Der Minus-Mann
Koin, haust ir ane iban Riassl, fickst das uandlich und leiwaund«, sagt Karl.
»Du bist übahaupt grean, fraunke Tanz, oarbeitn gehn, heiraten, daun wirft de Oide an Khelev … i hob gmant i tram wia i des gheart hob … maunatelaung host die vakrochen … jeda hot gsogt … der is fuart, a poar hom gsogt … dear is fraunk wurn … kumm mit, los di aunschaun bei de Leit, du waßt, wia wichtich des ist das’ dei Gsicht sehng losst … Koin ist genug zum vadina«, setzt er fort.
War es bloß Zeitverschwendung gewesen, was ich da aufbauen hatte wollen, oder war es nur ein faules Hineinfallen in das langerträumte ›Nest‹ gewesen oder meine Vorliebe für Halbheiten, den Weg des geringsten Widerstandes?
»Vielleicht host recht, oba i loss mi gern treibn«, sage ich. Karl schüttelt den Kopf. Wir verabschieden uns.
Ich gehe schneller. Cha-cha ist Richtung Stephansplatz verschwunden. Aufmerksam sehe ich mich um. Ich kann sie nirgends entdecken. Ich gehe ins ›Nessy‹, blättere in Zeitungen, trinke.
Das Mädchen kommt nach einer Stunde.
»Bitte, kommst du mit mir«, sagt sie. Sie ist bleich und nervös. Ich bezahle, geh’ neben ihr.
»Er hat mir die tausend Schilling wieder aus der Handtasche genommen, dann hat er gelacht, aber ich weiß, wo er wohnt«, stößt sie hervor.
Immer eines nach dem anderen. Wieso weiß sie, wo er wohnt? Ich frage: »Ich war in … seiner Wohnung«, sagt sie und schaut weg.
Momentan blockiert die Wut jede Überlegung. Ich treffe sie in den Magen. Sie kippt gegen mich. Ich ziehe sie an den Haaren hoch und gebe ihr zwei schallende Ohrfeigen. Ein Passant stürzt sich auf mich.
»Lassen Sie das Mädchen los«, schreit er. Ich lasse das Mädchen. Sie lehnt an der Wand, heult. Den Retter treffe ich absichtlich am Hals, dann trete ich ihm gegen das Schienbein. Er schreit. Die nächste trifft seinen Mund.
Er hat genug, fällt auf das Trottoir. Das Mädchen am Arm festhaltend, biege ich in die nächste Gasse ein.
»Wo wohnt er«, sage ich.
»Im achten Bezirk«, sagt sie und wischt sich die Tränen ab.
»Ist das Haustor geschlossen?« frage ich.
»Ja, er hat hinter mir abgesperrt«, sagt sie. Zusammengesunken geht sie neben mir. Ich kann ihr Gesicht nicht sehen. Plötzlich beugt sie sich zur Seite, taumelt und kotzt dann auf das Straßenpflaster. Ich halte ihren Kopf. Sie keucht, dazwischen kotzt sie.
»Du bist sehr appetitlich, mein Kind, es ist höchst vergnüglich, dir zuzusehen«, sage ich.
»Kann ich nach Hause?« fragt sie leise. Ein trockenes Schluchzen schüttelt ihre Schultern.
»Nein«, sage ich.
»Muß ich noch einmal?« sagt sie.
»Deinen Galan besuchen wir morgen, klar, jetzt spülst du dir den Mund aus, dann verschwindest du, und ich wünsche es für dich, daß es klappt«, sage ich.
Sie läuft davon. Es sieht so aus, als wollte sie weglaufen, aber sie wird nicht weglaufen. Sie hat Angst, außerdem liebt sie mich. Aber momentan hat sie vor allem Angst, deshalb wird sie nicht weglaufen. Helmut steht an der Bar, als ich ins ›Co-Co‹ komme. Wir reden, dann würfeln wir. Escalero-Poker. Er verliert. Helmut geht ins ›Nessy‹.
»Wenn Cha-cha kommt, sage ihr, ich warte hier«, sage ich.
Nach elf kommt das Mädchen. »Darf ich einen Kaffee trinken?« sagt sie und legt ihre Hand auf meinen Arm.
»Natürlich«, sage ich. Mit zwei Fingern hebe ich ihr Kinn, bis ich ihre Augen sehen kann. Ein blasses Licht reflektiert sich darin. Sie sieht mich ruhig an, dann flattert ihr Blick davon. Sie kramt in der Handtasche. Ihre geballte Hand steckt sie mir in die Rocktasche.
»Fünfhundert«, sagt sie, dann rührt sie in ihrem Kaffee.
»Gut«, sage ich.
Später bringe ich sie nach Hause. »Bleibst du bei mir?« fragt sie.
»Nein, ich fahre nach Hause, aber ich hole dich morgen um sechs Uhr früh ab. Dann machen wir einen Besuch«, sage ich. Das Taxi fährt los.
Meine Frau fragt vieles. Ich rede wenig. Ich gehe schlafen.
»Stell den Wecker auf halb sechs und lege mir einen Anzug heraus«, sage ich noch.
Es regnet leicht. Cha-cha sitzt neben mir im Taxi. Ihre Augen scheinen verklebt, müde.
»Hier«, sagt sie. Wir steigen aus. Diese Gasse, Nummer 46, im zweiten Stock.
»Du wartest hier«, sage ich.
Beim Treppensteigen drückt mich der Revolver an der Seite. Ich stecke ihn in den Hosenbund. Drei Türen auf der zweiten Etage.
›Girschek‹ sagte Cha-cha. Also diese Türe. Hohe Doppeltüren mit wuchtigen Schlössern. Ich läute.
»Wer ist da?« fragt
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