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Der Mönch und die Jüdin

Der Mönch und die Jüdin

Titel: Der Mönch und die Jüdin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Görden
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winkte ihn heran. »Konrad, ich kann gut verstehen, dass Ihr müde seid, denn Ihr habt heute eine anstrengende Prüfung mit Bravour gemeistert. Ihr seid mir näher und teurer, Konrad, als Ihr selbst glaubt. Ich wünsche Euch in den schützenden Mauern unserer Burg einen gesegneten, behüteten Schlaf.«
    Konrad bedankte sich schüchtern, verneigte sich und ging dann schnell auf die Tür des Rittersaals zu. Plötzlich löste sich Brigid aus der Gruppe und lief, zu seiner großen Verlegenheit, hinter ihm her. »Konrad, warte!« Sie legte ihm freundlich die Hand auf den Unterarm. »Ich möchte dir morgen gerne noch unsere Bibliothek zeigen, ehe du uns verlässt. Wirst du mir diese Freude gewähren?«
    »Ich … natürlich, wenn du es wünschst.«
    »Sehr schön!« Sie umarmte ihn flüchtig, und dabei durchlief ihn ein sonderbarer Schauer, wie er ihn noch nie erlebt hatte, als seien er und sie durch ein unsichtbares Band verbunden. Musste diese Vertrautheit, mit der Brigid ihm begegnete, nicht das Missfallen oder gar die Eifersucht des Ritters Rainald erregen?
    Als Konrad die Tür des Saals hinter sich geschlossen hatte und ihn die Kälte der Vorhalle umfing, atmete er auf. Es tat gut, mit seinen Gedanken allein zu sein. Während er die enge Steintreppe zu seinem Schlafgemach hinaufstieg, fragte er sich: Was hat Rainald wohl damit gemeint, dass ich ihm näher und teurer bin, als ich selbst glaube?
    Erschöpft sank er in sein Bett und schloss die Augen. Draußen in den Wäldern heulten die Wölfe, und vor Konrads innerem Auge erschienen immer wieder Rainald, Anselm, Gilbert und, vor allem, Brigid. Er hörte die vier noch einmal all die seltsamen Dinge sagen, die sie an diesem Abend gesagt hatten. Sein letzter wacher Gedanke war die Sorge, in der Nacht könne, sei es wirklich oder im Traum, Ludowig ihn wieder heimsuchen. Doch Konrad schlief traumlos und unbehelligt bis zum Morgen.

SCHEITERHAUFEN
    E IN TOTER AM W EG
    A ls Konrad erwachte, dämmerte über den Wäldern der Morgen. Er stand auf, ging zum Fenster und öffnete die Läden. Der Himmel im Osten war von einer sanften Röte überzogen. Bald würde die Sonne aufgehen. Seine Klosterzelle in Neuwerth war fensterlos, und wenn er dort aufstand, sah er durch die Tür nur den von Mauern umschlossenen Innenhof. Was für ein Glück es sein musste, an einem Ort zu wohnen, wo man jeden Tag eine so herrliche Aussicht genießen konnte!
    Er ließ den Blick schweifen und bemerkte unten im Burghof zwei Gestalten, die an der Tür zum Bergfried standen. Bei der einen Gestalt handelte es sich um Ludowig. Das Morgenlicht war noch grau, aber Konrad sah deutlich sein entstelltes Gesicht. Und dann erkannte er den anderen Mann, Anselm. Sie sprachen leise miteinander. Dann umarmten sie sich wie gute Freunde, Ludowig verschwand im Turm, und Anselm ging in Richtung Palas davon. Die beiden kannten sich also offenbar recht gut. Vielleicht ging diese Bekanntschaft ja noch auf die Zeit zurück, als Anselm als Ritter auf der Burg gedient hatte. Aber warum hatte dann Anselm kein Wort darüber verloren, als er von Konrads unheimlicher Begegnung mit Ludowig gehört hatte? Konrad nahm sich vor, den Mönchsritter auf jeden Fall nach Ludowig zu fragen. Vielleicht wusste Anselm ja, was diesem Menschen Schreckliches widerfahren war.
    Als er die Treppe zum Rittersaal hinunterstieg, wurde Konrad bewusst, dass er heute zum ersten Mal im Leben eine Reise zu Pferde unternehmen würde, eine Reise in das unvorstellbar große Köln! Darüber vergaß er das Geheimnis um Ludowig völlig. Beim Frühstück war er so aufgeregt, dass er kaum einen Bissen herunterbekam. Er hatte Angst, dass der intensive Reitunterricht vom Vortag ihm nicht wirklich in Fleisch und Blut übergegangen war. Was, wenn er alles vergessen hatte und er und Vagabundus sich über Nacht wieder völlig fremd geworden waren? Er zwang sich trotzdem eine Portion Gerstenbrei und Stockfisch hinunter, um sich zu stärken. Dabei hörte er zu, wie Anselm und Gilbert sich mit Rainald wegen der Reiseroute berieten.
    Rainald sagte: »Die sicherste Möglichkeit, bei der starken Strömung jetzt im Frühling über den Rhein zu gelangen, sind die großen Fährboote von Deutz nach Köln. Mir erscheint es aber vernünftiger, wenn Ihr gleich hier bei uns in Vineberg übersetzt.«
    Anselms Gesicht verfinsterte sich. »Vineberg? Muss das sein?« Er sagte es so schroff, dass Gilbert den Kopf hob und ihn erstaunt anblickte.
    Rainald wirkte dagegen nicht überrascht. Er

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