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Der Mörder mit der schönen Handschrift

Der Mörder mit der schönen Handschrift

Titel: Der Mörder mit der schönen Handschrift Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pierre Magnan
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Melliflore aus Barles. Sie folgte ihrem Onkel, dem Bürgermeister, diese Nichte, mit dem Bündel in der Hand. Und hinter ihnen war ganz Abriès. Alle waren gekommen, um bei der Vollstreckung dabei zu sein.
    Denn in Anbetracht der Armut des Ortes galt die Autorität dieses Bürgermeisters dem Erhalt des Gemeinwesens. Und wenn er über die irdischen Güter wachte, so nahm er sich dabei auch das Recht heraus, die Seelen mit einer makellosen Moral zu knechten. Nur so war dafür gesorgt, dass die Güter erhalten blieben und unter so wenig Häuptern wie möglich aufgeteilt werden mussten.
    Kurzum! Der Bürgermeister von Abriès hat das Mädchen mit ihrem Bündel und ihrem dicken Bauch unbarmherzig auf die Straße gesetzt, auf die Straße, die hinunter ins Flachland führt. Er hat sie aus der Gemeinschaft ausgestoßen wie eine Aussätzige. Hat er sie damit in den Tod geschickt? Nicht doch! Ganz im Gegenteil; schließlich hatte er auf den Beginn der schönen Jahreszeit gewartet, und somit brauchte er sich keine Gewissensbisse zu machen. Vielleicht hatte er sie sogar mit ein wenig Geld versehen, er war schließlich kein durch und durch schlechter Mensch. Er wollte vor allem ein abschreckendes Beispiel geben. Man sollte wissen, dass den Mädchen in Abriès kein Fehltritt erlaubt war.«
    Der Alte hielt inne und richtete sich auf. »Charaktere gab es damals«, sagte er, »die hatten die nötige Härte!«
    Er schüttelte traurig den Kopf. »Aber mein Vater, der war einfach zu rechtschaffen, um reich zu werden. Zum Pfarrer sagt er: ›Sie werden das doch nicht etwa zulassen? Sie haben Christus hinter sich. Und den Christus, den fürchten die doch!‹ Der Pfarrer hob die Arme: ›Ich habe aber auch den Bischof hinter mir‹, sagte er, ›und der ist näher. Und er hat sogar das Recht, mir auf die Finger zu klopfen, und zwar im Namen Christi. Er wird mich sogar dazu verpflichten‹, fügte er mit einem traurigen Lächeln hinzu, ›meine Sonntagspredigt zu ändern, und dieses Ereignis mit irgendeinem Spruch aus dem Evangelium zu veranschaulichen …‹ ›Warten Sie mal!‹, sagt da mein Vater. ›Mir sitzt kein Bischof im Nacken!‹ Und er geht hinunter. Er baut sich vor dem Onkel-Bürgermeister auf: ›Sie sind das Brot nicht wert, das Sie essen! Schämen Sie sich denn nicht? Und Ihr Gewissen? Haben Sie sich denn gar nichts vorzuwerfen? Wissen Sie denn nicht, dass beim nächsten Mal, wenn Sie einen Fuß in die Kirche setzen, das Dach über Ihnen zusammenstürzen wird, wenn Gott einigermaßen konsequent ist? Und über allen anderen auch!‹
    Er zeigte auf alle Männer und vor allem auf all die Frauen, die bei der Verbannung anwesend waren. Auf all diejenigen, die wie im Zirkus dastanden und so lange blieben, bis das Mädchen in der Senke hinter dem Dorf verschwunden war. Niemand vergoss dabei eine Träne. Nicht, dass sie feindselige Schreie ausgestoßen hätten. Sie empfanden einfach nur stille Freude, jeder aus einem besonderen Grund. ›Na und? Es fehlte gerade noch, dass man mit seinem Bauch machen kann, was man will! Na und? Was würde uns dann noch als Belohnung übrig bleiben, uns anständigen Frauen?‹
    Um der Wahrheit willen muss ich nämlich erwähnen, dass mehr Frauen als Männer anwesend waren. Unter dem Vorwand, arbeiten zu müssen, hatten sich fast alle Männer gedrückt, bis auf die alten. Beim Anblick eines dicken Bauchs haben Männer nämlich meist ein ungutes Gefühl. Sie sind sich sehr wohl darüber im Klaren, dass sie gegebenenfalls selbst für so etwas verantwortlich gemacht werden könnten, und so verhalten sie sich lammfromm unter den misstrauischen Blicken ihrer rechtmäßig Angetrauten. Zu gewissen Zeiten zumindest hat für sie die Sinnenfreude einen bitteren Beigeschmack. Denn, wissen Sie, ein ungeplantes Kind in einer armen Gegend, das ist eine wahre Katastrophe!
    Glauben Sie übrigens bloß nicht, dass sich dieser als Bürgermeister kostümierte Weltverbesserer aus der Fassung bringen lässt, als ihn mein Vater am Revers seiner Weste hochnimmt! Kein bisschen! Er mustert ihn von oben bis unten und sagt dann: ›Monsieur Pardigon, wenn Sie mir umgehend versprechen, den Bastard zu ernähren, bis er volljährig ist, hole ich meine Nichte zurück und vertraue sie Ihnen an!‹
    Genau das hat er meinem Vater an jenem Tag ins Gesicht gesagt, der Bürgermeister von Abriès. Und da soll er sich nicht mehr daran erinnert haben? Und da wollen Sie mir nicht abnehmen, dass er mir mindestens zehnmal erzählt hat, was

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