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Der Moloch: Roman (German Edition)

Der Moloch: Roman (German Edition)

Titel: Der Moloch: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stella Gemmell
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warum fürchtete sie Saroyan? Denn das tat sie, sie fürchtete diese Frau. Die Feinde ihres Vaters waren schon lange tot. Und sie war nur eine einfache Soldatin.
    Sie schlug sich diese Gedanken aus dem Kopf, während die graue Stute über die Steppe der östlichen Ebene galoppierte, in Richtung des Schlachtfelds von Salaba. Die Mauer lag bereits weit hinter ihr, und den Horizont säumte nur eine ferne Linie grauer Hügel.
    Sie konnte das Schlachtfeld riechen, lange bevor sie es sah. Die Sonne versank rasch hinter ihr, und die Armeen würden sich jetzt auf die Nachtruhe vorbereiten. Sie roch gebratenes Fleisch und Rauch, den metallischen Duft von vergossenem Blut und die anderen Körperausdünstungen, die über dem Lager einer Armee schwebten, die über ein Jahr lang an demselben gottverlassenen Ort lagerte.
    Schließlich sah sie den roten Schein von Lagerfeuern in der Dämmerung. Sie erstreckten sich von einem Ende des Horizonts bis zum anderen. Sie zügelte das Pferd und hielt kurz inne, dann lenkte sie die Stute nach Süden. Die Wildkatzen hielten sich wahrscheinlich immer noch auf der rechten Flanke auf. Sie wusste, dass es an diesem Tag keine Kämpfe gegeben hatte, denn die Geräusche, die ihr über die Ebene entgegenhallten, waren gedämpft. Das leise Schnauben von Tausenden Pferden und die ruhigen Geräusche, die hunderttausend Krieger machten, die sich zur Ruhe legten. Sie hörte keine Schreie, kein Kreischen und kein Flehen, endlich sterben zu dürfen.
    Zuerst erreichte sie die Nachschubkarren, von denen etliche schwer bewacht wurden, sowie das Lager der alten Huren, die sich auf ihre nächtlichen Geschäfte vorbereiteten. Einige riefen ihr etwas zu, als sie an ihnen vorbeiritt, und sie winkte und lächelte, ritt jedoch im Schritt weiter. Als sie schließlich zu den Koppeln kam, wo die Pferde angebunden waren, wieherte die Stute leise. Indaro glitt von ihrem Rücken, tätschelte sie dankbar und übergab sie einem der Pferdeknechte. Sie wies den Jungen an, das Pferd nach dem langen Ritt gut zu versorgen. Dann fragte sie ihn, wo die Wildkatzen seien, aber der Pferdeknecht hatte keine Ahnung. Also ging sie weiter nach Süden.
    Schließlich wurde sie von einem Wachposten aufgehalten, den sie erkannte. Sie fragte ihn nach dem Weg zu Fell Aron Lees Zelt. Als sie es erreichte, war es fast Mitternacht, und sie zögerte einzutreten. Plötzlich wurde die Zeltplane zurückgeschlagen, und er stand neben ihr.
    » Indaro?« Sie hörte in seiner Stimme sein Missvergnügen. Wie hatte sie es nur geschafft, ihn schon auf den ersten Blick zu verärgern?
    » Ser, ich bin gerade zurückgekehrt.« Sie konnte ihn in der Dunkelheit kaum erkennen, aber sie roch das Blut und den Schweiß. Sie war groß, aber er überragte sie, und sie spürte die Hitze seines Körpers.
    » Broglanh wurde verletzt«, sagte sie. » Er hat sich den Arm gebrochen.«
    » Was ist passiert?«
    » Wir wurden angegriffen.«
    Er nickte ungeduldig. Sprich weiter, hieß das.
    » Es gab einen feindlichen Angriff auf die Kutsche des Kaisers. Mit einer ihrer magischen Explosionen. Der Kaiser wurde verletzt.«
    Fell sagte einen Augenblick nichts. » Wird er überleben?«, fragte er dann gepresst.
    » Man hat mir jedenfalls gesagt, dass er überleben wird.« Sie zögerte. » Aber ich habe die Verletzten gesehen!«, fuhr sie dann impulsiv fort. » Niemand hätte diese Explosion überstehen können. Und trotzdem behaupten sie, er würde überleben.«
    Der Kommandeur nickte, als hätte er genau das erwartet. » Der Verletzte, den du gesehen hast, war wahrscheinlich ein Doppelgänger«, erklärte er. » Man sagt, der Unsterbliche würde zurzeit seinen Palast nicht mehr verlassen. Er benutzt Doppelgänger, die ihm ähnlich sehen. Ich habe diesen ganzen Auftrag von Anfang an sehr merkwürdig gefunden.«
    Sie war so wütend, dass sie jede Zurückhaltung vergaß. » Du hast also vorher geahnt, dass du uns auf eine sinnlose Mission schickst?«, fuhr sie ihn an.
    Fell stand in der Dunkelheit. Er fühlte sich hilflos und frustriert. Er schien diese so widerspenstige Frau stets nach einer Schlacht oder so wie jetzt am Ende eines langen Tages zu treffen. Er witterte ihre Gereiztheit, die wie Nebel von ihr aufstieg. Ihre Arroganz stieß ihn ab – wer sonst hätte die Frechheit besessen, sich einfach hinzustellen und ihn zu kritisieren, wie sie es tat? Trotzdem fühlte er sich von der Verletzlichkeit angezogen, die sich, wie er vermutete, hinter dieser Gereiztheit verbarg.
    Also

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