, das Essen für den ersten Tag. Ich gehe auf und ab, die Gedanken laufen im Kreis. Gegen vier bekomme ich eine Pritsche und drei Decken, das erste harte Lager. Irgendwie vergeht die Nacht. Ich hole die Rolle aus dem Arsch, drehe mir eine Zigarette. Tags darauf. Um sieben holen sie die Pritsche und die Decken. Es gibt schwarzes, lauwarmes Wasser. Gegen neun Uhr Brot. Um zwölf Mittagessen.
    Es ist kalt. Das Essen und der Raum. Mit steifen Gelenken gehe ich auf und ab. Um vier Nachtessen, Pritsche, Strohsack, Leintücher und Decken.
    Der Kerker erdrückt mich, dann vergeht die Nacht.
    Ich rauche drei Gedrehte.
    Um sieben wieder das Übliche.
    »Fasttag heute«, sagt der Beamte. Ich gebe keine Antwort. Er erwartet auch keine.
    Um neun wieder Brot. Um vier Pritsche und Decken. Dazwischen liegen Kreise, tausende Schritte, Haß, Verzweiflung und Gleichgültigkeit.
    Die Pritsche ist aus Fichtenholz. Fichte ist Weichholz … mein Gehirn weiß das, der Körper glaubt es nicht. Wieder drei Gedrehte.
    Der Morgen. Müdes Licht im Kellergang.
    »Auf Ihrer Zelle riecht es nach Rauch«, sagt der Beamte.
    Ich bin umgezogen.
    »Das wird Ihre eigene Zigarette sein«, sage ich und gehe.
    Mit drei Kübeln heißem Wasser schrubbe ich mir den Korrektionsgeruch weg. Dann fühle ich mich besser. Der Zuchthausalltag schluckt mich.
    Einkauf und Besuch, Arbeit und Hof gang, brüllende Beamte und feuchtkalte Tage.
    Seit zweieinhalb Jahren schreibe ich die gleichen Briefe nach Hause. Was sollte ich mitteilen? Diesen zähflüssigen Alltagsdreck beschreiben, was sollte man beschreiben, es gibt keine großen Ereignisse, und wie sehr die unbedeutenden, kleinen Nadelstiche zerstören, in ihrer tödlichen Gesamtheit deprimieren, wie sollten sie das verstehen, also, wie gehabt: Dein Dich liebender Sohn …
    Einige versuchen, sich herauszureißen aus diesem apathischen Dahin treiben. Belegen Fernkurse, Sprach- und andere Lehrgänge. Kaum einer hält durch. Die anderen frotzeln, häkeln, stänkern, und der einzelne resigniert.
    Es gibt kaum Möglichkeiten, in Einzelzellen zu kommen, das Zuchthaus ist überfüllt.
    Einsperren – die Hauptsache. Was hinter den Mauern geschieht, ist euch egal. Ob da nicht eines Tages eine bittere Rechnung präsentiert wird. Die Möglichkeit zu onanieren oder knastschwul zu werden, wird eines nahen Tages nicht mehr ausreichen. Was dann, die Mauern noch höher, die Strafen noch länger? Die Einschnürung noch enger – oder ausweichen in die Möglichkeit der medikamentösen Manipulation?
    An manchen Tagen ist eine allgemeine Aggressivität spürbar, zerbricht aber

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