Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Mönch und die Jüdin

Der Mönch und die Jüdin

Titel: Der Mönch und die Jüdin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Görden
Vom Netzwerk:
dämonische Einflüsse am Werk, denen die Frauen in ihrer fleischlichen Schwäche nichts entgegenzusetzen hatten.
    Natürlich hatte Konrad, wenn er Matthäus, Fulbert oder den Prior auf Besorgungsgängen außerhalb des Klosters begleitete, schon so manche Frau gesehen. Die alten, von der Last des Lebens zerfurchten und gebeugten Weiber übten keinen Zauber mehr aus. Aber die jungen Frauen, deren runde und weiche Formen so ganz anders waren als der Körper eines Mannes, diese jungen Frauen, die sich mit ihren wiegenden Hüften auch völlig anders bewegten als ein Mann, hatten Zauberkräfte, da war Konrad sicher. Bei ihm selbst – und er wusste aus Gesprächen im Kloster, dass es manch älterem Mönch nicht anders erging – machte sich die unheimliche Wirkung dieses Zaubers dadurch bemerkbar, dass er den geradezu quälenden Drang verspürte, solche Frauen anzusehen. Er musste seine ganze Willenskraft aufbieten, um den Blick von ihnen abzuwenden. Doch leider versagte er dabei immer wieder.
    Wenn Konrad mit Matthäus eines der klostereigenen Dörfer aufsuchte oder in Neuwerth über den Markt ging, ertappte er sich dabei, dass seine Augen rastlos umherirrten, bis sie schließlich von den runden Hügeln eines weiblichen Busens gefesselt wurden, von vollen, fremdartigen Lippen und zauberhaft schwingenden Hüften. Und dieser Drang schien in den vergangenen zwei Jahren stärker und stärker zu werden, so dass er sich deshalb große Sorgen machte. Er hatte deswegen gebeichtet, und die alten Mönche, die ihm die Beichte abnahmen, empfahlen harte Arbeit als bestes Gegenmittel. Es half nicht viel. Konrad hatte gebeten, ständig im Kloster bleiben zu dürfen, doch das hatte Abt Balduin noch kurz vor seinem Tod entschieden abgelehnt. Vielmehr solle Konrad sich darin üben, der Versuchung zu widerstehen, um seine Willenskraft und Selbstzucht zu stärken.
    Noch beunruhigender als die magischen Blicke der Frauen aber waren die Träume, die ihn in letzter Zeit immer öfter heimsuchten. Als wäre er mit seinen dunklen Scheiterhaufen-Träumen nicht schon genug belastet, besuchten die jungen Frauen, die außerhalb des Klosters seine Blicke auf sich zogen, ihn nachts im Traum, entblößten ihre Brüste und noch viel sündigere Körperteile, deren Namen Konrad nicht auszusprechen wagte. Sie verführten ihn, im Traum ihr weiches Fleisch zu berühren, wobei seine Finger von der Berührung brannten, als pulsiere in der Haut der Frauen das Feuer der Hölle.
    Wenn er dann aufwachte, war sein Glied groß und hart, und manchmal sonderte es eine Flüssigkeit ab, die ihm sehr unrein erschien. Heimlich und verstohlen wusch er sich dann. Es ängstigte ihn, er fürchtete, dass das Böse sich seines Körpers bemächtigt hatte, und nicht einmal in der Beichte wagte er, darüber zu sprechen.
    Und da war noch etwas anderes, das er nicht verstand: Die Frau in den dunklen Scheiterhaufen-Träumen, die ihn in letzter Zeit wieder häufiger quälten, war keine Nonne, das sah man an ihrem Äußeren. Und doch schien sie ihm frei von aller Schuld und Sünde zu sein. Ihrer Kleidung nach war sie eine weltliche junge Frau wie die üppigen Kuhhirtinnen und Mägde auf den Dörfern, aber in ihren grünen Augen leuchtete die Reinheit einer Heiligen. Wie war das möglich? War es nur ein trügerischer Traum? Oder hatte Bernhard von Clairvaux unrecht mit dem, was er über weltliche Frauen predigte?
    Das alles verwirrte Konrad sehr. Er wünschte sich sehnlichst, dass es einen Menschen gäbe, mit dem er über diese Dinge sprechen konnte. Aber nicht einmal Matthäus gegenüber wagte er sich zu offenbaren, aus Angst, seinen bislang einzigen wirklichen Freund zu verlieren.
    Anselm von Berg versetzte ihm einen recht unsanften Rippenstoß. »Hörst du mir eigentlich zu, wenn ich mit dir rede?«, fragte der Mönchsritter ärgerlich. »Manchmal ist es, als ob du nur träumst und mit deinen Gedanken woanders bist. Werde erwachsen! Das Leben geschieht hier und jetzt! Was sagt es dir, dass du deinen Blick nicht von zwei hübschen Bauernmädchen abwenden kannst? Ist das sündig? Ist dein Verlangen sündig? Sind alle schönen jungen Frauen Huren und böse Hexen? Wie willst du über die fleischliche Liebe urteilen, wenn du sie nie erlebt hast?«
    »Aber genügt denn nicht das Urteil der weisen Kirchenlehrer?«
    » Welcher Kirchenlehrer? Abaelard etwa hat dergleichen nie gelehrt. Im Gegenteil, er war der körperlichen Liebe durchaus zugetan. Wenn du allerdings einen Sauertopf wie den

Weitere Kostenlose Bücher