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Der Moloch: Roman (German Edition)

Der Moloch: Roman (German Edition)

Titel: Der Moloch: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stella Gemmell
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hatte das Pech gehabt, auf eine Patrouille Wachsoldaten zu treffen, die müde und leise vielleicht nach einer langen Schicht auf dem Weg zurück zur Kaserne waren. Die sechs Männer hatten sie im selben Moment erblickt, in dem Emly sie gesehen hatte, und sich mit lautem Gebrüll an die Verfolgung gemacht. Sie wusste, dass sie sie nicht jagten, weil sie eine Verschwörerin war oder eine Kloakerin, sondern weil sie ein Mädchen war. Wenn sie sie erwischten, würde sie so viel flehen können, wie sie wollte, sie würde diese Begegnung sehr wahrscheinlich nicht überleben.
    Die Decke wurde niedriger und der Tunnel dunkler. Emly spürte, wie Panik in ihr aufstieg. In völliger Dunkelheit wäre sie verloren, und zwar in jedem Sinne des Wortes. Sie würde umherirren, bis sie in einer pechschwarzen Zisterne ertrank, oder von einem tückischen Felsvorsprung stürzen, oder von den Soldaten weinend in einer Ecke gefunden werden.
    Da sah sie einen schwachen Lichtfleck, der auf dem nassen Boden vor ihr tanzte, und blieb dankbar stehen. Sie sah nach oben. In der Decke erkannte sie die Öffnung eines hohen Schachtes. Er hatte in etwa den Umfang eines fetten Mannes. Ein schwaches, fahles Licht fiel hindurch. Sie blinzelte und sah genauer hin und glaubte, auf einer Seite eine feste Eisenstange zu erkennen. Vielleicht war es die unterste Sprosse einer Metallleiter. Emly nahm rasch ein dünnes Seil von ihrem Gürtel, das sie dem Bibliothekar gestohlen hatte, zog dann das ebenfalls gestohlene Messer aus der Scheide und band es an das Ende des Seils. Sie holte tief Luft und beruhigte sich. Dann warf sie das Messer nach der Metallstange. Es prallte ab und fiel klappernd zu Boden.
    In dem Moment hörte sie das Geräusch, das sie gefürchtet hatte. Das ferne Knirschen von Stiefeln auf dem Stein des Tunnels, das Grunzen von Soldaten, die immer noch auf der Jagd waren.
    Sie warf das Messer erneut. Diesmal erreichte es nicht einmal die Stange. Sie hob es wieder auf und versuchte es ein drittes Mal. Diesmal fiel das Messer über die Stange und klemmte sich in dem Spalt zwischen Stange und Wand des Schachtes fest. Sie hielt den Atem an, zog vorsichtig an dem Seil – das Messer löste sich, fiel und traf sie hart über dem linken Auge. Sie vergaß alle Vorsicht, legte den Kopf in den Nacken und schrie. Das unheimliche Geräusch hallte von den Mauern des Tunnels zurück, schien das schwarze Wasser vor ihren Füßen zu kräuseln und schlug Wellen in der feuchten Luft um sie herum.
    Sie wischte das Blut ab, das ihr ins Auge lief, und versuchte es erneut. Wieder glitt das Messer zwischen Stange und Wand. Emly holte tief Luft und zog an dem Seil. Diesmal löste sich das Messer, rutschte hinter die Stange und fiel dann direkt in ihre wartende Hand. Sie band es rasch los und packte dann das doppelte Seil. Die Jahre, die sie mit schweren Glasscheiben gearbeitet hatte, hatten ihr Kraft in Armen und Schultern verliehen. Sie zog sich ohne Probleme hinauf. Sie hatte sich nicht geirrt, es war eine alte Leiter. Kurz darauf kauerte sie in dem hohen Schacht, klammerte sich an der Leiter fest und zog das Seil hoch.
    Nur wenige Herzschläge später trampelten die Soldaten unter ihr vorbei. Keiner von ihnen hob auch nur den Kopf. Dann waren sie weg, und sie hörte nur noch das Klatschen ihrer Schritte in der Ferne.
    Emly blickte hoch. Jetzt hatte sie eine Wahl. Nach all den Stunden im Tunnel, eingesperrt wie eine Ratte in einem Rohr, konnte sie sich endlich entscheiden. Sie konnte zurückklettern, ihre unterirdische Suche nach den Verliesen fortsetzen und hoffen, dass sie nicht auf eine weitere Patrouille stieß. Oder aber sie konnte hinaufklettern und sich einen Weg durch den Palast suchen. Trotz ihrer Angst um Bartellus hielt sie es für besser hinaufzuklettern.
    Der hohe Schacht war uralt und die Wände uneben. Sie fand zwar genügend Halt, um sich abzustützen, aber nachdem sie das Ende der Leiter erreicht hatte, bröckelten die Steine tückisch unter ihren Händen und Füßen. Der Schacht war ein wenig geneigt, was ihr einen Vorteil verschaffte, aber er war auch sehr breit. Sie kletterte wie eine Spinne nach oben, spreizte ungelenk Arme und Beine und arbeitete sich so Zentimeter um Zentimeter nach oben, dem fernen Licht entgegen. Ihre Arme und Beine zitterten von der Anstrengung, aber der Schacht wurde allmählich schmaler, was ihren Aufstieg leichter machte.
    Schließlich erreichte sie eine Kreuzung, auf die drei Wege mündeten. Sie stemmte die Beine gegen

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