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Der Moloch: Roman (German Edition)

Der Moloch: Roman (German Edition)

Titel: Der Moloch: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stella Gemmell
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viereckiger weißer Raum, der mit einem Schreibtisch und etlichen Holzstühlen möbliert war. Auf dem Schreibtisch stapelten sich Unterlagen. Es war so eindeutig ein Büro, ein Teil der aufgeblähten Palastbürokratie, dass Fell lächeln musste.
    Eine andere Tür öffnete sich, und ein großer Mann trat ein. Fell erkannte in ihm Boaz, den Kommandeur der Eintausend. Für Fell war er die wichtigste Person nach dem Unsterblichen, die getötet werden musste. Denn er war der einzige ernsthafte Konkurrent der Vinceri um den Thron des Kaisers. Zwei Soldaten flankierten ihn. Ihre Schwerter steckten in den Scheiden.
    Boaz sah beide an und nickte dann Fell zu.
    » Fell Aron Lee?«
    » Jawohl, Ser.«
    » Wer ist das?« Er deutete auf Broglanh.
    » Mein Adjutant, Garvy.«
    » Du brauchst keinen Adjutanten. Führt ihn hinaus.«
    Natürlich hatten sie damit gerechnet. Broglanhs Auftrag lautete, sich so lange wie möglich im Palast aufzuhalten in der Hoffnung, irgendwann hilfreich sein zu können. Fell nickte ihm kurz zu, und Broglanh drehte sich um, um hinauszugehen.
    » Einen Moment, Soldat«, befahl Boaz. » Zieht eure Hemden aus, beide.«
    Fell verkniff sich, Evan anzusehen. Er streifte sein Wams ab, und ließ es auf den Boden fallen, dann zog er sein Hemd aus. Broglanh folgte seinem Beispiel. Der Bedienstete, der sie hereingeführt hatte, untersuchte ihre Brust und ihren Rücken und betrachtete die vielen Wunden. Dann sah er Boaz an und schüttelte den Kopf.
    » Ihr tragt viele ehrenvolle Narben«, sagte Boaz. Fell hatte den Eindruck, dass in seiner Stimme Respekt mitschwang. Immerhin war er selbst Soldat. Sie zogen ihre Kleidung wieder an, und Boaz nickte dem Bediensteten zu. Der führte Broglanh hinaus.
    » Unsere Quellen sagen, du behauptest, der Sohn des Unsterblichen zu sein«, sagte Boaz. Seine Augen wurden härter.
    » Aber nein, Ser!« Fell bemühte sich, verlegen auszusehen, während er sein altes Wams überstreifte und das versteckte Messer spürte. » Ich bin der Sohn des Löwens des Ostens, jedenfalls hat man mir das gesagt. Ich spreche normalerweise nicht darüber, Ser. Jetzt bin ich jedenfalls ein loyaler Sohn der Cité. Die Vergangenheit kümmert mich nicht. Aber«, er senkte den Blick, als wollte er seine Scham verbergen. In Wirklichkeit jedoch versuchte er, den Mangel an Scham zu vertuschen. » Ich war irgendwann einmal in einer Schenke und etwas betrunken, nach der Vernichtung der Maritimen. Da habe ich gesagt, dass ich in meine wahre Heimat zurückkehren würde, weil die Cité dem Untergang geweiht wäre. Ich habe das nicht wirklich so gemeint, Ser, sondern nur den Mund etwas voll genommen. Dann hat mich jemand gefragt, ob ich mich an meinen Vater erinnern würde. Ich sagte nein … Immerhin bin ich erst nach dem Angriff des Unsterblichen auf den Palast des Löwen geboren. Jemand lachte und sagte, dann müsste ich wohl der Bastard des Unsterblichen sein.« Er zuckte mit den Schultern. » Da hat nur das Bier aus mir gesprochen, Ser.«
    Boaz starrte ihn an. Seine Miene war vollkommen ausdruckslos.
    » Und«, plapperte Fell weiter, » ich hatte das vollkommen vergessen. Aber irgendjemand muss diesen Zwischenfall dem Palast gemeldet haben …« Er verstummte. » Ich erhebe keinerlei Ansprüche, Ser. Es ist nicht wichtig, wer mein Vater war, wer auch immer es gewesen sein mag. Ich stehe loyal zur Cité. Das habe ich, glaube ich, in der Vergangenheit bewiesen.«
    » Trotzdem hast du deinen Namen geändert und so vor der Cité geheim gehalten, dass aus dem Kind Arish der Mann Fell Aron Lee wurde.«
    » Das war Shuskaras Idee«, sagte Fell und hasste sich dafür. Er nahm sich vor, diesen Verrat an Shuskara wiedergutzumachen, wenn das in seiner Macht stand. » Er glaubte, dass er mich dadurch beschützen könnte.«
    » Du bist der Sohn eines Feindes der Cité. Der Freund eines Verräters an der Cité.« Boaz dachte nach. » Man kann sich seinen Vater nicht aussuchen, Soldat, aber seine Freunde sehr wohl. Du hast nicht sonderlich klug gewählt.«
    » Shuskaras Verrat ereignete sich erst lange Jahre, nachdem wir schon getrennte Wege gingen.«
    » Kannst du durch irgendetwas beweisen, dass du Arish bist?«
    Fell schüttelte den Kopf.
    » Keine Geburtsmale? Keine Erinnerungen an deine tote Mutter?«
    » Die Vergangenheit interessiert mich nicht«, wiederholte Fell.
    Boaz überlegte. Er war ein hagerer Mann mit dunklen Augen und dunkler, pockennarbiger Haut, und, wie Fell bemerkte, mit ungewöhnlich langen, anscheinend

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