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Der Moderne Knigge

Der Moderne Knigge

Titel: Der Moderne Knigge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julius Stettenheim
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gemacht wird, was ihr den Spaß verderben würde. Sie unterrichte ihn also zeitig von ihrem Maskenscherz.
    Damen, welche sich den Fünfzigern nähern und die Absicht haben, die Einladung zum Maskenball anzunehmen, werden gut thun, schließlich um neun Uhr abends anstatt einer Maske das Nachtkostüm anzulegen und schlafen zu gehen. Der Schlaf vor Mitternacht ist der gesündeste.
    Wenn man das Bedürfnis zu gähnen hat, so befriedige man es, indem man die Maske vor das Gesicht nimmt, denn man könnte vom Festgeber beobachtet werden.
    Hat eine Dame ein helles Kleid, das schon einige Flecken hat, so ziehe sie es an, wenn sie kein anderes besitzt, setze eine Strahlenkrone auf und behaupte, sie sei als Sonne gekommen, dann werden die Flecken für eine geistreiche Nüance gehalten.
    Man nehme von den auf dem Ball gereichten Weinen vorsichtig. Möglicherweise könnte der Wirt sich den Maskenscherz erlaubt haben, einen leichten Mosel als Liebfrauenmilch verkleidet erscheinen zu lassen. Es giebt nämlich bei solchen Gelegenheiten sehr erfindungsreiche Wirte.
    Man vergesse nicht, eine Maske zu duzen. Es giebt Masken, die das Wesen der Maskerade nicht kennen und das Du sehr übel nehmen. Von solchen bleibt man dann den ganzen Abend verschont.
    Will man nicht wieder eingeladen sein, so erscheine man im Trikot, einen Papierstreifen mit Adresse und Dreipfennigmarke um die Hüften geschlungen, und erkläre, man komme als Drucksache unter Streifband. Dies ist originell und erfüllt den Zweck vollkommen.
    Man sage immer »Schöne Maske«, namentlich zu einer häßlichen. Diese meint ja doch, daß die Bezeichnung »schön« etwas zu niedrig gegriffen sei.
    Will man sich den weiblichen Masken angenehm machen, so vergesse man nicht, daß sie sich amüsieren wollen, und unterhalte sie geistreich, wenn man das nicht versteht. Das amüsiert jede Dame, weil bei solcher Gelegenheit zahlreiche Dummheiten gesagt werden.
    Man urteile über den Abend und die Gäste nicht wegwerfend, wenn man mit einer Fee oder einem Engel spricht, denn gewöhnlich pflegt die Fee oder der Engel eines der weiblichen Mitglieder der Familie zu sein. Mit einem Tadel hat man meistens Pech.
    Man wähle kein Kostüm, welches gewissermaßen hermetisch verschlossen ist, es möge zu Hause auch noch so vorteilhaft aussehen und wegen seiner Eigenschaft außergewöhnlich gut sitzen. Dies sei sowohl den Herren, als auch den Damen empfohlen. In einem solchen Kostüm sitzt man wie in einem Gefängnis, welches, wenn man sich bis zum anbrechenden Morgen auch nur einmal heraussehnt, grausamer ist, als ein wirklicher Kerker. Ich hoffe, mißverstanden zu werden.
    Bevor man sich, man sei jung oder alt, entschließt, in der Maske eines Gigerl die Maskerade zu besuchen, denke man womöglich nach. Denn vielleicht wird man garnicht als verkleidet angesehen, indem man in nahestehenden Kreisen allgemein als Gigerl bekannt ist.
    Damen, welche durch einen schönen Hals ausgezeichnet sind, müssen Männern gegenüber vorsichtig sein, besonders wenn sie so naiv sind, daß sie die Schritte nicht bis drei zählen können, welche sie sich die Männer vom Leibe halten müssen. Denn ein schöner Hals ist für manchen die Gelegenheit, einen naheliegenden Maskenscherz zu wagen und unter der Angabe, man sei ein Schmuck, um den mehrfach berührten Hals zu fallen.
    Steht eine Dame im kräftigsten Mannesalter, so wähle sie eine Phantasiemaske, als welche ich das Gaslicht mit Glühstrumpf, das letzte Pferd, oder einen Marsbewohner empfehle. Denn wenn die bezeichnete Dame etwa in einem Kostüm aus dem Anfang unseres Jahrhunderts erscheint, so fordert sie förmlich die Frage heraus, wie es möglich gewesen sei, daß sie das Kostüm so sorgfältig seit ihrer Jugend aufbewahrt habe. Diese Frage ist sehr knotig, aber es wäre doch möglich, daß sich in der Gesellschaft ein Knote befindet.
    Nimmt an der Maskerade ein Harlekin teil, der jedem eins mit seinem hölzernen Schwert versetzt, oder ein boxendes Känguruh, so verlasse man schon vor dem fünften Pritschenstreich, oder vor dem dritten Boxerschlag das schöne Fest und gehe in ein benachbartes Restaurant, wo überhaupt nicht gehauen wird.
    Bevor man den Saal betritt, frage man einen Diener, ob schon ein Herr auf einem Papppferde hineingesprengt sei. Wird diese Frage bejaht, so wisse man, daß dieser Centaur, wenn er lustig wird, – und ein Pappreiter wird immer lustig, – im Laufe des Abends und der Nacht häufig durch die Menge galoppiert oder die hohe

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