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Der Moloch: Roman (German Edition)

Der Moloch: Roman (German Edition)

Titel: Der Moloch: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stella Gemmell
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dickem cremefarbenem Papier gezeichnet und mit Hunderten winzigen kunstvollen Zeichnungen von Wehren und Verbindungen übersät. Mit Kreuzungen von Rohren und gigantischen Zisternen, mit umherspringenden Hunden, jagenden Katzen, Arbeitern, Gelehrten und Huren, Seeleuten und sogar mit Zeichnungen von Ingenieuren, die auf dem Gelände umherliefen. Dem Kaiser gefielen diese Zeichnungen, und er übertrug Lazarides den Posten des Ersten Ingenieurs der Cité, und zwar nur aufgrund dieser Pläne. Wie sich herausstellte, war der junge Mann auch ein ausgezeichneter Architekt, zudem Mathematiker, Astronom und Philosoph. Selbst heute noch erinnerte man sich an seinen Namen. Einige jedenfalls.
    Damals gab es noch zahlreiche Freiflächen innerhalb der Cité – Weiden und Parks und einige Bauernhöfe. Lazarides ließ sie alle aufgraben, ließ tiefe Gruben ausheben, in die er die Knochen und Gelenke seines neuen Systems versenkte, die Hauptkanäle, wie zum Beispiel den Bruch-Graben, oder riesige, komplexe Wehre wie das Saduccus-Wehr, dass die Menschen sehr viel später das Gierwehr nennen sollten. Obwohl im Laufe eines Jahrtausends viele Tunnel und Zisternen einstürzten, ausgelaugt vom Alter, Wasser und der Zeit, war das Saduccus-Wehr ein solches Wunderwerk der Ingenieurskunst, dass es bis zum heutigen Tage beinahe unversehrt seinen Dienst leistete. Es ging schließlich nur kaputt, weil das System der halbjährlichen Überprüfungen und Reparaturen innerhalb des letzten Jahrhunderts infolge des Krieges aufgegeben worden war.
    Die Funktion des Saduccus-Wehrs, was Bartellus sofort gewusst hätte, wenn er den Namen bei seiner Lektüre erkannt hätte, bestand darin, größere Trümmerteile, die von der obersten Ebene der Abwasserkanäle herabkamen, zu zerkleinern und herauszufiltern und so zu verhindern, dass diese Abfälle die älteren und empfindlicheren tiefer gelegenen Tunnel blockierten oder gar verstopften. Als die erste Walze dieses Wehrs brach und vom Strom mitgerissen wurde, setzte das ein Unheil in Gang, das ebenso unausweichlich wie katastrophal war. Die unteren Tunnel verstopften allmählich, wurden wieder freigespült und verstopften erneut, immer und immer wieder im Laufe der Jahre. Mehr und mehr von ihnen gaben unter dem Gewicht des Wassers nach, und jeden Herbst und Winter wurden die unteren Ebenen überflutet. Selbst die Kloaker konnten sie nicht mehr betreten, es war zu gefährlich, sogar im Sommer. Und der Wasserspiegel unterhalb der gesamten Cité stieg allmählich.
    Jetzt war der Zustand des Wehrs kritisch und unheilbar. Mehr als die Hälfte der Walzen war zerstört, und die daraus resultierenden Lücken wurden von Trümmern blockiert. Als die andauernden Winterregen den Druck erhöhten, begannen sich die hölzernen Pfeiler und die alten Steinquader zu bewegen. Zuerst nur um eine Haaresbreite und dann immer öfter um eine Fingerbreite.
    Als das uralte Wehr schließlich nachgab, erinnerte sich niemand mehr an seinen Namen und niemand registrierte, wie es verschwand.
    Weit unterhalb des Gierwehrs und ein Stück weiter westlich davon liefen Indaro und der Invasionstrupp vor einer wesentlich geringeren Bedrohung davon. Sie rannten über den Bruch-Graben, flohen vor dem allmählich bröckelnden Damm und suchten verzweifelt nach einem Ausweg.
    Ein Soldat blieb stehen und hob seine Laterne. » Hier!«, schrie er. » Hier entlang!«
    Er hatte einen hohen, schmalen Spalt im Felsen entdeckt. Tief in seinem Schatten sahen sie etwas, das wie uralte Stufen aussah, die steil nach oben führten. Der Soldat stürzte in den Eingang. Sie konnten seine Stiefel sehen, die nach oben kletterten, dann war er verschwunden. Der Rest der Armee versammelte sich um den Spalt, und die Soldaten sahen sich ängstlich um, begierig darauf, einen Ausweg zu finden.
    Elija packte Gils Arm. » Nein!«, sagte er. » Das ist der falsche Weg!«
    » Aber er führt nach oben!«, widersprach Gil. » Weg von der Flut.«
    » Nein!«, schrie Elija verzweifelt. » Ich habe diesen Weg auf der Karte gesehen. Ich weiß, wohin er führt. Er steigt eine Weile nach oben, aber dann führt er hinab zum Wohinnergeht. Sieh selbst …«
    Er zog die Karten aus seinem Rucksack. Die feuchten Blätter waren inzwischen verdreckt und klebten aneinander. Es kostete wertvolle Sekunden, in denen er versuchte, sie aufzufalten. Die Soldaten drängten sich ungeduldig um den Spalt.
    » Der Weg führt nach oben. Das reicht mir!«, rief einer und kletterte durch die schmale

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