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Der Mönch in Weimar: Ein Schauerroman nach alter Mode (German Edition)

Der Mönch in Weimar: Ein Schauerroman nach alter Mode (German Edition)

Titel: Der Mönch in Weimar: Ein Schauerroman nach alter Mode (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Röder
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Bergbau, wenn auch nur im Vorbeigehen, denn er strebte mächtigen Schrittes dem Waldberg zu.
    „Dort liegen die Steinkohlengruben, in die ich ab und an mit dem Herzog eingefahren bin. Dort finden sich neben der profanen Kohle auch immer wieder interessante fossile Pflanzen ...“
    Lewis nickte. „Sie sprachen schon von den Bergwerken. Aber ich dachte, Sie wollten mir diese zeigen, und nun steigen wir erneut einen Berg hinauf statt in einen hinein?“ Er hoffte bei sich, den Geheimrat von seinem neuerlichen Gipfelsturm abhalten zu können, indem er bergbauliches Interesse vorgab. Auch wenn die Hitze im Tal merklich nachgelassen hatte, perlte ihm dank des strammen Tempos, das Goethe anschlug, der Schweiß über die Stirn.
    „Oh nein“, antwortete Goethe, „hier werden wir uns nicht ins Erdinnere begeben. Die Stollen sind hier so niedrig, dass die Hauer die Kohle auf der Seite liegend losbrechen müssen, und um sie herauszubefördern, müssen sie kriechen, wobei sie kleine Karren, die am Fuß angebunden sind, mit sich ziehen.“
    Er sah, wie Lewis das Gesicht verzog. „Außerdem“, fügte er hinzu, „haben wir gestern genug Ruß und Asche abbekommen, nicht wahr? Warum also noch Kohlenstaub hinzufügen?“
    Lewis erschauerte, nickte ergeben und sah plötzlich die bevorstehende Bergpartie in einem anderen Licht.
    Kaum hatten sie die Waldgrenze erreicht, brach er kurzerhand einen kräftigen Ast von einem gestürzten Baum und benutzte ihn als Wanderstock, wodurch er um einiges bequemer vorankam. Im schrägfallenden Licht standen die Fichten am Wegesrand aufrecht und ungebeugt da, wie gepanzert mit ihren harten Stämmen. Dazwischen fanden sich, seltsam deplatziert in diesem sonst dunklen und ernsten Wald, hier und da einige lichte Buchen. Oft nur strauchhaft klein und mit bebenden Blättern, als seien sie eingeschüchtert zwischen den Nadelhölzern. Lewis sah das als Sinnbild für sich und Goethe: Der spazierte munter pfeifend voran, groß und aufrecht, während Lewis mit seinem Stock hinterdreinstolperte. Er blickte stur auf Goethes Rücken und den dort schwankenden Leinenbeutel, in dem sich Nahrung und Trank befanden.
    Während Lewis Goethe folgte wie der Esel mit dem Karren der vorgehaltenen Karotte, grübelte er darüber nach, wie er Goethe zur Sache der schwarzen Reiter befragen könnte. Keineswegs wollte er in Verdacht geraten, ein privates Gespräch belauscht zu haben, aber nun, die Kutsche hatte an jenem Abend in Hörweite gestanden, schließlich hätten Goethe und Herder mit ihrem Gedankenaustausch auch noch einige Zeit warten können. Lewis war froh, dass ihm der Atem fehlte, Goethe hier und jetzt zu befragen, denn er war noch zu keiner befriedigenden Lösung gekommen, wie er das heikle Thema würde anschneiden können. Er grübelte unablässig und hatte keinen Blick für die Rodungen und Waldplätze, die sich hier und da aus dem Dickicht schälten. Schließlich schleppte er sich nur noch stumpf voran, während er allmählich Mühe hatte, den voranschreitenden Goethe zu erkennen.
    Dann endlich hatten sie den Gipfel erreicht, und im frühabendlichen Rotgold lag erneut das Ilmtal unter ihnen. Lewis schnaufte und fühlte sich auf verwirrende Weise an den Blick wenige Stunden zuvor auf der anderen Seite erinnert. Er folgte Goethe zu der einfachen, aus Brettern gefügten Pirschhütte, die neben den Bäumen stand. Selbst diese ähnelte frappant ihrem Gegenstück jenseits des Tales. Der einzige erfreuliche Unterschied war der Inhalt des Proviantsackes, den Goethe nun auf einer Bank vor dem Eingang ausbreitete.
    Lewis ließ sich schwer auf die raue Sitzfläche fallen und lehnte seinen Stock an die Bretterwand, an der er sogleich geräuschvoll zur Seite rutschte und zu Boden fiel. Lewis würdigte ihn keines Blickes und atmete nur schwer. Goethe sah verzückt auf das Tal hinaus, trank einen Becher und überließ die feste Nahrung seinem Gefährten.
    So entstand eine Pause, in der man nur gelegentliche Ess- und Trinkgeräusche hörte, leises Schnaufen und Seufzen und Räuspern, sowie deutlich vernehmbares Knacken in Lewis’ Kniegelenken, wenn er die Beine anders richtete. Lange sprach keiner von beiden ein Wort.
    Als der erste Abendwind aufkam und die Äste bewegte, fühlte sich Lewis einigermaßen bei Kräften, sowohl körperlich als auch geistig. Er streckte die Beine von sich und versuchte, so etwas wie das Geräusch eines zufriedenen Gemütsmenschen von sich zu geben, um Goethe aufmerksam zu machen.
    Der Laut

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