Der Moloch: Roman (German Edition)
den ich jemals kennengelernt habe. Du hast das Herz eines Soldaten, und ich vertraue dir mein Leben an.«
Sie hob das tränenüberströmte Gesicht und starrte ihn ernst an. Er fragte sich, ob sie auch nur ein einziges seiner Worte verstanden hatte.
» Und jetzt müssen wir wieder zurück in die Welt gehen, mein kleiner Soldat. Wir werden gemeinsam in die Welt zurückgehen.«
Er beobachtete sie, bis sie alle Tränen weggeblinzelt hatte und nickte. Ihr Mut berührte ihn. Er stand auf, nahm ihre Hand in seine, und gemeinsam kehrten der alte Mann und das kleine Mädchen zurück ins Tageslicht.
7
Nachdem das Ruderboot verschwunden war, warteten Elija und Amita noch lange, bevor sie sich aus dem Schlamm befreiten, der sie festzuhalten schien. Dann folgten sie dem Boot. Nach einem kurzen, mühsamen Marsch durch den Schlamm erreichten sie festeren Boden. Unter ihren Füßen spürten sie jetzt harten Fels, und sie kamen rasch voran. Außerdem war es so hell, dass sie alles um sich herum erkennen konnten. Der Fluss strömte auf eine niedrige, breite Öffnung zu, durch die das Tageslicht hereinfiel. Das unheimliche Kreischen wurde immer lauter.
Amita stieß Elija an und streckte die Hand aus. Ein schmaler Wasserfall stürzte sich weiter links von ihnen über eine felsige Klippe. Sie eilten dorthin, und Amita hielt ihre Hand in das funkelnde Wasser. Dann leckte sie kurz daran, und ein Lächeln ließ ihr Gesicht erstrahlen. Sie wusch sich den Schlamm von den Händen, legte sie zusammen und trank. Elija folgte ihrem Beispiel. Der Geschmack von frischem Wasser aus einem Fluss, und nicht aus irgendeinem alten Fass, das schon tausendmal benutzt worden war, war geradezu berauschend. Elija spürte, wie sich seine Gedanken klärten, als würde der erstickende Nebel von Jahren einfach weggespült. Er lachte.
Er sah Amita an, seine Gefährtin in so vielen Prüfungen, die er bisher kaum richtig hatte sehen können. Sie war größer als er, hatte kräftige Knochen und war kräftig trotz der langen Entbehrungen. Ihr Haar war zwar vom Schlamm verdreckt, aber es war dicht, hellblond und klebte nass bis zu ihrer Hüfte an ihrem Körper. Am Kinn hatte sie ein Grübchen. Es war so hell, dass er sogar erkennen konnte, dass ihre Augen blau waren. Sie sah ihn forschend an, während er sie musterte. Dann fühlte er, wie er errötete, und senkte den Blick. Er trat unter das rauschende Wasser, und Amita stellte sich neben ihn. Langsam löste sich der festgeklebte Dreck und Schlamm von Jahren von ihren Körpern, und sie standen lange Zeit dort, während sie sich gelegentlich schüchtern ansahen.
Als sie wieder aus dem Wasser traten, und sich wie Hunde schüttelten, hörten sie erneut das Kreischen. Es war lauter und erklang häufiger und schmerzte in Elijas Ohren. Es klang wie eine Seele, die gefoltert wurde.
» Was ist das für ein Lärm?«, fragte er und sah sich um. Vor sich konnte er nur Licht erkennen und Dunkelheit dort, wo sie hergekommen waren. Über ihnen befand sich eine felsige Decke.
» Das sind nur Vögel«, antwortete sie. » Du musst doch schon einmal Vögel gehört haben.«
Aber nicht solche, dachte er, als er sich an die kleinen graubraunen Vögel erinnerte, die in seiner Kindheit um die Müllhaufen herumhetzten.
» Komm«, sagte sie, » wir sind fast da.«
Sie nahm seine Hand, wie sie es zuvor schon so oft getan hatte. Aber jetzt, da sie sich sehen konnten, kam es Elija seltsam vor; offenbar empfand sie es genauso, denn sie ließ ihn wieder los und ging vor ihm ins Licht. Er folgte ihr langsamer und kletterte manchmal über die unebenen Felsbrocken.
Seine Sinne erwachten. Er hörte ein lautes, grollendes Geräusch, ein Krachen, als würden tausend Bäume auf einmal umstürzen. Und ein Geruch kribbelte in seiner Nase. Er war ganz anders als die Gerüche in den Kanälen. Er war sauber und scharf und fuhr durch seinen Kopf wie eine Messerklinge. Er folgte Amita, auf Händen und Knien kletternd, während das helle Licht sich auf ihn legte wie eine schwere Decke.
Schließlich hatten sie die Dunkelheit hinter sich gelassen, und Amita blieb stehen. Elija stieß gegen sie und richtete sich dann auf. Er sah sich um und blinzelte. Der Anblick entriss ihm einen Angstschrei. Er fiel zu Boden, schützte seinen Kopf mit den Armen, zog die Beine unter den Körper und versuchte, sich klein zu machen. Das Krachen der Brecher und das Kreischen der Vögel schlugen gegen seine Ohren, und er konnte nichts mehr denken, während Entsetzen
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