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Der Mönch und die Jüdin

Der Mönch und die Jüdin

Titel: Der Mönch und die Jüdin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Görden
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schaute Anselm einen Moment nachdenklich an, dann sagte er: »Ihr würdet Euch ja nur sehr kurz dort aufhalten. Wir wissen nicht, wie sicher der Weg auf unserer Seite des Flusses ist. Der Bote des Erzbischofs ist auf dieser Seite geritten, und es ist ihm schlecht bekommen. Eine Begegnung mit Egmund von Sayn solltet Ihr besser vermeiden. Schließlich ist völlig unklar, wie viele Männer ihn begleiten. Und ich habe nicht genug Ritter, um Euch einen starken Geleitschutz bis Beuel oder gar bis Deutz mitzugeben.«
    Konrad wunderte sich über Anselms schroffe Reaktion. Man konnte fast meinen, dass der Mönchsritter sich davor fürchtete, nach Vineberg zu reiten. Aber das schien bei einem so mutigen Mann wie Anselm ganz ausgeschlossen. Sein Verhalten musste andere Gründe haben.
    Wieder ruhiger und beherrschter sagte Anselm: »Ich danke Euch für Euren Rat, Rainald. Vermutlich habt Ihr recht. Wir werden in Vineberg übersetzen, wenn Gilbert keine Einwände hat.«
    Gilbert schüttelte den Kopf. »Mir fehlt die nötige Ortskenntnis. Ich verlasse mich daher ganz auf Euer Urteil und den Schutz Gottes.«
    »Im Übrigen«, fügte Anselm hinzu, »werde ich in Köln vorschlagen, die Besatzung auf der Burg wieder zu verstärken, gerade auch im Hinblick auf die Sayner.«
    »Eine sehr gute Idee«, sagte Rainald. »Dann ist es also entschieden: Der Fährmann von Vineberg versteht sein Handwerk. Er wird Euch heil ans andere Ufer bringen. Der Weg hinunter zur Fähre sollte sicher sein, aber ich werde Euch trotzdem Wolfram und zwei unserer Männer als Eskorte mitschicken.«
    Während Konrad den letzten Rest seines Getreidebreis löffelte, merkte er, dass Brigids Blick auf ihm ruhte. Lächelnd sagte sie: »Komm mit mir.«
    Sie führte Konrad ins oberste Stockwerk des Palas, wo sich, gleich unter dem Dachboden, ein Raum befand, in den durch zwei große, mit Tierhäuten abgedeckte Südfenster verhältnismäßig viel Tageslicht strömte. Hier standen zwei Lesepulte, ein kleiner runder Tisch, mehrere mit Fellen gepolsterte Stühle und drei mächtige, eisenbeschlagene Truhen. In der Ecke gab es einen großen Kamin, über dem zwei alte Schwerter und ein runder Schild hingen.
    Stolz sagte Brigid: »Das ist unsere Bibliothek!«
    Konrad schaute sich verwundert um. Er entdeckte keinerlei Regale oder Magazine. Bis auf die paar Möbel war der Raum leer. »Aber wo sind denn eure Bücher?«
    »Na ja, so gut ausgestattet wie ein Kloster sind wir natürlich nicht.« Brigid hatte einen Schlüsselbund mitgebracht, an dem acht oder neun Schlüssel hingen. Das erschien Konrad als großer Luxus, denn im Kloster gab es lediglich zwei Schlösser – eines an der Pforte und eines an der Tür zur Bibliothek. Mit Hilfe eines mit Ornamenten verzierten Eisenschlüssels öffnete sie das große, schwere Schloss einer Truhe und klappte den Deckel hoch. »Hier lagern wir die erbauliche Literatur für lange, kalte Winterabende.«
    Sie nahm einen in rotes Leder gebundenen Pergament-Band heraus und drückte ihn Konrad in die Hände. »Leg ihn dort auf den Tisch.« Sie ging zu einem der Pulte, klappte den Deckel hoch und kramte in den losen Pergamenten, die in dem Pultkasten lagen. »Ah, hier ist es.«
    Sie nahm das Pergament und setzte sich zu Konrad an den Tisch.
    Voller Neugierde hatte er den Band in den Händen gehalten. Dem roten Leder sah man an, dass dieses Buch schon älter war und viel gelesen wurde. »Was ist das? Eine Textsammlung der Kirchenväter?«, fragte er aufgeregt. Der Zauber der Bücher ergriff ihn sofort wieder mit aller Macht.
    Brigid schüttelte lächelnd den Kopf. »Ach, nicht nur Äbte und Magister schreiben gute Bücher! Dies ist das Buch, von dem mein Mann gestern erzählt hat, jenes, das er aus Aquitanien mitbrachte – eine Sammlung mit den schönsten Liedertexten der Troubadoure. Es sind Liebeslieder, Konrad, keine frommen theologischen Abhandlungen.«
    Sündige, weltliche Liebe. Würde es schlimme Folgen haben, wenn er einen Blick in dieses Buch warf? Dann fiel ihm ein, dass er die Sprache ja ohnehin nicht verstehen konnte, falls es jene war, in der Anselm gestern gesungen hatte.
    Brigid öffnete die Schnalle des Einbandes, schlug das Buch auf und hielt es ihm hin. »Blättere ruhig einmal darin.«
    Die Seiten waren reich mit Bildern verziert. Er sah Ritter, die mit langen Lanzen zum Turnier ritten, Burgfrauen und fromme Mönche, Greife, Drachen und andere Fabelwesen, Blumen und Früchte, Vögel, spielende Hunde und Katzen. Einen Edelmann, der

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