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Der Moloch: Roman (German Edition)

Der Moloch: Roman (German Edition)

Titel: Der Moloch: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stella Gemmell
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mit Narben auf dem Gesicht, der sie die subtile Kunst der Klinge lehrte. Sie besaß eine natürliche Eleganz und Balance, sagte jedenfalls der höfliche alte Mann. Ihre Mutter lächelte, und ihr Vater platzte beinahe vor Stolz, als sie sahen, wie rasch sie die Fähigkeiten eines Schwertkämpfers erlernte.
    Diese Fähigkeiten waren auf der Ebene von Araz jedoch nur wenig hilfreich. Dort wurden die Streitkräfte der Cité von einer der größten Armeen, die die Welt jemals gesehen hatte, in nur zwei Tagen in einem grauenvollen Gemetzel vernichtet. Jeder Moment dieser Schlacht bestand ausschließlich daraus, wie wahnsinnig auf Fleisch, Metall und Knochen einzuhacken, bis es aufhörte, sich zu bewegen. Es war eine Schlacht ohne Überlebende; jedenfalls gab es niemanden, der noch lebte und zugab, dort gewesen zu sein. Indaro konnte sich an diese Tage nur in grellen, blutroten Bruchstücken erinnern. In einem davon wurde sie an der Außenseite der Mauer des Sieges in einem brüchigen Weidenkorb hinaufgezogen. Nichts, was sie in diesen zwei Tagen der Schlacht erlebt hatte, ließ sich mit dem Entsetzen vergleichen, welches sie in diesen letzten, wenigen Momenten empfand; diesem Entsetzen, dass ihre Hoffnung nach all der Verzweiflung noch im letzten Moment von einem feindlichen Geschoss zerstört werden könnte. Sie war eine der Letzten, die diese hohe Mauer hinaufgezogen und in Sicherheit gebracht wurden. Der Rest der Weidenkörbe wurde vom Feind zerstört und mit ihnen die letzte Hoffnung der Überlebenden, die es gegen alle Wahrscheinlichkeit bis zum Fuß dieser Mauer geschafft hatten. Sie saßen in der Falle und wurden vollkommen hilflos abgeschlachtet, und das nur eine Armlänge von der Rettung entfernt.
    » Es wird Zeit, deine Wunden nähen zu lassen«, hörte sie Doon sagen. Indaro wandte müde den Kopf und nickte. Es gab nach jeder Schlacht immer einen Zeitpunkt, an dem jene, die sterben sollten, starben und jene, von denen man erwartete, dass sie weiterlebten, behandelt wurden und man routiniert Gebete für sie sprach. Dann konnten die Feldscher ihre ermüdete Aufmerksamkeit auf die weniger schlimm Verletzten richten. Indaro stand auf und ging langsam zu den Zelten der Ärzte.
    Ein halbes Jahr nach dem Rückzug von Araz wurde die Schande der Cité zumindest zum Teil wiedergutgemacht, als in einem kühnen Ausfall des Nachts und mitten im Winter der legendäre General Shuskara das Land zurückeroberte, das damals verloren gegangen war, und eine ganze Armee der Blauhäute mit nur zweitausend handverlesenen Soldaten vernichtete. Die Zweite Schlacht von Araz festigte die östliche Verteidigungsstellung der Cité am Fluss Kercheval, die bis zum heutigen Tag hielt.
    Die Ärztin war eine grauhaarige Frau mit ausdruckslosen Augen. Sie nähte die Wunde in Indaros Seite und bandagierte si e be hutsam. Dann ging Indaro mit Doon los, um etwas zu essen.
    In dem vollen Messzelt nahmen sie sich Teller mit Fisch, Linsen und Maisbrot und gingen zu einem Tisch, an dem gerade zwei Plätze frei wurden. Um sie herum saßen Frauen und Männer an Tischen oder hockten zusammengesunken da, zu müde, um zu sprechen. Viele von ihnen waren sogar zu müde, um zu essen. Indaro spürte, wie ihre Knochen fast in dem hölzernen Hocker versanken, und blickte wenig begeistert auf den Teller mit Essen.
    Dann schlug ihr jemand auf die Schulter, und noch während sie wegen der Schmerzen in ihrer Seite fluchte, setzte sich ein sehniger Soldat mit flachsfarbenem Haar neben sie. Er stellte einen vollen Teller vor sich. Bei ihm waren drei weitere Angehörige ihrer Kompanie der Wildkatzen, und sie lachten und redeten, als wären sie alle bei einer Hochzeit gewesen. Jedenfalls wirkte es so auf Indaro.
    » Du lebst also noch, Indaro?«, erkundigte sich Broglanh, stopfte sich Brot in den Mund und sprach mit vollem Mund. » Dieser Schwertkämpfer der Blauen hätte dich fast erledigt.« Er schluckte. » Er hätte dich töten können, wenn er gewollt hätte.«
    » Und du hast nur zugesehen?«, erkundigte sich Doon giftig.
    » Ich war ziemlich beschäftigt«, verteidigte sich Broglanh. » Schließlich hab ich nicht herumgesessen und die Füße hochgelegt. Aber er war wirklich was Besonderes. Ich hab wirklich keine Lust, allzu vielen von der Sorte zu begegnen.« Insgeheim gab Indaro ihm Recht. Sie hatten sich daran gewöhnt, die feindlichen Soldaten schnell zu töten. Sie scherzten immer über die Schwäche der Blauen und amüsierten sich darüber, wie schnell sie

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