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Der Minus-Mann

Der Minus-Mann

Titel: Der Minus-Mann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz Sobota
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normal, so etwas läßt du gehen? Do haust eahm net sofurt ane aufn Zylinder … wos is los mit dia … bist kraunk?« Er kann sich nicht beruhigen, daß ich das Mädchen ohne Einwand gehen habe lassen.
    »Des is a wundafraunka Hoos, schau da den Oarsch an, de Goschn, do einipudan, heast, hoi den Hosn her.« Er starrt zu dem Paar hinüber, seine Knöchel klopfen gegen das Thekenholz.
    »Wie lang bist jetzt heraußn«, frage ich.
    »Genauso lang wie du, warum«, sagt er ohne Verständnis.
    Ich rutsche vom Hocker.
    »Scheiß auf das Mädel. Mir ist es zu laut, zu heiß, gehen wir woanders hin«, sage ich und bezahle. Er beachtet mich nicht, geht auf den Tisch zu.
    Er sagt etwas zu dem Jungen. Der schüttelt verwirrt den Kopf. Helmut zieht das Mädchen an der Hand hoch und kommt in Richtung Bar.
    »I hob dem Hülfsoarbeita gsagt, waun er wos wüll, du woartst oben auf eahm.« Sein Gesicht ist schmal und böse. Na schön.
    »In fünf Minuten kommst du mit ihr nach«, sage ich.
    Ich gehe ohne Eile die breite, dann die schmale Treppe hoch. Neben der Garderobe steht ein Kriminalbeamter. Diese Leute haben eigene Ausdünstungen, man riecht sie gegen den Wind, wie Iltisse. Es ist spät, der Graben ist menschenleer. Ich gehe rechts, zum Petersplatz. An der Ecke drehe ich mich um. Der Junge steht vor dem Lokal. Er hat mich gesehen, folgt mir.
    Dann steht er vor mir. Es ist dunkel in der kurzen Gasse. Er fühlt sich im Ring oder ähnlich – linke Faust am Kinn, rechte am Auge, ein Linkshänder. Ein schneller Tritt zwischen die Beine, ein Stöhnen, er krümmt sich nach vorn, ich trete in sein freiliegendes Gesicht, zweimal, er fällt zur Seite.
    Ich ziehe ihn gegen eine Hauseinfahrt, dort lasse ich ihn liegen.
    »Wo ist er? Ist er weggelaufen?« sagt sie. Sie spricht Schriftdeutsch.
    »Nein, er … er ist weggegangen. Wir wollten ja beide keine Prügelei«, sage ich. Helmut winkt einem Taxi.
    »Bei mir gibt’s Kaffee, Wein und gute Musik«, sagt er, »wir fahren zu mir, okay?«
    »Du brauchst keine Angst zu haben, es passiert dir nichts«, sage ich und lege ihr den Arm um die Schultern.
    »Ich müßte nach Hause … ich will nach Hause … bitte«, sie klopft dem Taxifahrer gegen den Rücken, »fahren Sie in die Peter-Jordan-Straße.«
    »Aber …«, sagt er.
    »Schon gut, fahren Sie in die Peter-Jordan-Straße …«, sage ich, und, »steig aus und rufe den Walter an, er soll uns den Wagen bringen«, flüstere ich Helmut rasch ins Ohr.
    Er kneift ein Auge zusammen.
    »Bleib stehen, ich möchte aussteigen … also«, er gibt mir die Hand, »… bis morgen dann.«
    Der Wagen hält, gegenüber ist eine Telefonzelle. Das Mädchen hat die Augen geschlossen, unsere Zungenspitzen reiben zart aneinander.
    »Sie können hier halten«, sage ich.
    »Dort, im vierten Haus an der linken Seite, wohne ich. Meine Eltern werden böse sein, wenn ich so spät komme«, sagt sie, lehnt sich aber eng an mich. Wir schmusen wild, ich habe drei Finger in sie gesteckt. Sie steht gegen eine Wand gelehnt, die Beine weit gespreizt. Wenn diese beiden Arschgesichter bloß bald kommen. Ich habe nicht auf die Uhr gesehen, aber es ist einige Zeit vergangen. Dann schießt ein Auto den Berg herauf. Ich ziehe den Kopf des Mädchens gegen meine Brust – ein Lichtzeichen. Ich ziehe die Hand aus ihrer Fut, drehe sie von der Wand weg und lege ihr die andere Hand von rückwärts gegen den Mund. Der Wagen hält, die Türen fliegen auf. Ich trete sie in die Kniekehlen, stoße sie durch die hintere Tür – der Wagenschlag fliegt zu –, wir fahren. Helmut sitzt allein im Wagen, Walter ist wohl vorher ausgestiegen. Ich nehme die Hand vom Mund des Mädchens. Mit weit aufgerissenen Augen starrt sie mich, an, plötzlich schluchzt sie.
    »Nein … nein … das könnt ihr doch mit mir nicht machen … da könnt ihr mich umbringen … nein, nein …«
    Ich zerre sie an den Haaren zwischen meine Knie. Sie braucht nicht zu sehen, wohin wir fahren.
    Helmut fährt: Richtung Höhenstraße, dann ein Stück hinaus aus dem Stadtbereich, in einem Feldweg bleibt er stehen.
    »Dreh das Licht ab«, sage ich. Links ist ein schwarzer Streifen – Wald, rechts decken Bäume und Gesträuch vor einer Sicht von der Straße. Ich öffne die Tür, ziehe das Mädchen an den Haaren nach.
    »Klapp die Liegesitze runter«, sage ich. Helmut schiebt die Sitze nach vorn, dann legt er die Lehnen um.
    »Wenn du schreist dabei … mich stört es nicht, wenn du dich wehrst … schau zu ihm hin, was wir da

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