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Der Moloch: Roman (German Edition)

Der Moloch: Roman (German Edition)

Titel: Der Moloch: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stella Gemmell
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denn die grauen Wolken hingen tief über der Cité, und der dichte Regen reduzierte die Sicht auf ein paar Meter. Aber sie hörten sie, und ein Soldat nach dem andern verstummte. Es klang wie Donner, aber kein Donner hatte jemals so lange gegrollt. Es erinnerte auch an den Angriff einer Kavallerie, aber selbst diese Pferdeschinder waren nicht so dumm, diese Mauer anzugreifen. Als die Wand aus Wasser schließlich die Wolken und den Nebel vor ihren Augen durchbrach, konnten sie nicht glauben, was sie sahen. Viele von ihnen starben ahnungslos.
    Als die Spitze der Welle auf die Mauer traf, mehr als doppelt so schnell wie ein galoppierendes Pferd, war sie höher als die Bastion. Alle Soldaten auf den Zinnen wurden in einem Herzschlag ausgelöscht. Die Mauer wankte, ächzte und brach dann an vielen Stellen zusammen, wenn auch etliche Türme diesem ersten Schlag trotzten.
    Der Ansturm des Wassers war zwar von der Adamantine-Mauer geschwächt worden, kam aber nicht zum Erliegen. Es rauschte weiter, über die Mauer hinweg und durch den Sarantine-Wall. Mit sich führte es eine tödliche Fracht aus Baumstämmen, Zweigen und anderem Müll, den es unterwegs aufgelesen hatte. Jeder, der dieser Flut in die Quere kam, starb. Die Häuser und Hütten der Armen in den Vierteln von Barenna und Burman Süd wurden einfach hinweggefegt. Die Menschen starben, zerschmettert von der Wucht des Wassers, oder ertranken. Das Wasser strömte nach unten, wo immer es konnte, flutete die Abwasserkanäle erneut und vernichtete die letzten noch funktionierenden Reste der uralten Maschinerie. Es ertränkte auch die übrig gebliebenen Kloaker, obwohl nur noch wenige dort lebten, die hätten sterben können. Als es den Roten Palast erreichte, war seine Macht jedoch geschwächt, und die Wachen, die dort auf den Zinnen standen, sahen erst vollkommen entsetzt und dann erleichtert zu, wie sich die große Woge harmlos an der Mauer unter ihren Füßen brach.
    Als sie den Donner hörten, glaubten sie, es wäre ein Sturm in der Ferne. Sie begriffen nicht, dass die Blauen das zweite Reservoir gesprengt hatten.
    Fell wirbelte auf dem Absatz herum, rammte das Messer durch den Kinnschutz eines der Soldaten, riss es wieder heraus und durchtrennte einem anderen damit die Kehle. Heißes Blut spritzte über ihn. Als die beiden Krieger fielen, schnappte er sich eines ihrer Schwerter und genoss das wütende Knurren ihrer Kameraden. Die Soldaten der Eintausend wurden von dem Befehl eingeschränkt, ihre Beute nicht zu töten, und er vermutete, die Furcht vor ihrem Herrn war so groß, dass sie nicht einmal riskieren wollten, ihm auch nur eine Schramme zuzufügen.
    Trotzdem wusste er, dass er nicht lange durchhalten würde … allein ihre Anzahl würde ihn innerhalb weniger Augenblicke zur Aufgabe zwingen.
    Er wirbelte herum, schlug zu und drehte sich erneut um die eigene Achse. Er musste ständig in Bewegung bleiben; den Luxus eines Ausfalls, eines Stoßes nach Lenden oder Auge konnte er sich nicht leisten. Er hielt das Schwert mit beiden Händen, blieb ständig in Bewegung, schlug um sich, durchtrennte Haut und Knochen, zerfetzte Kleidung.
    » Haltet ihn auf! Jetzt!«, befahl eine tiefe Stimme. Er grinste, genoss ihre Frustration. Er hörte die Flüche, die auf ihn herabprasselten, als sie versuchten, ihn zu bezwingen, ohne ihm Schaden zuzufügen. Aus weiter Ferne hörte er das Geräusch von Gongschlägen. Es waren zwei Gongs, die abwechselnd und immer schneller geschlagen wurden. Er fragte sich, ob er der Grund dafür war.
    Der Griff eines Dolches prallte von seinem Kopf ab, und er stolperte. Er durfte nicht fallen. Dann wären sie im Nu über ihm. Er tänzelte vorwärts, seitwärts, trennte eine halbe Hand ab und wich zurück, als das Opfer laut aufheulte. Er dankte den Göttern von Eis und Feuer, dass die Eintausend ihre Waffen so gut in Schuss und so scharf hielten.
    » Bringt ihn endlich um!«, schrie jemand wütend. Sofort konterte die tiefe Stimme: » Ihr kennt eure Befehle!« Fell grinste freudestrahlend. Aber dann befahl dieselbe Stimme: » Schilde zusammen und dann kreist ihn ein.«
    Von den Körpern seiner Feinde umzingelt ließ er sich einen Moment Zeit, um einen Schild vom Boden aufzuheben und ihn sich über den Arm zu streifen. » Wer ist der Nächste?«, erkundigte er sich. Er sah sich um und trat dann mit voller Absicht auf zwei übereinanderliegende Leichen. Er hörte das wütende Knurren ob dieser Beleidigung, aber sie hatten ihre Befehle, und er konnte

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