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Der Mönch und die Jüdin

Der Mönch und die Jüdin

Titel: Der Mönch und die Jüdin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Görden
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anderen Ufer.« Dann galoppierte er wieder davon, seinen Leuten laut Anweisungen zurufend.
    Für Konrad war es schon allein wegen Hannah eine Selbstverständlichkeit, mit den Juden zu gehen. Aber Gilbert hätte natürlich sagen können, dass ihn das alles nichts anging, und sich in die Sicherheit des erzbischöflichen Palastes zurückziehen können. Doch das schien für ihn überhaupt nicht in Frage zu kommen. »Sieh mal, da«, sagte er zu Konrad. »Vielleicht können wir helfen.«
    Bei einem total überladenen Wagen war ein Rad gebrochen. Die alten und gebrechlichen Leute auf dem Wagen mussten nun absteigen und zu Fuß auf das am Ufer wartende Fährschiff gelangen. Konrad und Gilbert banden ihre Pferde an einem Pfosten fest und halfen, wie sie konnten.
    Während Konrad mit Gilbert alte Leute vom Wagen hob, schaute er sich immer wieder um, konnte aber Hannah nirgendwo entdecken. Er hoffte, dass sie längst auf einer der beiden anderen großen Fähren in Sicherheit war, und sandte ein Stoßgebet zum Himmel, in dem er die Engel bat, Hannah zu beschützen.
    Jetzt hallten laute Kampfparolen über den Kai. »Tod den Juden! Satansbrut verrecke!« Entsetzt sah Konrad eine Gruppe grimmiger Gestalten heranmarschieren, die drohend Knüppel und Äxte schwangen.
    »Zum Angriff!«, brüllte Anselm und schwang sein Schwert. Konrad sah, wie die erzbischöflichen Ritter, Anselm vorneweg, auf die Fußsoldaten des Hasses eindrangen und ein schreckliches Gemetzel anrichteten. Köpfe wurden von den Schultern getrennt, Arme abgehackt. Ohne eigene Verluste zu erleiden, zogen die Reiter sich nach dem ersten Angriff zurück. Angefeuert von den Hasspredigern drängten weitere Männer über ihre tot am Boden liegenden Kumpane hinweg. Doch schon donnerte der zweite Angriff der Reiter heran. Diesmal wurde einem erzbischöflichen Ritter das Bein abgehackt. Er stürzte vom Pferd, und ein großer, finsterer Kerl spaltete ihm den Schädel, wurde dann aber seinerseits von Anselm niedergestreckt. Das war auf Seiten der Ritter der einzige Verlust, während wieder viele Judenhasser tot am Boden liegen blieben. Nun erlahmte ihr Angriff. Trotz der geifernden Anfeuerungsrufe der Mönche bekamen sie es mit der Angst zu tun.
    Und nun erhob sich an der rückwärtigen Flanke des Pöbels ein großes Geschrei, begleitet von lautem Waffengeklirr. »Das Fußheer des Erzbischofs!«, rief jemand. »Er hat es vom Palast aus in Marsch gesetzt, um uns zu helfen!«
    Da geriet die Bande des Hasspredigers in Panik. Sie waren schließlich keine geübten, trainierten Soldaten. Nur ihr Hass trieb sie an. Sie ließen ihre Waffen fallen und flüchteten zu den kleineren Stadttoren, um in den Gassen unterzutauchen. Anselm ließ sich jedoch davon nicht beruhigen. Unermüdlich ritt er am Kai entlang auf und ab und trieb die Juden zur Eile an. »Schnell! Auf die Fähren! In der Stadt macht es die Runde, dass die Juden übers Wasser fliehen wollen. Immer mehr Schlägertrupps setzen sich in Marsch!«
    Leider gerieten nun viele Leute in Panik. Manche sprangen in kleine Boote, die umkippten und kenterten. Konrad sah, wie eine alte Frau von der Kaimauer ins Wasser fiel und einfach unterging wie ein Stein. Er wusste nicht, ob sie gestolpert war oder man sie im Gedränge versehentlich angestoßen hatte.
    Konrad und Gilbert hatten allen Leuten von dem beschädigten Wagen auf die Fähre geholfen und holten dann rasch ihre Pferde, um sie ebenfalls auf das Schiff zu bringen. Konrad hatte gerade Vagabundus losgebunden, als er erschrocken innehielt. Aus einem der kleinen Stadttore quoll eine dunkle Menschenmasse – ein brüllender Haufen, der Sensen, Äxte, Messer und alle möglichen anderen Waffen schwang. Sie stürmten genau auf Konrad und Gilbert und das hinter ihnen liegende Fährschiff zu. Was sollten sie tun? Sie trugen keine Waffen, mit denen sie sich ihrer Haut hätten erwehren können.
    Die beiden waren vor Schreck wie gelähmt. »Schlagt die Juden tot! Die Fähre darf nicht ablegen! Schlagt sie tot, ehe sie fliehen können!« Die waffenschwingende Bande kam immer näher heran.
    »Flieht aufs Schiff! Los!« Das war Anselms Stimme! Nun endlich sprangen Konrad und Gilbert auf ihre Pferde und preschten auf den Landungssteg der Fähre zu. Hinter ihnen donnerten die Pferdehufe von Anselms Reiterei. Waffen klirrten, und die Hassrufe der Angreifer gingen in gequälten Schmerzensschreien unter.
    Vom Steg schaute Konrad zurück und sah, dass die ganze Schar von mindestens zwanzig Angreifern

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