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Der Moloch: Roman (German Edition)

Der Moloch: Roman (German Edition)

Titel: Der Moloch: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stella Gemmell
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Kind hörte auf zu zittern. Der schwache Geruch von geröstetem Fleisch stieg ihm in die Nase, und sein Magen knurrte und verkrampfte sich schmerzlich.
    » Komm schon, Junge. Oder soll ich dich etwa tragen?«, knurrte der Soldat, der ihn hinter sich herschleppte, als die kürzeren Beine des Jungen allmählich ihren Dienst versagten und er stolperte. Sein Arm schmerzte, weil der Mann ihn so hart gepackt hatte und ihn unbarmherzig hinter sich herzog.
    » Er ist noch ein Kind, Flavius«, sagte der andere Soldat sanft. » Der Kaiser kann noch einen oder zwei Augenblicke warten. Der Löwe des Ostens läuft uns ja nicht mehr weg.«
    Der Mann namens Flavius grinste und verlangsamte seinen Schritt ein wenig, damit der Junge mithalten konnte. Der warf dem zweiten Mann, der rote Haare hatte, einen dankbaren Blick zu. Der Soldat erwiderte seinen Blick ernst. Schließlich erreichten sie einen Ort, an dem die Hallen ebenso breit wie hoch zu sein schienen, und die Gesichter an den Wänden glänzten wie die Sonne. Der Junge fühlte sich winzig, während er neben den großen Männern hertrottete, über einen glänzenden grünen Boden, der wie Eis auf einem winterlichen See aussah. Dann kamen sie an zwei große schimmernde Türen, die von Bewaffneten bewacht wurden. Die Türen schienen sich von allein zu öffnen, als die drei sich ihnen näherten. Sie betraten eine riesige Halle, größer als jeder Raum, den der Junge je gesehen hatte. In ihm wimmelte es von Männern und Frauen. Sie drehten sich um und sahen sie an, als sie hereinkamen. Die Gespräche wurden leiser und verstummten nach und nach. Die beiden Soldaten blieben stehen und traten dann, auf einen für den Jungen nicht erkennbaren Befehl hin, vor. Der kleine Junge sah nur Körper, die in bunte Stoffe gekleidet waren, Schwerter in glänzenden Scheiden, Hände mit schweren Ringen und juwelenbesetzte Armbänder, Knöchel, die in Gold gefasst schienen. Die Leute wichen vor ihnen zur Seite, als sie schweigend durch die Menge schritten.
    Dann traten sie zwischen den Menschen heraus auf eine freie Fläche, und die beiden Soldaten blieben stehen. Der Junge stand zwischen ihnen. Der rothaarige Soldat beugte sich herunter. » Versuche, nicht zu weinen«, flüsterte er ihm rasch ins Ohr.
    Verängstigt und verwirrt durch die unerwarteten Ereignisse der Nacht spürte der Junge, wie seine Augen kribbelten, als er diesen Anflug von Mitgefühl in den Worten wahrnahm, aber er schluckte und drängte tapfer die Tränen zurück. Er blickte geradeaus auf einen großen dunklen Stuhl, ebenso breit wie sein Bett lang, auf dem dicke Kissen und Decken lagen. Darauf saß ein Mann mit hellem Haar und einem hellen Bart. Dieser blonde Mann trank aus einem glänzenden Pokal und sprach mit einem sehr großen Mann, der neben ihm stand. Fell konnte nicht hören, was sie sagten, aber sie unterhielten sich lange. In der Zwischenzeit herrschte Schweigen in der Halle. Der Junge fragte sich, ob es wohl in Ordnung war, wenn er sich setzte, denn seine Beine fühlten sich müde an. Doch dann drehte sich der blonde Mann zu ihm herum. Schlagartig vergaß das Kind alle Müdigkeit, denn der Mann hatte eine leere Höhle, wo ein Auge sitzen sollte, und das klaffende Loch war mit getrocknetem, schwarzem Blut verkrustet.
    » Das ist also der Löwenwelpe?«, fragte der Mann und beugte sich auf dem Stuhl vor. Einige Leute im Raum lachten.
    » Sein Name ist Arish«, sagte der rothaarige Soldat. » Er ist seit zwei Jahren bei uns.«
    Der blonde Mann stand auf und schien einen Herzschlag lang zu schwanken. Etliche der Leute, die um ihn herumstanden, traten vor, aber er scheuchte sie mit einer Handbewegung davon. Er ging zu Arish und hockte sich vor das Kind, hielt ihm sein entsetzlich zerstörtes Auge vor das Gesicht.
    » Und, bist du ein guter Junge?«, fragte der Mann ihn.
    Arish spürte, wie ihm die Tränen kamen, aber er erinnerte sich an die Worte des Rothaarigen und konzentrierte sich auf das gute Auge, das schwarz und kalt wirkte, wie das Wasser in einem tiefen Brunnen. » Ja, Ser«, verkündete er.
    » Ich bin dein Kaiser. Du musst mich Sire nennen, Junge.« Das Auge starrte ihn an, ohne zu blinzeln.
    Verwirrt und verängstigt wusste der Junge einen Moment nicht, was er meinte. Doch dann verstand er plötzlich. » Jawohl, Sire«, sagte er laut, und die Leute hinter ihm lachten erneut.
    Der Kaiser stand auf. » Was sollen wir mit ihm machen? Flavius?«
    » Seine Familie ist tot«, antwortete der mürrische Soldat. » Er

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