Der Moloch: Roman (German Edition)
ihren Leibwächtern zurückkamen. Dann war der Dienst der Nachtfalken für heute beendet.
» Komm schon, Mitternacht«, knurrte Berlinger neben ihm. » Ich werde schlafen wie ein Toter.«
Sie hatten mittlerweile fünf Nächte hintereinander Dienst gehabt, » Mauerhocken«, wie Berlinger das nannte. Jemand musste auf den Mauern patrouillieren – die Bürger erwarteten es. Nur für den Fall, dass eine Einheit des Feindes groß genug war, um die vielen Wegstunden Niemandsland zu durchqueren und sich an den zahlreichen Wachposten vorbeizuschleichen. Ohne gesehen zu werden natürlich, um dann einen nächtlichen Angriff auf die nahezu unüberwindlichen Mauern zu starten. Aber heute hatten sie Dienst als Leibwächter und unterstützen die Eintausend, die mindestens zwei Zenturien zu wenig Männer hatten. Eine, das hatten sie gehört, war in einen Hinterhalt einer Abteilung Blauer geraten, als sie einen Doppelgänger des Kaisers bewachten, und die Gulon-Zenturie befand sich auf irgendeiner geheimnisvollen Mission im Osten.
Die Nachtfalken, die Kavallerie der Ersten Adamantine, betrachteten sich selbst als die Elite-Kavallerie und jetzt, da sie keine Pferde mehr hatten, hatten sie von anderen Regimentern jede Menge Spott über sich ergehen lassen müssen. Vor allem von den Eintausend, die sich selbst ebenfalls für die Elite hielten. Also hatte Riis die üblichen Spötteleien von den Leibwächtern erwartet, die am Opernhaus Dienst taten. Aber sie waren merkwürdig wortkarg gewesen.
Riis schnupperte die Luft. Es war eine klare Nacht, und von dem weit entfernten Meer im Westen wehte ein kühler Wind herüber. Er und seine zehn Männer würden am Ende des Damms warten, weit weg von den Spötteleien der Leibwächter, wo sie sich bis Mitternacht entspannen konnten. Und danach, in tiefster Nacht, würde Riis eine Möglichkeit finden, aus seinem Bett zu schlüpfen und über die Mauern zu Petalinas Garten zu kommen, um zu überprüfen, ob eine Nachricht für ihn da war.
Sie hatten den stillen Damm fast zur Hälfte überquert, mit Riis an der Spitze, als er das leise, aber unverkennbare Geräusch eines Schwertes hörte, das aus der Scheide gezogen wurde. Er blieb stehen, drehte sich um und hob die Hand, als Berlinger etwas sagen wollte. Ja, das Geräusch von vielen Schwertern, die gezogen wurden, kam aus dem Opernhaus. Riis zog seine eigene Waffe und rannte zurück über den Damm, gefolgt von seinen Leuten.
Die fünf Soldaten der Eintausend, die zu der Zenturie gehörten, die sich Leoparden nannten, hatten die Portale geschlossen und drehten sich mit gezückten Waffen zu ihnen um.
» Lass gut sein, Riis!«, rief ihr Anführer, ein Veteran, den er gut kannte. » Geht weg!«
Riis schüttelte den Kopf. » Du weißt, dass wir das nicht können, Kantei! Tritt zur Seite!«
Von der anderen Seite der Portale her hörten sie das Klirren von Metall auf Metall. Riis hatte zwar keine Ahnung, was da vor sich ging, aber er wusste, dass wenn im Opernhaus gekämpft wurde, die Eintausend eigentlich dort sein und ihre Herren schützen sollten, anstatt von draußen die Türen zu bewachen und Unterstützung daran zu hindern hineinzugelangen. Riis senkte den Kopf, als wollte er überlegen, dann sprang er vor und rammte dem Anführer der Leoparden sein Schwert in den Hals, unmittelbar über dem Rand seiner Rüstung. Kantei stolperte, tödlich verletzt. Aber noch während das Blut aus seiner Kehle spritzte, griff er selbst Riis an. Der wich aus. Kanteis Klinge schnitt durch Riis’ Lederwams und ritzte seinen Oberarm. Dann fiel der Mann sterbend auf ein Knie, und Riis rammte ihm das Schwert durch den Hals bis ins Herz.
Er sprang zurück. » Was macht ihr da?«, fragte er die restlichen vier Soldaten, die Kanteis Leiche anstarrten. » Eure Pflicht gilt Marcellus!«
» Um Marcellus kümmern wir uns gerade«, erwiderte einer der Männer grimmig.
Dann sprang er mit einem lauten Brüllen vor, und Berlinger trat ihm entgegen. Er wehrte mit dem Schwert den Hieb seines Widersachers ab, dann prallte die Waffe klirrend gegen den erhobenen Schild. Riis bückte sich und hob rasch Kanteis Schild auf. Dessen Leichnam lag zusammengesunken zu seinen Füßen, halb auf dem Damm. Riis trat ihn ins Wasser, um sich Platz zu verschaffen.
Er hatte zehn Männer, und es gab nur noch vier Leoparden. Aber der Damm war schmal, und sie konnten nur zu zweit nebeneinander angreifen. Zudem trugen die Eintausend stählerne Rüstungen und Schilde, während Riis’ Männer nur
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