Der Moloch: Roman (German Edition)
Elija?«
Der Junge schien mit sich zu ringen. » Laut der Karte gibt es viele Wege zum Graben. Und dieser ist sehr schmal«, antwortete er. » Ein schmaler Weg steht schneller unter Wasser als ein breiter. Und dieser Kanal hier …«, er tippte entschieden auf eine Linie auf der Karte. » Ich bin sicher, dass ich mich daran erinnere.«
Indaro war unsicher. Sie hatte nur Elijas Wort, dass er sich in dem Gewirr der Kanäle zurechtfand, aber er wirkte mit jedem Moment unzuverlässiger. Sie warf einen weiteren langen Blick auf die Karte und versuchte, sich den Weg zum Brachwasser-Graben einzuprägen. Bisher hatte ihr Orientierungssinn sie noch nie im Stich gelassen. Sie wusste, dass dieser Graben nordöstlich von ihnen lag, und wenn sie sich grob in diese Richtung hielten, konnten sie ihn nicht verfehlen. Sie nickte zögernd.
Der Weg wurde sehr schnell sehr schwierig, die Gänge waren schmal und steil. Gil ging immer noch voraus, während sich Elija und seine Leibwächter in der Mitte der kleinen Armee aufhielten. Indaro und Staker bildeten die Nachhut. Ständig lief Wasser an ihnen vorbei, zumeist Frischwasser, und es füllte die Tunnel, durch die sie sich kämpften, oft bis zur Hälfte. Das Wasser war eiskalt, und sie waren bald vollkommen durchnässt und froren. Immer wieder gingen die Laternen aus und konnten nur unter großen Schwierigkeiten neu entzündet werden. Indaro ertappte sich dabei, wie sie sich unwillkürlich die Sicherheit einer flackernden Fackel zurückwünschte.
Indaro und Staker am Ende der langsam vorrückenden Truppe mussten oftmals lange warten, und manchmal an unangenehmen Stellen, während der Rest der Soldaten vor ihnen irgendein Hindernis aus dem Weg räumte. Es wurde zwar jedes Mal eine Nachricht bis nach hinten durchgegeben, aber es war trotzdem frustrierend, in dem eiskalten Wasser herumzustehen, manchmal sogar stundenlang, wie es schien, während sich zweihundert Männer durch einen winzigen Spalt in einer Tunnelwand zwängten oder ein steiles, senkrechtes Abwasserrohr hinaufkletterten. Bei ihrem früheren Aufenthalt unter der Erde hatte sich Indaro zumeist an die ausgetretenen Pfade innerhalb der hohen Hallen gehalten. Mit einer Fackel in der einen Hand und die andere am Schwertgriff war sie herumgelaufen und hatte zugesehen, wie Ratten und Kloaker ihr furchtsam aus dem Weg gegangen waren. So etwas wie dies hier hatte sie noch nie ertragen müssen, wie ein Maulwurf im Halbdunkel festzusitzen, ein blinder Maulwurf in einem halb überschwemmten Tunnel, während das gewaltige Gewicht der Cité auf ihnen zu lasten schien.
Sie wusste, dass es für Staker noch viel härter sein musste als für sie, denn er war nicht so beweglich, und seine breiten Schultern passten gerade so durch einige der schmalen Spalten, durch die sie klettern mussten. Jedes Mal, wenn sie eine neue Öffnung erreichten, maß sie sie mit ihrem Blick ab und fragte sich, ob er es auch diesmal schaffen würde oder ob sie ihn im Dunkeln zurücklassen musste.
Als Indaro schließlich schon glaubte, sie könnte es nicht mehr länger ertragen, quetschte sie sich durch einen langen, schmalen Tunnel und gelangte endlich in einen weiten, offenen Raum, durch den ein reißender Fluss strömte. Am Luftdruck spürte sie, dass sie sich in einem hohen, breiten Tunnel befanden, und vermutete, dass dies der Brachwasser-Graben war. Die Soldaten saßen an der Seite des Grabens und warteten geduldig auf sie. Als sich Staker durch den Spalt quetschte, stießen die Männer einen rauen Jubelschrei aus.
Gil nickte Indaro zu, dann erhob er die Stimme, um sich über das Rauschen des Wassers hinweg verständlich zu machen. » Wir sind schnell vorangekommen. Wir werden jetzt alle essen und zwei Stunden ausruhen, dann gehen wir weiter. Von hier an sollte der Weg einfacher sein.«
Elija schlenderte zu Indaro hinüber und grüßte Staker mit einem schüchternen Lächeln.
» Ist dass hier die Stelle, an der du herauskommen wolltest?«, fragte Staker.
Elija runzelte die Stirn. » Auf den Karten sind die schmalen Spalten und Abwasserrohre nicht eingezeichnet, durch die wir geklettert sind. Aber ich glaube, dass wir uns jetzt im Brachwasser-Graben befinden, also gehen wir in die richtige Richtung.«
» Ich finde es seltsam«, meinte Indaro, » dass so ein großer Kanal, wenn es denn wirklich der Kanal ist, so wenig Wasser führt. Es hat schon tagelang geregnet, bevor wir die Höhlen auch nur betreten haben.«
Elija nickte. » Alle Tunnel sollten
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