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Der Modigliani Skandal

Der Modigliani Skandal

Titel: Der Modigliani Skandal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
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Raum war leer.
    Lipsey setzte sich auf den Hocker und rief: »Irgend jemand da?« Aus dem hinteren Teil des Hauses, dem Familienbereich wahrscheinlich, kamen Geräusche. Er zündete sich eine Zigarre an und wartete.
    Schließlich trat, durch einen Vorhang bei der Theke, ein junger Mann mit am Hals offenem Hemd herein. Mit einem kurzen, klugen Blick taxierte er das Erscheinungsbild, das Lipsey bot: Kleidung, Kamera, getönte Brille. Er lächelte: »Guten Morgen, Sir«, sagte er.
    »Ich möchte ein kaltes Bier, bitte.«
    Der junge Mann öffnete einen kleinen Kühlschrank und nahm eine Flasche heraus. Dann füllte er ein Glas.
    Lipsey nahm sein Portemonnaie heraus, um zu bezahlen. Als er es öffnete, fiel das Foto von Dee Sleign heraus; landete zuerst auf dem Tresen, flatterte dann auf den Fußboden. Der junge Mann hob das Bild auf. »Ein hübsches Mädchen«, bemerkte er.
    Lipsey lächelte und reichte ihm einen Geldschein. Der junge Mann gab heraus und verschwand dann wieder im hinteren Teil des Hauses. Lipsey schlürfte sein Bier.
    Allem Anschein nach war Miß Sleign, ob nun mit oder ohne ihren Boy-Friend, noch nicht in Poglio eingetroffen. Das schien nur natürlich. Lipsey hatte sich beeilt, die beiden höchstwahrscheinlich nicht. Schließlich ahnten sie ja nicht, daß noch jemand hinter dem Modigliani her war.
    Wieder gestand er sich ein, daß er es vorgezogen haben würde, direkt der Fährte des Bildes zu folgen statt jener des Mädchens. Aber was half's. Er wußte nicht, weshalb sie nach Po-glio wollte. Vielleicht hatte man ihr gesagt, das Bild befinde sich hier; oder es gebe hier jemanden, der ihr sagen könne, wo es sei; oder sonst irgend etwas in der Art.
    Er trank sein Bier aus und beschloß, sich im Dorf umzusehen. Als er die Bar verließ, saß der alte Mann noch immer auf den Stufen. Sonst war niemand zu sehen.
    Was den Ort selbst betraf, so gab es auch dort herzlich wenig zu sehen. Eine Art Krämerladen, eine winzige Renaissancekirche, vermutlich aus dem 17. Jahrhundert, als Poglio seine Blütezeit erlebt haben mochte. Es gab keine Polizeiwache, offenbar überhaupt keinerlei Behördensitz, auch keinen Gemeindesaal. Langsam wanderte Lipsey in der Hitze umher und vertrieb sich die Zeit damit, vom Zustand der Gebäude und ähnlicher Faktoren auf die wirtschaftliche Lage des Dorfes zu schließen.
    Eine Stunde später hatte er das Spiel in allen Varianten durchgespielt, über seinen nächsten Schritt war er sich jedoch noch immer nicht im klaren. Als er zur Bar zurückkehrte, entdeckte er, daß ihm die Ereignisse wieder einmal die Entscheidung abgenommen hatten.
    Vor der Bar, ganz in der Nähe der Stufen, wo noch immer der alte Mann im Schatten saß, stand ein hellblaues Mercedes-Coupe mit offenem Sonnendach.
    Lipsey betrachtete das Auto und überlegte. Zweifellos gehörte es Miß Sleign oder ihrem Freund oder beiden. Hier im Dorf besaß garantiert niemand ein solches Auto - und was wohl hätte andere Besucher hierherführen sollen? Andererseits hatte er, Lipsey, bisher den Eindruck gehabt, daß weder Miß Sleign noch ihr Freund im Geld schwammen. Soviel hatte ihm die Wohnung in Paris auf jeden Fall verraten. Allerdings konnte es auch sein, daß die beiden sozusagen »auf Boheme machten«.
    Nun, wenn er ein genaueres Bild gewinnen wollte, mußte er noch einmal in die Bar. Und das tat er denn auch. Er stieg die Stufen hoch und stieß die Tür auf.
    Das Paar saß an einem der beiden Tische, vor sich zwei Gläser mit eisgekühlten Drinks. Beide waren identisch gekleidet: beutlige, ausgebleichte Jeans und knallrote Westen. Das Mädchen wirkte attraktiv, und der Mann sah außergewöhnlich gut aus. Im übrigen war er wesentlich älter, als Lipsey vermutet hatte - etwa Ende dreißig.
    Beide musterten Lipsey so eindringlich, als hätten sie ihn erwartet. Er nickte ihnen beiläufig zu und trat dann zur Bar.
    »Noch ein Bier, Sir?« fragte der junge Barmann.
    »Bitte.«
    Der Barmann sprach zu Miß Sleign. »Dies ist der Gentleman, von dem ich Ihnen erzählt habe«, sagte er.
    Lipsey drehte den Kopf und hob die Augenbrauen, wie in amüsierter Neugier.
    Das Mädchen fragte: »Haben Sie ein Bild von mir in Ihrer Brieftasche?«
    Lipsey lachte vergnügt. Auf englisch sagte er: »Dieser Mann glaubt, daß alle englischen Mädchen gleich aussehen. Allerdings ähneln Sie in der Tat ein wenig meiner Tochter. Es ist jedoch nur eine oberflächliche Ähnlichkeit.«
    Ihr Begleiter fragte: »Dürften wir das Bild sehen?« Er hatte eine

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