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Der Minus-Mann

Der Minus-Mann

Titel: Der Minus-Mann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz Sobota
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bestreicht Toastscheiben, schenkt Kaffee ein. »Ich habe nicht mehr geschlafen, ich habe nur dein Gesicht angesehen«, sagt sie.
    »Du weißt, ich will das nicht«, sage ich zornig. Ich hasse es, wenn man mir beim Schlafen zusieht. Man ist ausgeliefert und wehrlos. »Na, und was hast du gesehen?« sage ich.
    »Du brauchst nicht böse zu sein. Ich habe darüber nachgedacht, was du mir gesagt hast. Ich weiß nicht, ob ich es kann, aber ich werde es versuchen«, sagt sie. Ihre Stimme ist ruhig. Sie sieht aus dem Fenster.
    »Du würdest mich wegschicken, wenn ich es nicht tue, vielleicht würdest du mich schlagen, sicher würdest du es tun«, sagt sie leise.
    Ich warte und schweige »Was soll ich tun«, fragt sie. Es ist nun ziemlich lange her, daß ich ein Mädchen für den Strich abgerichtet habe, damals 61 in Zürich. Es ist einfach, Geheimnisse gibt es da keine.
    »Paß mal auf«, sage ich und nehme sie bei den Schultern.
    »Ich bring’ dich gegen acht Uhr zur Kärntnerstraße. Da spazierst du langsam auf und ab, aber nicht zu langsam, sonst fällst du zu sehr auf. In den Passagen und vor den Schaufenstern bleibst du stehen. Wenn du zweimal an einem Abend die Kärntnerstraße gegangen bist, weichst du in die Seilergasse, auf den Neuen Markt und zun Graben hin aus, ist das klar?« frage ich. Sie hat den Kopf gesenkt nickt. »Gut, dann weiter, das ist also das Gebiet, wo du dich bewegst. Die Nummern der Autos, mit denen die Sittenpolizei ihn Streifen fährt, gebe ich dir abends, ich weiß sie jetzt nicht. Deine Kunden nimmst du dir, indem du dich lieber ansprechen läßt als selbst anzusprechen. Ein Mädchen, das sich bewegt, kann das tun, wenn du irgendwo stehst, dann mußt du ansprechen. Wie? Du kannst lieb lächeln. Du bist ein kühler Typ, siehst ganz anders aus als die meisten Dirnen, das ist für dich ein Vorteil.«
    »Hast du Angst?« frage ich. Klar hat sie Angst. Ob sie es zugibt?
    »Nein, was weiter?« Ihre zerbrochene Stimme, der blasse, weiche Mund, habe ich Hemmungen? Nein, also weiter.
    »Einladungen akzeptierst du vorläufig keine. Den Kontakt machst du kurz, klar. Dein Grundpreis ist fünfhundert Schilling. Viele werden dir sagen, du bist zu teuer, das ist egal. Bei Deutschen verlangst du hundert Mark, von Schweizern hundert Franken, Engländern acht Pfund und Amerikanern zwanzig Dollar. Du gehst nie in eine Wohnung mit. Nur in Hotels, und zwar in folgende, paßt du auf?« sage ich. Es scheint mir, daß ihre Gedanken verlaufen sind, ihre Augen sind leer.
    »Ja«, sagt sie.
    »In die Goldene Spinne, bei der Ungarbrücke. Ins Orient am Tiefen Graben und ins Monopol in der Prinz-Eugen-Straße, los, wiederhole«, sage ich. Ohne zu zögern, wiederholt sie Namen und Adressen.
    »Gut, weiter, gefickt wird nur mit Gummi. Sieh zu, daß du nie einen in der Handtasche hast, wenn dich die Polizei kontrolliert, in den Hotels bekommst du die Gummis mit dem Zimmerschlüssel vom Portier. Das Zimmer zahlt der ›Herr‹, unabhängig von deinem Preis. Nun hör mal genau zu, bei einer einfachen Fickerei ziehst du dir nur das Höschen aus, wenn er dich nackt möchte, kostet das zusätzlich. Schmusen, blasen, lecken, in den Arsch ficken gibts nicht, klar, uninteressant, was er auch bietet. Wenn du ihm den Gummi überstreifst, geilst du ihn mit der Hand schon so stark auf, daß er nach ein paar Stößen spritzt«, sage ich.
    »Wann gibt er mir das Geld?« fragt sie dazwischen.
    »Wenn du mit ihm ins Zimmer kommst und er dir das Geld nicht von selbst gibt, erinnerst du ihn daran, will er nachher bezahlen, gehst du sofort. Du bleibst maximal zwanzig Minuten mit einem im Hotel. Wenn er dich vorher fragt, wie lange du bleibst, sagst du eine Stunde, nach einer Viertelstunde gehst du.« Ich gehe mit ihr langsam Punkt für Punkt durch.
    »Wenn dir ein Sadist über den Weg läuft, gehst du nicht mit, verstanden?«
    »Ja«, sagt sie.
    Es genügt, wenn sie den ersten Tag mit ›normalen‹ Kunden nicht aus den Schuhen kippt. Die Einlagen für Masochisten bringe ich ihr später bei.
    »Und noch etwas, kümmere dich nicht, wenn dich eine Dirne anredet oder dich ausfragen will, dasselbe, wenn dich ein Mac anquatscht. Ich bin in der Nähe, du brauchst vor niemandem Angst zu haben, klar?« sage ich und, »bau dir eine nette Lebensgeschichte zusammen. Die meisten dieser Vögel haben den Besserungstick, aber sie quatschen nur blöd daher; da schneidest du am besten ab, wenn du ihnen sagst, ›gib mir dreißigtausend im Monat und ich höre

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