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Der Moloch: Roman (German Edition)

Der Moloch: Roman (German Edition)

Titel: Der Moloch: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stella Gemmell
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bedauernd auf den Boden aus rauen Brettern, auf dem sich Regenwasser sammelte.
    » Und?«, wollte Hayden wissen.
    » Das ist Adelmus«, sagte der Adjutant. » Er ist ein Kundschafter der Odrysianer. Ich verbürge mich für seine Identität.«
    » Adelmus?«
    » Ser«, sagte der Reiter, ohne den Blick vom Boden zu leben. » Die Alarmgongs wurden geschlagen. Im Roten Palast.«
    » Wie lange ist das her?«
    Der Kundschafter schien von der Frage überrascht zu sein. Und Hayden fragte sich, ob das hier das Beste war, was die Odrysianer noch zur Verfügung hatten.
    » Bevor ich losgeritten bin, Ser.«
    Hayden unterdrückte seine Verärgerung. » Bist du sofort aufgebrochen?«
    Der Junge nickte, schniefte und wischte sich die Nase am Ärmel ab.
    » Und du bist ohne Pause durchgeritten?«
    » Jawohl, Ser.«
    » Danke, Adelmus.« Dann wandte er sich an seinen Adjutanten. » Sorge dafür, dass er etwas zu essen bekommt und dann sicher zu seinen Leuten zurückkehrt. Und Tyler …?«
    » Ser?« Der Adjutant blieb stehen.
    » Warum hat ein Odrysianer uns mit dieser Nachricht vor unseren eigenen Leuten erreicht?«
    » Ich weiß nicht, Ser.« Tyler schien die Schultern zucken zu wollen, unterließ die Geste dann aber. » Vielleicht sind unsere eigenen Kundschafter abgefangen worden.«
    » Vertrauen wir diesem Jungen? Er scheint ein bisschen schlicht gestrickt zu sein.«
    Diesmal zuckte Tyler mit den Schultern. » Er ist der, der er zu sein behauptet, Ser. Vielleicht wählen die Odrysianer ihre Kundschafter eher nach ihrer Schnelligkeit im Sattel aus als nach ihrer Schnelligkeit im Kopf.«
    Hayden knurrte und warf einen Blick auf Maron. Der wiederum blickte auf die Uhr auf dem Schreibtisch. » Es ist noch weit vor Mittag. Wir könnten auf eine Bestätigung warten.«
    Der General schüttelte den Kopf. Er stand auf, und packte erneut seinen Schwertgurt. Er schlang ihn sich um die Hüften, dann trat er aus dem Zelt in den Nieselregen. Pieter Arendt, seine Brüder, Adjutanten und Anhänger drehten sich zu ihm um und beobachteten ihn unter ihrem Regenschutz hervor. Er sah, wie sie die Köpfe hoben und die Schultern strafften. Das Gemurmel der Gespräche um ihn herum wurde erst leiser, dann verstummte es ganz, als die Soldaten ihn bemerkten und begriffen, dass jetzt der Augenblick gekommen war. Die Kommandeure der Einheiten tauchten aus dem Grau des Regens auf und sahen ihn erwartungsvoll an. Einige hielten die Zügel frischer Pferde in den Händen, gesattelt und bereit.
    Hayden sah sich um. Schwaches Sonnenlicht drang durch die Regenwolken, die ersten Sonnenstrahlen seit Tagen. War das ein gutes Omen? An einem klaren Tag hätten sie in drei Richtungen einen weiten Blick genießen können, einen der schönsten Ausblicke der Welt. Im Westen weit über das Meer, das im Winter silbrig schimmerte wie Schiefer, im Sommer dunkel war wie Wein; im Osten auf Ebenen, die einst von grünem Gas bewachsen waren, und auf die Pferde, die darauf gediehen; und im Norden auf die größte Stadt der Welt. Hayden blickte nach Norden. Er konnte gerade so die Umrisse der Cité erkennen. Sie liegt auf der trostlosen Ebene wie trockener Schorf, dachte der General.
    » Tyler.«
    » Ser.«
    » Gib den Befehl, den unteren Damm zu sprengen.«
    Der Adjutant nickte und verschwand in den grauen Regenschleiern. Die Männer warteten schweigend. Die Pferde wieherten leise, traten unruhig hin und her und schnaubten. Dann schoss plötzlich ein Leuchtfeuer in den Himmel, stieg hinauf durch den Regen, flackernd und zischend. Der fahle gelbe Glanz ließ die nach oben gerichteten Gesichter der Krieger wie Totenschädel aussehen.
    » Bereit machen zum Abmarsch«, befahl der General.
    Fell Aron Lee war seit zwei langen Nächten in der Cité. Es hatte ihn einige Mühe gekostet hereinzukommen. Die großen Tore waren alle verschlossen, verriegelt und verbarrikadiert. Ein Aufflackern erhöhter Wachsamkeit nach den Vorfällen im Kleinen Opernhaus. Händler, Ausländer und sogar gewöhnliche Bürger der Cité mussten warten, manchmal tagelang, bevor sie von den gereizten und misstrauischen Wachen zögernd herein- oder herausgelassen wurden. Fell hatte Indaro, Gil und die anderen etwa eine Wegstunde vor der Mauer verlassen und war allein hergeritten. Verblüfft hatte er festgestellt, dass sich vor dem Tor eine Zeltstadt gebildet hatte. Viele Tausend Menschen kampierten im strömenden Regen und warteten darauf, eingelassen zu werden. Er hatte den Wachen die Papiere präsentiert, die

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