Der Moloch: Roman (German Edition)
nichts.
Als seine Wunden verbunden waren, blickte Ranul zu Arish hoch. » Es ist ein guter Plan, auf einen Baum zu klettern«, stimmte er ihm zu. » Aber was dann? Wir haben immer noch zu wenig Wasser und nichts zu essen. Und unsere Leute suchen uns erst in einigen Tagen. Sie werden nur verdurstete Leichen finden, die von einem Baum herunterhängen.«
» Einer von uns kann loslaufen und Hilfe holen«, erwiderte Arish. » Die Hunde werden einer flüchtenden Beute nicht nachlaufen, wenn vor ihnen in einem Baum jede Menge Fleisch hängt, direkt vor ihrer Nase.«
» Einer von uns?«
» Ich werde gehen.«
» Du bringst dich also in Sicherheit, Welpe, während der Rest von uns als Köder hierbleibt?«
Arish verbarg seine Verärgerung, zuckte mit den Schultern. » Dann geh du. Oder Riis. Oder von mir aus auch Parr.«
» Das ist ein guter Plan«, erklärte Sami ruhig. » Und Arish ist der schnellster Läufer unter uns. Er sollte gehen.«
Schließlich hatten die Hunde ihre Mahlzeit beendet und trotteten davon auf der Suche nach einem Platz zum Ausruhen. Sie hinterließen eine Masse aus rotem Fleisch und weißen Knochen. Die Jungen ruhten sich ebenfalls aus, bis die Sonne hoch am Himmel stand. Dann brachen sie auf, brennende Zweige in den Händen, während sie versuchten, gleichzeitig in alle Richtungen zu blicken. Schließlich fanden sie einen Baum, der sich hervorragend für ihre Zwecke eignete. Er hatte weiter unten keine Zweige, und die größeren Jungen mussten die anderen hochheben. Aber die Äste, auf denen sie hockten, waren schwer und dick und verliefen parallel zum Boden. Als sie alle sicher oben im Baum hockten, außerhalb der Reichweite des Rudels, entspannten sie sich zum ersten Mal seit zwei Tagen. Alle, bis auf Arish, der ihr restliches Wasser in seinen Rucksack packte, dazu Samis Zündhölzer und ein bisschen Dörrfleisch. Er warf einen Blick auf die Sonne. Er hatte noch etliche Stunden Zeit, bis sie unterging. Wenn er bis dahin die Kaserne nicht erreicht hatte, würde er sich einen anderen Baum suchen, um dort auszuruhen.
Die Hunde waren nicht zu sehen, was nichts bedeutete. Aber selbst wenn sie ihn sahen, hielt er es für unwahrscheinlich, dass sie ihm auch folgen würden. Sie hatten sich gerade erst die Wänste mit frischem Jungenfleisch vollgeschlagen. Das sagte ihm sein Verstand, aber tief in seinem Magen machte sich ein unsicheres Gefühl breit. Er dachte nur an die Karte, die er sich im Kopf eingeprägt hatte, rutschte den Baum herunter und machte sich, ohne zu zögern, in nordwestlicher Richtung auf den Weg.
Die erste Zeit rannte der Junge, so schnell er konnte, während ihm das Herz bis in den Hals schlug. Jedes Geräusch erschreckte ihn. Manchmal war er überzeugt, dass er hinter sich das leichte Tappen von Pfoten hörte, aber immer wenn er sich umblickte, sah er nichts. Nach einer Weile entspannte er sich, er atmete ruhiger, und seine Schritte wurden länger. Er lief mit der untergehenden Sonne an seiner linken Schulter und ruhte in dieser Nacht in den Zweigen einer gigantischen Eiche aus.
Als die Sonne am nächsten Morgen wieder aufging, fiel ihm auf, dass er das blaue Dach des Adamantine-Tempels zwischen den Bäumen sehen konnte. Er war nur noch ein kurzes Stück von seinem Ziel entfernt. Er erreichte die Gebäude am Vormittag und berichtete den wartenden Soldaten atemlos seine Geschichte. Eine Abteilung Reiter machte sich mit zusätzlichen Pferden in die Richtung auf den Weg, die er beschrieben hatte. Kurz vor Sonnenuntergang wurden die fünf anderen Jungen sicher zurückgebracht. Sie prahlten alle, sogar Ranul, vor den erfahrenen Soldaten, die sie gerettet hatten, und lachten und machten Scherze darüber, wie knapp sie dem Tod entronnen waren.
Am nächsten Tag wurden die sechs Jungen verhaftet und angeklagt, Hunde des Kaisers getötet zu haben. Darauf stand der Tod.
22
Es war kurz vor Tagesanbruch auf dem Alten Berg, und die Sonne lauerte noch unmittelbar hinter dem zerklüfteten Horizont. Der Himmel darüber hatte die Farbe von Opalen, aber das Land lag noch im Dunkeln. Die Berge um sie herum waren alle in unterschiedlichen Schattierungen von Schwarz getaucht, und hier und da von feuchtem grauem Nebel gekrönt. Dazwischen lagen die tiefen Täler mit ihrem dichten Regenwald und warteten darauf, dass die Sonne sie mit glänzenden Tautropfen schmückte wie mit Diamanten und Perlen.
Indaro trug Leder und Fell, aber die Feuchtigkeit aus den tiefhängenden Wolken war durch die Risse in
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