Der Moloch: Roman (German Edition)
wohlhabenden Eigner einer Flotte von Handelsschiffen. Man hatte ihm diese unterhaltsame Rolle statt einer Zahlung für einen kaiserlichen Schiffskontrakt gegeben. Der andere war Bal Carissa, ein uralter Seher und langjähriger Berater des Königs. Er war mittlerweile so senil, dass er wohl kaum begreifen würde, was da vor seiner Nase geschah. Arish kniff die Augen zusammen, um den Kaiser zu erkennen, aber alles, was er sah, war ein blonder, bärtiger Mann.
Es war heiß und trocken. Der Sand schien sämtliche Feuchtigkeit aus der Luft zu saugen, und das Wasser, das sie vor etlichen Stunden getrunken hatten, war nur noch eine Erinnerung. Die Arena schien eine Schüssel aus Sonnenlicht zu sein. Arish war schwindlig, und als schließlich der Ankläger vor die neugierige Menge trat, musste er sich konzentrieren, um seine Worte zu verstehen.
Es war ein Soldat in der Uniform eines hohen Generals. Er trug ein Schwert an der Hüfte. Arish spürte, wie seine Hoffnung zurückkehrte. Ein Soldat würde die Notwendigkeit begreifen, die Hunde zu töten. Ein Soldat würde nicht einfach dasitzen und warten, bis er getötet wurde, ganz gleich ob von einem Menschen oder von einem Hund.
Aber als der General den Kaiser ansprach, hörte Arish mit wachsender Ungläubigkeit zu.
» Mein Herr und Kaiser!«, rief der Mann. » Du hast mir heute eine große Gnade erwiesen. Nur wenige Menschen besitzen das Glück, die Gelegenheit geboten zu bekommen, für den Kaiser zu sprechen. Denn der Unsterbliche braucht niemanden, der ihn repräsentiert. Sein Wort ist Gesetz, sein kleinster Wunsch ist Befehl, und jeder seiner Befehle ist in ewigen Stein gemeißelt.«
Arish hörte, wie Sami einen leisen, entmutigten Seufzer ausstieß. Er drehte seinen Kopf ein Stück, und sie wechselten einen vielsagenden Blick.
» Aber am heutigen Tag«, fuhr der General fort, » hat der Kaiser seine Großzügigkeit gezeigt, seinen wahren Edelmut, seine kaiserliche Freigebigkeit. Statt diese jungen Mörder einfach nur zu exekutieren, was sie, wie jeder, der bei Verstand ist, weiß, verdient hätten, hat er ihnen die Gnade eines Prozesses gewährt. Nun«, der Mann stolzierte herum wie ein Gockel, als er sprach, » die Fakten dieses Falles sind einfach. Diese Jungen sind alle Ausländer, denen man großzügigerweise hier Unterschlupf gewährt hat. Sie sind die Söhne von aufsässigen Königen und feindlichen Herrschern, potentielle Verräter im Herzen unserer geliebten Cité. Dennoch hat der Unsterbliche ihnen in all seiner … seiner …«, der Mann stockte, als er nach einem neuen Wort suchte, vergeblich, » Großzügigkeit«, wiederholte er, » Schutz in seinem Palast geboten und ihnen die beste Erziehung angedeihen lassen. Sowohl in der Kunst des Krieges als auch in den Tugenden des Friedens. Sie wurden wie Ehrengäste behandelt. Obwohl ihre Eltern den Kaiser hintergingen und gegen ihn die Waffen erhoben, wurde diesen Jungen nach wie vor hier Unterschlupf gewährt.«
Der General packte sein Kinn, als würde er höchst komplexe Gedanken erwägen.
» Nun ist es hier Sitte, wie ihr alle wisst, unseren jungen, auszubildenden Soldaten sehr viel Freiheit zu gewähren. Andere Länder oder andere Städte mögen hierher blicken und sich vielleicht fragen, warum das so ist. Es ist so, weil …«, er machte eine dramatische Pause und hob theatralisch eine Hand, » unser Kaiser in all seiner … Weisheit glaubt, dass ein Leben, ein Herz, das der Cité freiwillig gegeben wird, erst ein Leben ist, das diesen Namen verdient.« Er verstummte, als wäre er von der Großartigkeit seines eigenen Gedankens überwältigt.
Trotz ihrer trostlosen Lage stieg eine Welle von Heiterkeit in Arish auf. Der Mann war eindeutig ein Narr, wahrscheinlich betrunken. Die Jungen hätten keinen schlimmeren Gegner finden können.
Dieser aufgeblasene Idiot schilderte den Zuschauern den Tag der » Wildzeit« als wäre es ein Fest. Arish dachte wieder zurück an die Jungen, die zwischen den Bäumen dahinrannten, sich wie Welpen in den Blättern wälzten und dachte, dass der Mann nicht ganz falsch damit lag.
» Dann jedoch«, fuhr der General fort, » wurden diese Jungen hungrig. Sie hatten nicht gegessen, als sie den Palast verlassen hatten, aber die großzügige Verpflegung, die man ihnen mitgegeben hatte, reichte ihnen nicht. Also beschlossen sie, ein paar der kaiserlichen Hunde zu töten, die frei in den Wäldern umherliefen, sie zu töten und sie zu essen.«
Ranul lief rot an wie ein Vulkan, der
Weitere Kostenlose Bücher