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Der Minus-Mann

Der Minus-Mann

Titel: Der Minus-Mann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz Sobota
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liegt, das Gesicht zwischen meinen Händen, mit satten, dummen Augen. Ohne Wollen wandern meine Lippen über ihr Gesicht.
    »Bleib da … du, bleib da … bei mir … ich bin ganz allein …«, sagt sie.
    Ich drehe den Kopf tief in die Polster, spüre nur noch viele kleine, flatternde Küsse – »du bleibst da, ja …«, sagt sie, weit weg – ein heller Schacht … ich bin nicht mehr im Gefängnis.
    Ich bin wach, und ihre Hand rutscht von meiner Schulter, liegt haltlos in der Decke. Sie lächelt, und wir frühstücken ohne zu reden, dann waschen, rasieren – stolz bringt sie einen Apparat, Pinsel und Klingen –, sie lehnt beim Fenster, lacht in die Sonne, dann zu mir her.
    »Sag, hast du eigentlich Geld? Wenn man da rauskommt, hat man doch nichts«, sagt sie.
    »Wenig, aber was interessiert das dich?« sage ich.
    »Ach«, sagt sie, »nur so.«
    Ich stehe hinter ihr am Fenster, die Sonne ist warm auf meinen Händen. Ich sollte schon arbeiten. Seit gestern morgen. Ich werde eine Woche später beginnen und sagen, ich hätte noch einiges zu erledigen gehabt. Später auf der Straße hält sie meine Hand. Sie kauft mir Hemden und Jeans und Schuhe.
    »Ich will dir etwas schenken. Ich bin glücklich, laß mich doch!« sagt sie und bleibt vor der Auslage eines Juweliers stehen.
    »Eine Uhr brauchst du auch«, sagt sie und zieht mich in das Geschäft. Mir fehlt eine Uhr nicht, aber meinetwegen.
    Dann essen wir in einem hellen Gasthausgarten. Ich trinke Rotwein, ein Baum prägt Schatten auf ihr Kleid. Autos hupen von der Straße. Es war doch nur ein unmerklicher Schritt bis hier, der Tag ist ein weicher Teppich, jedes Danach ist lebensweit dahinter. Lichtsplitter funkeln am Uhrglas. Der Rotwein spült Schärfen aus dem Bild.
    Später telefoniere ich mit Peter. Was er sagt, »die Helga vom Biedermeier möchte dich unbedingt sehen«, dringt nicht über den Rand.
    »Ja«, sage ich und »vielleicht am Abend«, dann hänge ich ein. Der Wein liegt voll im Mund. Rauch wischt über Farben und Worte. Wir gehen in ein Kino – ›Die Nacht der Generale‹ – Dirnenmorde eines Schizophrenen – Blut unter dem Türspalt. »Liebst du mich?« flüstert das Mädchen, ihr Mund klebt neben meinem Ohr. Die Leiche in Supercinemascope – der General hat die Dirne erstochen, wer sagt das … das Drehbuch … vielleicht hat er, der General, nur gesagt, »ich will dich unter der Achsel oder zwischen den Rippen ficken, ich mache mir meine Votze, wo ich will« … vielleicht war es so … Ob ich dich liebe – nein, du hast mir einen Stein für das Mosaik gegeben, die anderen Steine werde ich suchen, manchen werde ich finden – aber das Bild wird immer unvollständig bleiben. In den vielen Jahren wird der Pinsel zu perfekt, die Beziehung zur Realität fehlt, wenn du ihr dann begegnest, ist es zu wenig – es kann nur eines sein – aber du weißt doch von allem, oder weißt du von gar keinem. Es ist verwirrend … ich kann es nicht festlegen, aber ich liebe sie nicht.
    »Nein, ich liebe dich nicht«, sage ich.
    Tropfen an den Wimpern, sie reibt mit der Hand, dem Taschentuch. Auf der Straße küßt sie meine Wange.
    »Ich warte auf dich. Du weißt ja, wo ich wohne, und du hast mich nicht gefragt, aber ich heiße Manuela«, sagt sie, im Gehen schon. Ich stehe allein mit den Paketen.
    Ich suche in der Tasche nach Zigaretten, da ist ein Geldschein, tausend Schilling, aber in meiner Jacke steckt noch einer, der von Peter.
    Lieb von ihr, Nutten haben ein breites Herz. Morgen werde ich sie wieder besuchen.
    In Hotel Urania nehme ich mir ein Zimmer. Baden, umziehen, dann fahre ich ins Biedermeier oder wie es jetzt heißt ›Cafe Schatz‹. Erna, die gute alte Eule, steht hinter der Bar. Im schmalen Vestibül vor dem Barraum räkeln sich Monika, Mia und Trixi, heißgetakelte Dirnen, die hier tagsüber auf ›Herren‹ warten.
    Die Bar ist leer. Ein Pudel steckt seine feuchte Nase in mein Hosenbein. Der Hund gehört Mia. Er ist ebenso strohdumm wie sie. Manchmal zuckt er und fällt ohne ersichtlichen Grund auf den Rücken.
    »Geh zum Hundepsychiater mit ihm, er hat einen Dachschaden«, sage ich. Sie wird böse, wer ihren Hund beleidigt, kränkt sie persönlich.
    »Wos vastehst du von an Pudl, wias di eindraht hom, hots jo de Rass no goar net gebn«, keift sie zu mir.
    »Auntrentzte, loss mir mit dem Oarschlochhund in Ruah, der muass jo teppat sei, wauna mit dia lebt, dea hot nua net dei primitive Kaunstitutiaun und deswegn hauts eahm umdrerd, begreifst du

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